Echte Männer
angesichts südeuropäischer Kellner, masturbiert deutlich hörbar im Bad und ist im Bett selbst zum Kuscheln zu müde, sie kauft nur noch Schinken ein, obwohl er Vegetarier ist, und markiert im Reisekatalog die Singleclubs – aber hat das wirklichwas zu sagen? Trennt sie sich dann tatsächlich, fällt er aus allen Wolken und hat von nichts was geahnt. Zurück bleiben zwei Kriegsversehrte: Er, weil sie gegangen ist, und sie, weil sie ihm offenbar so unwichtig war, dass er es nicht mal gemerkt hat.
Wenn man sich nicht gerade in eine Nonne oder in Tarzan aus dem Dschungel verliebt, kauft man eine neue Beziehung immer in der praktischen Vorratspackung: der begehrte Mann oder die angehimmelte Frau plus sämtliche ihrer Exbeziehungen. Im Grunde ist jeder Sex zu zweit ein gigantischer paranormaler Rudelbums. Denn nicht nur Hildegard und Horst liegen miteinander im Bett, sondern unsichtbar dabei auch Hildegards Exmann, ihr Freund aus Kindertagen, mit dem sie schüchtern die ersten Fummelspielchen probiert hat, die entfernte Tante, in die sie mal verliebt war, der One-Night-Stand von der Tagung aus Oer-Erkenschwick, der miese Nachbar, der von Liebe sprach und doch nur poppen wollte, die heiße Swingerclub-Bekanntschaft, dessen Namen Hildegard im lauten Gestöhn nie wirklich verstanden hat, der einzige Popofick ihres Lebens und sogar der nette Chef, mit dem es nur fast zu Handgreiflichkeiten gekommen wäre. Auf Horsts Seite tummeln sich mindestens ebenso viele Exfreundinnen, Gespielinnen und Playmates aus klebrigen Jungmännerträumen. Die alle fickt man mit. Und wenn irgendeiner von denen Mist gebaut hat (und davon kann man ausgehen, sonst wären sie schließlich nicht ex), dann ratet mal, wer das jetzt ausbaden darf: die aktuelle Beziehung. Das hat schon was von demokratischem Karma, reihum büßt jeder für die Sünden seiner Vorgänger. Da hilft kein Ghostbuster-Staubsauger und keine Antischizo-Therapie, seine Vergangenheit wirdniemand los, im schlimmsten Fall schleppt man sie als erdrückende Last auf dem Buckel, im besten sind es Erinnerungen an ekstatische Erfüllung, die einen tragen wie spermawarme Wogen oder ein Pulk gutgebauter Latex-Sklaven.
Der größte Blödsinn überhaupt ist dieses «Wir bleiben Freunde». Was soll das? Die meisten Paare sind nicht mal miteinander befreundet, während sie sich lieben. Hinterher macht das schon gar keinen Sinn mehr. Ich will jedenfalls keinen Exlover als Freund. Wenn es nach mir ginge, würde Exfreunden der Abschiedsbrief direkt mit einem Umzugswagen zugestellt. Raus aus meinem Herz und meinem Bett, aus den Augen, aus dem Sinn, aus der Stadt, in der ich wohne, einfach raus aus meinem Leben.
Was aber soll man mit den Verflossenen machen? Auch wenn ich es gerne hätte: Man kann sie ja nicht alle in der Wüste Gobi Wasserlöcher graben oder in der Klapse Einkaufsbeutel mit Kartoffeldruck verschönern lassen. Exfreunde machen überhaupt keinen Sinn. Durchgeheulte Nächte, Casablanca-artige Trennungsszenen, aus dem Fenster geworfene Fernseher oder zerschnittene Kleidung, Spionageaktionen in Hotelbars, ausgeklügelte Rachepläne, so was braucht man nicht. Das taugt höchstens als Romanstoff. Schriftstellerin müsste man sein. Oha, das bringt mich auf eine Idee …
Ravioli und Beowulf
Es war Sommer, wie Peter Maffay so schön schnulzig singt, und ich das erste Mal im Leben mit einem Jungen auf dem Rücksitz eines Autos. Eines kleinen Autos. Eines sehr kleinen Autos. Gefühlte Ravioli-Dosengröße. Und während sich mein leicht nach Axe müffelnder Begleiter bis zum Reißverschluss meiner Jeans vorarbeitete, verklemmte sich mein Fuß schraubstockartig unter dem Vordersitz. Zehn Minuten später waren die Fenster der Raviolidose glitschig von unserem Gekeuche, was weniger von der großen Leidenschaft herrührte als davon, dass wir uns so anstrengten, eine Position zu finden, die nicht ganz so schmerzhaft war wie die letzte. Schließlich kniete ich rittlings über ihm und stieß bei jedem Hüpfer mit dem Hinterkopf gegen das Aluminiumdach. Als ich langsam um meinen Rest-IQ fürchtete, bog ich mich zurück, wobei mir die Gangschaltung fast das Rückenmark punktierte und ich mir den ersten Hexenschuss meines Lebens holte, als ich meinen Fuß auf der Hutablage abstellte, wobei ich mich so erschreckte, dass ich aus Versehen die Handbremse löste. Der Wagen fing an zu rollen und bumste mit einem erstaunlich lauten Knirschen gegen einen Metallpfosten, woraufhin mein Begleiter mir im
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