Edelherb: Roman (German Edition)
tun?«
»Weil Sie Erfahrung mit der Stadtverwaltung haben, weil Sie nichts Besseres zu tun haben und weil ich weiß, dass Sie das für eine gute Idee halten.«
»Wir sollten uns treffen«, sagte Charles Delacroix schließlich. »Ich habe nur das Büro hier zu Hause, und es sieht aus, als würdest du diese Information vor deinem Freund, meinem Sohn, geheim halten, von daher …«
Wir kamen überein, uns bei mir zu treffen. Obwohl ich Charles Delacroix schon oft unter deutlich schwierigeren Umständen gesehen hatte, war ich nervös. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich wusste, was ich anziehen wollte. Ich wollte nicht wie ein Schulmädchen aufgemacht sein, aber genauso wenig wie ein als Erwachsene verkleidetes junges Mädchen. Schließlich griff ich zu einer grauen Hose, die meinem Vater gehört haben könnte, auch wenn ich das nicht mehr genau wusste, und zu einem schwarzen Tanktop, das Scarlet mal bei uns liegengelassen hatte. Die Hose war zu groß, so dass ich einen Gürtel hindurchziehen musste. Ich betrachtete mich im Spiegel hinter der Tür und fand, die Aufmachung sei albern. Da klingelte es an der Tür – zu spät zum Umziehen.
Ich führte Mr. Delacroix ins Wohnzimmer. Er hatte sich immer noch nicht rasiert, aber sein Bart sah aus, als sei er in Form gebracht worden.
»Erzähl mir von deinem Plan!« Er setzte sich auf die Couch und schlug die Beine übereinander.
»Hm, die Grundidee kennen Sie ja schon. Seitdem habe ich ein bisschen recherchiert.« Ich stellte meinen Tablet an. Ich hatte mir Notizen gemacht, doch als ich sie jetzt überflog, kamen sie mir nicht so gründlich vor, wie ich gedacht hatte. »Sie wissen ja sicher, dass Kakao durch das Rimbaud-Gesetz von 2055 verboten wurde, insbesondere Schoko…«
»Ich kann mich noch gut daran erinnern, Anya. Damals war ich etwas jünger als Win und du jetzt.«
»Gut. Also, dieses Gesetz wurde erlassen, damit die Nahrungsmittelfirmen die Produktion von Schokolade einstellten. Die meisten Städte erlauben, so wie New York, noch den Verkauf von reinem Kakao in kleinen Mengen, wenn er für medizinische Zwecke bestimmt ist. Ich glaube, dazu zählen auch Pflegeprodukte, aber generell sind damit alle Heilmittel gemeint. Deswegen dachte ich, ich könnte mit einem kleinen Laden anfangen, unter fünfzig Quadratmetern, vielleicht irgendwo in Uptown, damit ich Fats nicht in die Quere komme. Ich würde einen Arzt einstellen und eine Kellnerin und würde medizinische Heiltränke aus Kakao und Schokolade verkaufen. Unterscheiden würde ich mich von Fats dadurch, dass bei mir alles legal wäre. Ich würde nicht im Untergrund arbeiten müssen.«
»Hm«, machte Charles Delacroix. »Dass das clever ist, habe ich dir ja schon gesagt, aber du denkst in zu kleinen Maßstäben.«
Ich fragte ihn, was er damit meine.
»Ich habe sehr lange in der Stadtverwaltung gearbeitet. Weißt du, wie man dafür sorgt, dass die Stadt einen in Ruhe lässt? Wenn man der größte Laden da draußen ist. Ein Elefant, mitten im Zentrum. Mach dich beliebt! Gib den Leuten ein Produkt, das sie haben wollen, dann hast du die ganze Stadt auf deiner Seite. Sie werden dir dankbar sein, weil du etwas legal machst, das ihrer Meinung nach niemals hätte verboten werden dürfen.« Er überlegte. »›Ausgabestelle für Arzneikakao‹ klingt allerdings nicht sehr ansprechend. Die Leute würden gar nicht verstehen, was das heißen soll. Stell von mir aus Ärzte und Ernährungsberater ein, aber du musst dafür sorgen, dass das Ganze sexy klingt.«
Ich dachte über seine Worte nach. »Wovon Sie da reden, könnte eine Menge Geld kosten.« Ich musste auch an Natty und Leo denken.
»Stimmt, aber man könnte auch eine Menge Geld damit verdienen. Was das Ladenlokal angeht – das wird nicht teuer sein, da die Stadt mehr leerstehende große Flächen hat, als sie gebrauchen beziehungsweise vermieten kann. Was glaubst du denn, wie diese Verbrecher klarkommen, die das Little Egypt leiten? Tanzen sollte man bei dir übrigens auch können.«
»Tanzen? Wollen Sie damit sagen, ich soll einen Nachtclub eröffnen?«
»Na ja, das klingt direkt so anzüglich. Was ist mit einer Lounge? Oder einfach nur ein Club. Ich denke nur gerade laut. Wenn es ein Club wäre, müssten alle Mitglieder Rezepte vorweisen, um dabei zu sein. Das wäre die Voraussetzung für die Mitgliedschaft. Tja, dann bräuchtest du nicht mal Ärzte vor Ort.«
»Hm, das sind interessante Ideen. Sie haben mir auf jeden Fall viel Stoff zum Nachdenken
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