Edelmann und Satansfreund
zwei starre Augäpfel umringelte und miteinander verwoben war, so daß es keine Einzelteile gab, eben nur diese Masse.
Würmer!
Das waren nichts anderes als Würmer, die eigentlich nur durch den Helm zusammengehalten worden waren. Jetzt, da sie nicht mehr eingeengt waren, konnten sie freikommen. Da löste sich der Kopf in seiner alten Form auf und wurde zu einer breiten, krabbelnden Masse, die sich über den Boden bewegte und allmählich hinein in das Dunkel auf dem alten Burghof kroch. In das Dunkel?
Tatsächlich, es war normal finster geworden. Und das nicht ohne Grund, denn das Licht in der alten Mauer war verschwunden, und so gab es auch das magische Tor in die Vergangenheit nicht mehr.
Die Feste Zavelstein hatte ihren Frieden zurückerhalten, und ich konnte mich endlich um Hilde kümmern.
***
Als ich neben ihr stand und mich um den Eisenring an ihrem Handgelenk kümmerte, hörte ich sie weinen. Ich beruhigte sie mit einfachen Worten, die ich vergessen habe, dann hörte ich eine andere Stimme über den Burghof hallen.
»John, haben Sie es geschafft?«
Der Eisenring mit der Kette fiel zu Boden, als ich den Kopf hob. Es war der gute Charlie Korn, der seine Angst überwunden und sich sogar mit einem handlichen Knüppel bewaffnet hatte.
»Ja, Charlie, es ist alles okay.«
»Das glaube ich nicht, das kann ich nicht glauben.« Er kam näher. Auch eine Taschenlampe hatte er mitgebracht.
Er leuchtete meine Umgebung ab, während ich Hildegard auf die Beine half, was ihr schwer genug fiel, denn sie war schwach, sehr schwach.
Charlie sah die Reste des Körpers, die nun endgültig verwesten. Er sah auch den Rest der Würmer und zwei tote Augäpfel auf dem Boden liegen.
»War er das?« fragte er.
»Ja, Charlie, das war er. Aber vergessen Sie es. Rudolf von Zavelsreuth ist es nicht wert, daß man sich an ihn erinnert.«
»Wenn Sie das sagen, muß ich es wohl glauben.«
»Kommen Sie, helfen Sie mir.«
Auch er sah, daß Hildegard mehr als erschöpft war. Von allein konnte sie sich kaum auf den Beinen halten. So wurde sie von Charlie und mir gestützt, als wir die Ruine verließen, die auch für Hildegard von Zavelsreuth nun kein Alptraum mehr war…
***
Wir erreichten die Krone, wo mittlerweile zwei Polizeiwagen standen, deren blaue Lichter geisterhaft über die Straße glitten und an den Hauswänden entlangtanzten.
»Ich denke, wir nehmen den Hintereingang«, schlug ich vor. »Ich will jetzt keine Fragen beantworten.«
Charlie war einverstanden. Mit einigen Tricks gelang es uns tatsächlich, unbemerkt den Gasthof zu betreten. Inzwischen ging es auch Hilde wieder besser. Sie stieg sogar allein die Treppe hoch, war aber froh, als sie sich auf ihr Bett legen konnte.
Ich holte ihr ein Glas Wasser. Sie leerte es und bat um ein zweites. Ich brachte es ihr, bevor ich den beiden erklärte, daß auch die anderen ein Recht hatten zu erfahren, was in der Ruine passiert war.
»Dann gehst du nach unten, John?«
»Ja, Charlie, Sie alter Kämpe. Und morgen werden wir einen zusammen heben.«
»Das ist ein Wort«, sagte Charlie Korn und strahlte.
Sogar Hildegard lächelte, und ich wußte, daß es ihr wieder einigermaßen gut ging…
***
Nachwort
Jeder, der diese Geschichte gelesen hat, sollte die Burg Zavelstein irgendwann einmal besuchen. Es lohnt sich wirklich, denn sie ist nicht zu überlaufen.
Und wer sich lange genug zwischen den alten Mauern herumgetrieben hat und dabei hungrig und durstig wurde, dem wird in der Krone mit einem guten Bier und einem leckeren Essen schnell abgeholfen.
Einen mordenden Ritter wird er dort zwar nicht finden, dafür jedoch ein Gewölbe, in dem er tafeln kann, wie es schon die Rittersleut’ in der Vergangenheit getan haben.
Und auch mir hat es da sehr gut geschmeckt…
ENDE
Weitere Kostenlose Bücher