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Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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seine Taschen und wiederholte jenes Mantra, das auch Nichtzauberer sprechen, um Streichhölzer zu finden. Es lautet: »Streichhölzer, Streichhölzer, Streichhölzer…«
    Er fand welche und entzündete eins mit dem Fingernagel.
    »Au!«
    Die rauchende gelbe Flamme erhellte nur Rincewinds Hand und einen Teil seines Ärmels.
    Er ging einige Schritte weit, bevor er sich die Finger verbrannte. Die Dunkelheit kehrte zurück, und das einzige Licht gab es nur noch in Rincewinds Erinnerung.
    Nirgends erklang das Geräusch rachsüchtiger Füße. Alles blieb still. Rein theoretisch sollte irgendwo Wasser tropfen, doch die Luft fühlte sich trocken an.
    Er entzündete ein zweites Streichholz, hielt es so hoch wie möglich und blickte nach vorn.
    Ein mehr als zwei Meter großer Krieger lächelte auf ihn herab.
     
    Cohen sah erneut nach oben.
    »Gleich ballert’s«, sagte er. »Seht euch nur mal den Himmel an.«
    In der brodelnden Wolkenmasse glühte es rot und purpurn. Blitze zuckten.
    »Lehrer?«
    »Ja?«
    »Du weißt doch alles. Warum sieht die Wolke dort so komisch aus?«
    Herr Zervelatwurst spähte in die Richtung, in die Cohens Zeigefinger wies. Am Horizont bemerkte er eine niedrige gelbe Wolke: ein dünner Streifen, als wäre dort die Sonne bemüht, einen Weg in den Morgen zu finden.
    »Vielleicht ein Silberstreifen«, spekulierte der Junge Willie.
    »Was für ein Streifen?«
    »Angeblich hat jede Wolke einen. Gehört sich so.«
    »Ja, aber in diesem Fall sieht’s eher nach Gold aus.«
    »Hier im Achatenen Reich ist Gold billiger.«
    »Bilde ich mir das nur ein, oder wird der Streifen tatsächlich breiter?« fragte Herr Zervelatwurst.
    Caleb behielt die feindlichen Linien im Auge.
    »Dauernd reiten Burschen mit kleinen Pferden hin und her«, sagte er. »Hoffentlich kommen die Brüder bald in die Hufe. Möchte hier nicht den ganzen Tag warten.«
    »Ich schlage vor, wir greifen an, solange der Feind nicht damit rechnet«, brummte der Irre Polterer.
    »Einen Augenblick… einen Augenblick«, murmelte Kriecher der Unhöfliche. Gongs erklangen, und Feuerwerkskörper knallten. »Offenbar setzen sich die Basta… die unehelichen Kinder jetzt in Bewegung.«
    »Na endlich.« Cohen stand auf und drückte seine Zigarette aus.
    Herr Zervelatwurst zitterte vor Aufregung.
    »Singen wir ein Lied für die Götter, bevor wir in den Kampf ziehen?« fragte er.
    »Es ist nicht verboten«, erwiderte Cohen.
    »Sprechen wir keine heidnischen Gebete oder so?«
    »Nein, eigentlich nicht«, sagte Cohen und sah erneut zu dem seltsamen Wolkenband, das den Horizont umspannte. Es beunruhigte ihn weitaus mehr als der heranrückende Feind. Inzwischen war es etwas breiter geworden und hatte einen Teil seines Glanzes eingebüßt. Ein oder zwei Sekunden wünschte er sich, daß es den einen oder anderen Gott gab, dessen Tempel er nicht ausgeraubt und/oder niedergebrannt hatte.
    »Schlagen wir nicht mit den Schwertern auf die Schilde, als Zeichen unserer unerschütterlichen Tapferkeit?« erkundigte sich der ehemalige Lehrer hoffnungsvoll.
    »Ich schätze, dafür ist es zu spät«, entgegnete Cohen.
    Der Mangel an barbarischer Pracht enttäuschte Herrn Zervelatwurst so sehr, daß sich in Cohen, zu seiner eigenen Überraschung, Mitgefühl regte. »Aber du kannst es durchaus nachholen, wenn du möchtest.«
    Die Hordenmitglieder zogen ihre Waffen. Der Irre Polterer holte eine weitere Axt unter seiner Decke hervor.
    »Wir sehen uns im Himmel wieder!« stieß Herr Zervelatwurst hervor.
    »Ja, gut«, entgegnete Caleb und beobachtete die heranrückenden Soldaten.
    »Ich meine das Paradies mit dem Festschmaus und den vielen jungen Frauen und so.«
    »Ja, ja.« Der Junge Willie prüfte die Schärfe seiner Klinge.
    »Und der ständigen Zecherei.«
    »Könnte sein«, sagte Vincent. Er beugte und streckte mehrmals den Arm, um seine chronische Sehnenentzündung zu lindern.
    »Und wir werfen mit Äxten, du weißt schon, um holden Damen die Zöpfe abzuschneiden!«
    »Wenn’s dir Spaß macht.«
    »Aber…«
    »Ja?«
    »Was das Schlemmen betrifft… Wird bei dem Festschmaus auch Vegetarisches angeboten?«
    Die Truppen der Kriegsherrn schrien und griffen an.
    Sie stürmten der Horde entgegen, fast ebenso schnell wie die Wolken, die aus allen Richtungen heranwogten.
     
    In der Finsternis und der Stille des Hügels befreite sich Rincewinds Gehirn von der Lähmung des Schreckens.
    Es ist eine Statue, dachte er. Das ist alles. Kein Problem. Eine große Statue, und nicht

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