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Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft
Autoren: Terry Pratchett
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Ordnung. Na schön. Nun, verehrter Rincewind, wenn du bitte in die Mitte des Oktagramms treten würdest… danke. Ähm. Meine Herren, beim Teleport über große Entfernungen gibt es ein Problem, das von Heisenbergs Unschärferelation 13 beschrieben wird. Das teleportierte Objekt – der Begriff stammt übrigens von tele, ›ich sehe‹, und porte, ›zu gehen‹, was soviel bedeutet wie ›ich sehe, daß es gegangen ist‹ – äh… das teleportierte Objekt wird auf ein thaumisches Partikel reduziert, wobei die Größe keine Rolle spielt, deshalb kommt es letztendlich zu einer fatalen Dichotomie: Das Objekt weiß entweder, was es ist, oder es weiß, wo es sich befindet. Beides zugleich kann es jedoch nicht wissen. Äh… dieser Umstand führt zu starken Spannungen im morphischen Feld, das sich schließlich auflöst, wodurch sich das Objekt in ein Etwas mit Zufallsstruktur verwandelt und über elf Dimensionen geschmiert wird. Aber das wißt ihr sicher alles.«
    Lautes Schnarchen wies darauf hin, daß der Professor für unbestimmte Studien eine Vorlesung in Raum 3B hielt.
    Rincewind lächelte. Besser gesagt, er hatte den Mund geöffnet und zeigte die Zähne.
    »Äh… Entschuldigung«, sagte er. »Ich erinnere mich nicht daran, daß jemand von elf Dimensionen gesprochen hat, über die man geschm…«
    »Das betreffende Objekt – oder Subjekt – merkt natürlich nichts davon«, fügte Ponder hinzu.
    »Oh.«
    »… soweit wir wissen…«
    »Was?«
    »… obgleich es theoretisch möglich ist, daß die Psyche präsent bleibt…«
    »Äh?«
    »… um die explosive Entkörperlichung zu erleben.«
    »Wie bitte?«
    »Nun, uns ist klar, daß der entsprechende Zauber als Dreh- beziehungsweise Hebelpunkt verwendet wird, mit dem Zweck, nicht ein Objekt zu bewegen, sondern die Position von zwei Objekten mit vergleichbarer Masse auszutauschen. Ich… äh… möchte heute abend folgendes beweisen: Wenn man dem Objekt…«
    »Damit bin ich gemeint?« fragte Rincewind zaghaft.
    »… das richtige Drehmoment sowie maximale Geschwindigkeit verleiht, und zwar gleich zu Anfang, so ist praktisch gewährleistet…«
    »Praktisch?«
    »… daß es nicht auseinanderbricht und über Distanzen von bis zu zehntausend Kilometern stabil bleibt…«
    »Bis zu?«
    »Plusminus zehn Prozent…«
    »Plusminus?«
    »Wenn ihr jetzt… Entschuldige bitte, Dekan, ich wäre dir sehr verbunden, wenn du damit aufhören könntest, Wachs auf den Boden tropfen zu lassen. Nun, wenn ihr jetzt die mit Kreide markierten Positionen einnehmen würdet…«
    Rincewind blickte sehnsüchtig zur Tür. Für den erfahrenen Feigling war sie überhaupt nicht weit entfernt. Bestimmt gelänge es ihm innerhalb weniger Sekunden, diesen Raum zu verlassen, und dann…
    Konnten ihn die Zauberer aufhalten? Nein. Sie waren nur imstande, seinen Hut zu nehmen und ihn daran zu hindern, jemals zur Universität zurückzukehren. Und wenn die Suche nach ihm zuviel Mühe machte… dann gaben sie bestimmt die Absicht auf, ihn an einen Pfeiler der Messingbrücke zu fesseln.
    Genau darin bestand das Problem. Er brauchte nicht zu befürchten, auf sehr unangenehme Weise sterben zu müssen – aber er war dann auch kein Zauberer mehr. Und als er nun beobachtete, wie die Zauberer Aufstellung bezogen und die Knäufe am Ende ihrer Stäbe festschraubten… Die Vorstellung, kein Zauberer mehr zu sein, kam dem Tod sehr nahe.
    Magie entfaltete sich.
    Rincewind der Schuhmacher? Rincewind der Bettler? Rincewind der Dieb? Abgesehen von Rincewind die Leiche erforderte alles eine Ausbildung oder Fähigkeiten, die ihm fehlten.
    Mit anderen Dingen kannte er sich einfach nicht aus. Allein die Zauberei bot ihm Zuflucht. Eigentlich war er auch kein besonders guter Zauberer, aber eines war gewiß: Niemand würde ihn für einen guten Zauberer halten. Rincewind hatte immer geglaubt, daß er als Zauberer das gleiche Existenzrecht hatte wie die Null in der Mathematik: Sie war keine richtige Zahl, aber ohne sie standen viel größere Zahlen ziemlich dumm da. Solche Gedanken spendeten ihm Trost, wenn er nachts um drei aufwachte, über sein Leben nachdachte und feststellte, daß es nicht mehr Gewicht besaß als eine kleine Wolke warmer Wasserstoff. Er hatte tatsächlich einige Male die Welt gerettet, aber es war eher zufällig und unbewußt geschehen. Dafür bekam er sicher keine karmischen Punkte. Es zählte vermutlich nur, wenn man laut sagte: »Herrjemine, es wird höchste Zeit, die Welt zu retten.« Rincewind hingegen
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