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Edelherb: Roman (German Edition)

Edelherb: Roman (German Edition)

Titel: Edelherb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabrielle Zevin
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entlang den Seiten, vermittelten ein allgemeines Gefühl von Offenheit. Am besten gefielen mir die Gemälde, die auf die gewölbte Decke aus dunklem Holz gemalt worden waren – sie zeigten einen blauen Himmel mit Wolken. Dadurch wirkte der Raum so, als sei man draußen, obwohl man sich im Gebäude aufhielt. Er sagte mir sofort zu, weil er unauffällig genug war, um mein Geschäft dort zu eröffnen, doch gleichzeitig auch eine Botschaft vermittelte:
Schokolade kann und soll offen verkauft werden.
    Vieles war baufällig – zerbrochene Scheiben, Löcher im Putz –, aber das konnte man alles reparieren.
    Die Maklerin sagte: »Der Vormieter hatte direkt um die Ecke eine Küche. Und Toiletten sind hier auch irgendwo.«
    Ich nickte. »Was war hier vorher drin?«
    »Die Höhle des Löwen. So ein Nachtclub.« Die Maklerin verzog das Gesicht.
    »Davor«, hakte ich nach. »Was war die ursprüngliche Nutzung?«
    Sie schaute auf ihren Tablet. »Hm, mal sehen. Kann es sein, dass hier eine Bibliothek war? Sie wissen schon: Papierbücher und so.« Als sie
Papierbücher
sagte, rümpfte sie die Nase. »Und, was meinen Sie?«
    Ich glaubte nicht unbedingt an Zeichen und Wunder, doch die Löwenstatuen draußen erinnerten mich an Leo, und Papierbücher natürlich an Imogen. Ich wusste, dass dies der richtige Ort für mich war, aber ich wollte ein gutes Geschäft machen, deshalb ließ ich mir nichts anmerken. »Ich möchte gerne erst eine Nacht darüber schlafen«, sagte ich.
    »Warten Sie nicht zu lange. Sonst schnappt es Ihnen noch jemand weg«, warnte die Maklerin.
    »Das bezweifle ich«, sagte Charles Delacroix. »Diese alte Ruine werden Sie doch nicht los. Ich war früher in der Stadtverwaltung, wissen Sie.«
    Wir gingen hinaus in den klebrigen New Yorker Juni.
    »Und?«, fragte er.
    »Gefällt mir«, sagte ich.
    »Der Standort ist gut, und der Raum hat auch eine gewisse geschichtliche Bedeutung, wem so was gefällt. Aber das Wichtigste ist die Symbolik – wenn du Geschäftsräume hast, wird das Ganze für die Leute greifbar, wird mehr als nur eine Idee. Ich bezweifle, dass du viel Konkurrenz bei der Maklerin haben wirst.«
    »Ich werde mit Mr. Kipling reden«, sagte ich. Mr. Kipling würde bis zum 12 . August, meinem achtzehnten Geburtstag, meine Finanzen führen. Bisher hatte ich noch nicht das Bedürfnis verspürt, ihm meine Geschäftspläne vorzustellen.
    Bei meiner Rückkehr nach Hause schickte ich ihm gleich mit meinem Tablet die Nachricht, dass ich mit ihm in seinem Büro sprechen müsste. Seit Simon Greens Rückkehr hatten wir uns nicht mehr gesehen.
    Als ich später in seinem Büro ankam, begrüßte er mich warmherzig und nahm mich in die Arme. »Wie geht es dir? Ich wollte dich auch anrufen. Sieh mal, was gestern kam.«
    Er schob mir über den Schreibtisch einen Umschlag zu. Es war das Zeugnis für meinen Schulabschluss. Offenbar hatte ich meine Geschäftsadresse angegeben. »Ich wusste nicht, dass es auf Papier kommt«, sagte ich.
    »Wichtiges wird immer noch gedruckt«, erwiderte Mr. Kipling. »Glückwunsch, meine Liebe!«
    Ich nahm den Umschlag und ließ ihn in meine Tasche gleiten.
    »Sollen wir uns vielleicht über deine Zukunftspläne unterhalten?«, schlug der Anwalt vorsichtig vor.
    Ich entgegnete, aus genau diesem Grund sei ich hier, dann beschrieb ich ihm das Geschäft, das ich zu eröffnen gedachte, und den Raum, den ich in Midtown mieten wollte. »Sie müssten für mich zwei Zahlungen anweisen. Erstens einen Vorschuss für den Wirtschaftsanwalt, den ich engagiert habe« – mit Absicht verzichtete ich darauf, den Namen zu nennen –, »und zum zweiten eine Kaution für den Raum, den ich mieten möchte.«
    Mr. Kipling hörte aufmerksam zu, dann sagte er genau das, was ich befürchtet hatte: »Ich bin mir bei der ganzen Sache nicht sicher, Anya.« Ohne von mir gebeten worden zu sein, fing er an, seine Einwände anzuführen: hauptsächlich dass die Geschäftsidee die
Semja
verärgern könnte und dass jedwedes Geschäft ein finanzielles Risiko beinhaltete. »Ein Restaurant ist eine Geldvernichtungsmaschine, Anya.«
    Ich erklärte ihm, es sei ein Club, kein Restaurant.  
    »Kannst du wirklich behaupten, du wüsstest, auf was du dich einlässt?«, fragte er.
    »Kann man das denn je wissen?« Ich hielt inne. »Glauben Sie wirklich, dass das keine gute Idee ist?«
    »Möglich. Ich weiß es nicht. Was ich für eine wirklich gute Idee halte, ist, dass du zum College gehst.«
    Ich schüttelte den Kopf.

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