Echte Vampire beißen sanft
den Impuls, mir das Ding in den Mund zu stecken, aus bekannten Gründen, aber auch, weil ich spürte, dass mich jemand beobachtete.Als ich herumfuhr, erblickte ich Richard und seine Mutter an der Tür. Flo stand auf der anderen Seite des Raumes, in sicherer Entfernung von aufspritzenden Kuchenglasurstückchen.
»Ähm, das Ganze tut mir schrecklich leid. Das macht er sonst nie.«
»Schon in Ordnung, Schätzchen. Sind Sie Single? Wenn Sie mit Ihrem Hund fertig sind, sollten Sie mal drüben im Raum ›Dämmerung‹ vorbeischauen; dort treffen sich die Singles zu einem späten Dinner. Sind ein paar ganz sympathische Leutchen dabei, teils in Ihrem Alter, teils etwas älter.«
In meinem Alter? Wenn die wüsste. »Danke. Vielleicht nächste Woche.«
Im selben Augenblick stand Richard neben mir und legte mir einen Arm um die Schulter, als würden wir zusammengehören. Hmmm. »Wir entschuldigen uns vielmals für die Unannehmlichkeiten.«
Die Frau raffte das schmutzige Tischtuch zusammen und schüttelte den Kopf. »Schade um die schöne Torte. Die wollten wir nachher den Singles rüberbringen.«
Ich suchte in meiner Handtasche nach dem Portemonnaie. »Lassen Sie mich als Entschädigung wenigstens...»
»Ich übernehme das, Gloriana.« Richards Mutter drückte der Frau ein Bündel Dollarscheine in die Hand. »Hier, bitte schön. Eine kleine Spende für künftige Desserts.«
»Wow. Vielen Dank.« Die Frau riss die Augen auf, als ihr klarwurde, wie viel Geld sie in den Händen hielt. »Nächste Woche bestelle ich ihren liebsten Schokoladenkuchen. Aber bitte sorgen Sie dafür, dass der Hund draußen bleibt. Ich habe gelesen, dass Schokolade Hunden gar nicht bekommt.«
»Natürlich. Sollte der Hund nicht eigentlich im Auto sein?« Sarah warf Richard einen vielsagenden Blick zu,worauf erValdez nach draußen zerrte.
Flo kam auf mich zu. »Gehen wir?«
»Ich muss mir noch die Hände waschen.« Ich deutete auf eine Tür mit der Aufschrift Damen.
In der Toilette versuchte ich vergeblich, mir den Tortenguss vom Kleid zu kratzen. Schließlich gab ich es auf und leckte mir die Finger ab. Köstlich.
Die Tür schwang auf, und Flo trat ein. »Was für ein Desaster.« Sie überzeugte sich davon, dass wir allein waren. »Die haben ja ganz schön böse geguckt«, stellte sie fest, während ich mir die Hände wusch.
»Ja. Ob es wohl noch andere Kirchen gibt, in denen Abendmessen abgehalten werden? Ich fürchte fast, hier können wir uns nicht mehr blicken lassen.« Ich trocknete mir die Hände mit einem Papiertuch ab und starrte dann in den großen Spiegel über den Waschbecken. Natürlich waren wir beide nicht zu sehen.
»Glory?« Flo legte mir eine Hand auf die Schulter.
»Was ist nur in Valdez gefahren, Florence? Glaubst du, er hat mir diese Nachricht auf Band gesprochen?«
Sie zupfte mir einen Krümel aus dem Haar, schnupperte daran und ließ ihn dann in den Mülleimer fallen. »Nur, wenn Blade es ihm befohlen hat.«
Schon bei der Vorstellung wurde mir ganz flau. »Pfff. Und dann hat er ihm die Lizenz zum Tortenvernichten erteilt, oder wie?« Ich rubbelte an einem Fleck auf meinem Kleid. »Unser Valdez würde sich niemals so unmöglich aufführen. Er weiß, dass er sich unauffällig zu verhalten hat.« Ich ließ den Kleidersaum sinken.
»Aber, Glory, wenn es nicht Valdez war, der dir diese Nachricht hinterlassen hat, wer war es dann? Und warum?«
»Tja, offenbar hat es jemand darauf angelegt, mich nervös zu machen.Wer und warum? Dreimal darfst du raten.«
»Fängst du schon wieder damit an? Simon, Simon, Simon. Ständig hackst du auf ihm herum.«
Sarah Mainwaring stürmte herein. Weiße Pfotenabdrücke zierten ihren Rock. »Gloriana, sind Sie sicher, dass dieser Hund Ihr Bodyguard ist? Richard sagt, Valdez sei wie ausgewechselt.«
»Da hat er Recht. Dieses Verhalten ist total untypisch für Valdez.« Ich war sehr besorgt. Mehr als das. Zutiefst beunruhigt. Klar, wir waren in der Öffentlichkeit, da sagte er normalerweise nichts, aber er benahm sich auch sonst wie... ein Hund. Ich reichte Sarah ein Papierhandtuch. »Vielen Dank, dass Sie die Kosten für den Kuchen übernommen haben, Sarah. Ich bestehe darauf, Ihnen den Betrag zurückzuzahlen.«
»Nicht der Rede wert. Ich nage ja nun nicht gerade am Hungertuch. Wer weiß, vielleicht statte ich nächsten Sonntag ja diesem Single-Treff einen Besuch ab.« Sie wandte sich um, als Flo ein boshaftes Kichern vernehmen ließ. »Möglicherweise sollten Sie sich dort ebenfalls
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