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Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft
Autoren: Terry Pratchett
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aus dem Weg mit dir.«
    »Warum?«
    »Weil du es sicher vermeiden möchtest, dich mit Blut zu bekleckern.«
    »Aber du hast gar keine Waffe und bist ganz allein, und die Soldaten haben Schwerter, und es sind fünf!«
    »Ich weiß«, erwiderte der Alte und wickelte sich die Kette um die Faust. »Es ist unfair, aber ich kann nicht den ganzen Tag warten.«
    Er lächelte.
    Es funkelte und schimmerte. Jeder Zahn im Mund des alten Mannes war ein Diamant. Und Rincewind kannte nur einen, der genug Mumm hatte, sich ein Gebiß aus Trollzähnen zuzulegen.
    »Du hier? Cohen der Barbar?«
    »Pscht! Inkocknito! Und jetzt zur Seite mit dir.« Die Zähne blitzten erneut, diesmal galt ihr Glanz den inzwischen vertikalen Wächtern. »Kommt schon, Jungs. Ihr seid fünf. Und ich bin ein hilfloser Greis. Grummelgrummel, o mein Bein ettzehtra…«
    Eins mußte man den Wächtern lassen: Sie zögerten. Ihre Mienen verrieten, daß sie es keineswegs für verwerflich hielten, wenn fünf große, schwer bewaffnete Männer einen hilflosen Greis angriffen. Es erschien ihnen allerdings seltsam, daß der hilflose Greis die ganze Zeit über grinste.
    »Kommt endlich«, sagte Cohen.
    Die Männer schoben sich langsam näher. Jeder von ihnen wartete darauf, daß die anderen den entscheidenden Vorstoß machten.
    Cohen trat einige Schritte vor und winkte müde ab. »O nein «, sagte er. »Wenn man euch so sieht… Man könnte in Tränen ausbrechen, wirklich. So greift man doch niemanden an. Einfach nur Herumschlurfen wie… wie einige Herumschlurfer… Wenn man jemanden angreift, sollte man immer daran denken, wie wichtig das Überraschungsmoment ist…«
    Zehn Sekunden später wandte sich Cohen an Rincewind.
    »Alles in Ordnung, Herr Zauberer. Du kannst jetzt die Augen öffnen.«
    Ein Soldat hing mit dem Kopf nach unten im nächsten Baum. Von einem anderen ragten beide Füße aus einer Schneewehe. Zwei weitere lagen bei den Felsen, und der fünfte… befand sich an verschiedenen Stellen.
    Cohen rieb sich nachdenklich das Handgelenk.
    »Der letzte hätte mich fast erwischt«, sagte er. »Vielleicht werde ich langsam alt.«
    »Warum bist du h…« Rincewind zögerte. Ein zweites Paket Neugier überholte das erste. »Wie alt bist du eigentlich?«
    »Ist dies noch immer das Jahrhundert des Flughunds?«
    »Ja.«
    »Oh. Nun, ich schätze, ich bin so um die Neunzig. Ja, ich könnte neunzig sein. Vielleicht auch fünfundneunzig.« Er zog die Schellenschlüssel aus dem Schnee und wankte zu der Gruppe von Männern, die jetzt noch entsetzter wirkten als vorher. Cohen befreite den ersten Gefangenen und reichte dem völlig verdutzten Burschen das Schlüsselbund.
    »Verschwindet von hier, ihr alle«, sagte er nicht unfreundlich. »Und laßt euch nicht noch mal schnappen.«
    Er schlenderte zu Rincewind zurück.
    »Was bringt dich in diese Gegend?«
    »Nun…«
    »Interessant«, erwiderte Cohen. »Kann nicht den ganzen Tag schwatzen. Habe noch viele Dinge zu erledigen. Kommst du mit oder was?«
    »Was?«
    »Wie du meinst.« Cohen schlang sich die Kette als improvisierten Gürtel um die Hüften und schob zwei Schwerter dahinter.
    »Übrigens… was hast du mit dem Bellenden Hund angestellt?«
    »Mit welchem Hund?«
    »Nun, wahrscheinlich spielt’s keine Rolle.«
    Hastig folgte Rincewind der davoneilenden Gestalt. Er fühlte sich neben Cohen nicht in dem Sinne sicher. Niemand war sicher, wenn Cohen der Barbar in der Nähe war. Bezüglich des normalen Alterungsprozesses schien bei ihm irgend etwas schiefgegangen zu sein. Cohen war immer ein barbarischer Held gewesen, weil er nichts anderes gelernt hatte. Und mit zunehmendem Alter wurde er härter – wie Eichenholz.
    Aber Rincewind kannte ihn. Cohen bot etwas Vertrautes an einem völlig fremden Ort.
    »Tja, in den Spitzhornbergen gab’s keine Zukunft mehr«, sagte Cohen, als sie durch den Schnee stapften. » Überall Zäune und Bauernhöfe, Zäune und Bauernhöfe. Wenn man heutzutage einen Drachen erschlägt, beschweren sich die Leute. Weißt du, was passiert ist? Weißt du’s?«
    »Nein. Was ist passiert?«
    »Leute kamen zu mir und meinten, Trolle nähmen Anstoß an meinen Zähnen. Was soll man davon halten?«
    »Nun, deine Zähne sind… «
    »Ich habe ihnen geantwortet, daß sich bei mir noch nie jemand darüber beklagt hat.«
    »Weil du nie jemandem eine Chance dazu gegeben ha…«
    »Und wenn man in den Spitzhornbergen einen Troll sieht, der mit einer Halskette aus menschlichen Schädeln durch die Gegend läuft,
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