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Echo gluecklicher Tage - Roman

Echo gluecklicher Tage - Roman

Titel: Echo gluecklicher Tage - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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ihren Großvater geliebt, und er war es auch gewesen, der ihr das Geigespielen beigebracht hatte.
    Seit dem Tod ihres Großvaters vor fünf Jahren hatte sich Papas Geschick als Schuhmacher herumgesprochen, und jetzt machte er Stiefel und Schuhe für die reichsten Leute in Liverpool. Er arbeitete immer noch extrem hart, vom ersten Tageslicht bis zur Dämmerung, und schlief meistens nach dem Abendbrot sofort ein. Doch bis zu diesem Abend hatte Beth ihn immer für einen sehr glücklichen Mann gehalten.
    »Was zur Hölle ist denn da unten los? Ich habe dich schreien hören«, rief ihre Mutter gereizt von oben an der Treppe. »Ist es schon wieder eine Ratte?«
    Beth schrak zusammen. Trotz ihrer Erschütterung und ihres Entsetzens versuchte sie instinktiv, ihre Mutter zu schützen.
    »Komm nicht runter«, rief sie. »Ich hole Mr Craven.«
    »Du kannst die Nachbarn nicht beim Abendessen stören. Sicher kann sich dein Vater doch darum kümmern?«
    Beth wusste nicht, was sie darauf antworten sollte, deshalb ging sie zur Treppe und sah zu ihrer Mutter hoch in der Hoffnung, dass ihr etwas einfallen würde.
    Alice Bolton war achtunddreißig, sah jedoch viel jünger aus – sie war zierlich, mit blonden Haaren, großen blassblauen Augen und so zarten Gesichtszügen und so heller Haut, dass sie zerbrechlich wirkte.
    Sam hatte ihr blondes Haar und ihre blauen Augen geerbt, aber er war fast zwei Meter groß, und sein Elan und die ausgeprägten Gesichtszüge stammten von seinem Vater. Von Beth hieß es, dass sie mit ihren schwarzen Locken, ihren dunkelblauen Augen und ihrer frechen Art, die sie jeden Tag in Schwierigkeiten brachte, das Ebenbild ihrer irischen Großmutter war.
    »Mein Gott, jetzt steh nicht da und schau so blöd«, fuhr Alice sie an. »Sag deinem Vater, dass er raufkommen soll, sonst brennt das Essen an.«
    Beth schluckte, weil sie wusste, dass Lügen und Ablenkungsmanöver ihr bei einer solchen Sache nicht helfen würden. »Er kann nicht kommen, Mama«, platzte sie heraus. »Er ist tot.«
    Ihre Mutter war nicht besonders schnell von Begriff, und dieses Mal war keine Ausnahme – sie starrte Beth nur verständnislos an.
    »Er hat sich erhängt, Mama«, sagte Beth, die mit den Tränen und aufsteigender Hysterie kämpfte. »Deshalb wollte ich Mr Craven holen. Geh du wieder zurück in die Küche.«
    »Er kann nicht tot sein. Es ging ihm gut, als er zum Tee oben war.«
    Beth konnte sich nur mühsam davon abhalten, das ganze Haus zusammenzuschreien, und die Ungläubigkeit ihrer Mutter ließ sie beinahe die Selbstbeherrschung verlieren. Doch es stimmte, was ihre Mutter sagte, ihr Vater hatte beim Tee noch ganz normal gewirkt. Er hatte den Mohnkuchen gelobt, den er köstlich fand, und ihnen gesagt, dass er mit den Stiefeln für Mr Greville fertig war.
    Es schien nicht möglich zu sein, dass er wieder nach unten gegangen war, seine Arbeit für den Tag beendet und seine Werkbank aufgeräumt hatte, um sich dann ruhig das Leben zu nehmen, während seine Frau und seine Tochter nur ein Stockwerk höher waren.
    »Er ist tot, Mama. Er hat sich im Lagerraum erhängt«, sagte Beth unverblümt.
    Ihre Mutter schüttelte den Kopf und lief die Treppe hinunter. »Du bist ein böses Mädchen, wie kannst du so etwas sagen«, rief sie wütend und stieß Beth zur Seite, als sie unten ankam. »Mit dir befasse ich mich später.«
    Beth hielt sie am Arm fest und versuchte sie daran zu hindern, in den Laden zu gehen. »Du darfst da nicht reingehen, Mama«, flehte sie. »Es ist furchtbar.«
    Aber ihre Mutter ließ sich nicht aufhalten; sie schüttelte Beth ab, lief zum Lagerraum und stieß die Tür auf. Als sie ihren Mann sah, stieß sie einen Schrei aus, der durch das gesamte Gebäude hallte. Aber er brach abrupt ab, als sie ohnmächtig zu Boden sank.
    Eine Stunde später kam Sam nach Hause und stellte fest, dass der Laden nicht wie erwartet dunkel war. Durch das Fenster sah er den rundlichen Dr. Gillespie und den stämmigen Mr Craven, ihren Nachbarn, aber noch bevor die beiden ihm die Tür öffneten, wusste er, dass etwas Schlimmes passiert war.
    Es war der Doktor, der ihm erklärte, dass Beth zu Mr Craven gelaufen war, als ihre Mutter zusammenbrach. Mr Craven hatte seinen Sohn zum Doktor geschickt und war dann mit Beth zurückgegangen, um Papas Leiche vom Seil loszuschneiden. Als Gillespie kam, hatte dieser Beth angewiesen, ihre Mutter nach oben zu bringen, ihr Brandy zu geben und sie ins Bett zu legen.
    Sam war ein großer, schlaksiger

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