Edelmann und Satansfreund
Der Tag war warm, die Sonne schien, der Frühling lockte die Menschen ins Freie. Aber nicht dorthin, wo Hildegard von Zavelsreuth jeden Morgen joggte. Diese Gegend war ziemlich einsam. Begleitet wurde sie nur von dem träge dahinfließenden Wasser eines alten Themsekanals, an dessen Ufern hin und wieder Hausboote lagen, die schon so verrottet waren, daß nicht einmal mehr Junkies darauf lebten.
Und doch sollte ihr ein solches Boot zum Verhängnis werden, denn plötzlich waren die beiden Gestalten da.
Sie mußten in Deckung der zerfallenen Aufbauten des alten Kahns gelauert haben und hatten genau den Moment abgepaßt, der für sie und ihr Vorhaben am günstigsten war.
Wie zwei Geister aus der Schattenwelt standen sie plötzlich vor ihr. Hilde konnte den Lauf nicht mehr stoppen. Sie federte in die ausgebreiteten Arme der beiden hinein, hörte das dreckige Lachen und erhielt einen Stoß, der sie zu Boden schleuderte.
Auf dem Rücken blieb sie liegen. Es war keine Zeit, um Schmerz zu empfinden. Die Frau starrte schräg in die Höhe und konnte erkennen, daß die Kerle nur zwei Schritte von ihr entfernt standen.
Breitbeinig, wie Säulen, die niemand aus dem Weg schaffen konnte. Die Wolken am Himmel waren aufgerissen, und die Sonne schickte ihre Strahlen auf die Erde.
Sie trafen viele Ziele, auch die beiden Klingen der Messer, die aus den Händen der Kerle ragten. Da wurde Hildegard von Zavelsreuth endgültig klar, daß dies hier kein Spiel war und auch nicht zu einer Filmszene gehörte wie sonst in ihrem Leben.
Das hier war echt. Verflucht echt sogar. Und es konnte blutig echt werden.
Sie hatte sich auf die Ellbogen der angewinkelten Arme gestützt und atmete heftig. Ihr grauer Jogginganzug mit den roten Streifen lag eng an.
Bei jedem Atemzug hoben und senkten sich ihre Brüste, und genau auf diese Gegend ihres Körpers starrten die beiden Kerle mit hungrigen Blicken.
Sie hatte den Schock überwunden. Hildegard spürte den Schmerz an ihrem Hinterkopf, mit dem sie hart auf den Boden geschlagen war. Auf der Oberlippe lag ein Schweißfilm. Auch das blonde Haar, von einem roten Stirnband gehalten, war schweißnaß von der Anstrengung des Joggens. Das Zittern jedoch war eine Folge der Angst.
Die beiden Typen sah sie wie durch einen Schleier. Sie waren noch jung, knapp über Zwanzig, aber sie gehörten zu den Verlierern in dieser harten Gesellschaft, das sah sie ihnen an. Sie wirkten ungepflegt.
Schmutzige Jeans und Jacken. Fleckige T-Shirts. Turnschuhe, die aussahen wie löcheriger Käse.
»Was wollt ihr?« Hilde wunderte sich, überhaupt sprechen zu können.
Es waren die einzigen Worte, die ihr einfielen.
Der rechte der beiden lachte schrill. »Hast du gehört, Calvin? Sie will wissen, was wir von ihr wollen. Soll ich es ihr sagen?«
»Klar doch«, erwiderte Calvin, der sein dunkles Haar zu Zöpfen zusammengeflochten hatte.
»Wir wollen dich, Süße. Dich, verstehst du? Wir brauchen eine Frau. Wir sind echte Kerle und nicht schwul. Deshalb haben wir uns gedacht, daß du gerade richtig bist.«
»Nein«, flüsterte sie. »Nein, nicht das.« Blut schoß wie eine Welle in ihr Gesicht. »Bitte nicht. Ihr bekommt von mir Geld. Wir können in mein Hotel gehen, dann…«
Calvin lachte. »Hör auf. Sehen wir denn aus, als wollten wir Geld von dir haben?«
»Aber das ist doch besser.« Hildes Nerven flatterten.
»Da könnt ihr euch Frauen kaufen. Welche, die besser aussehen als ich. Versteht ihr das? Mit Geld kann man…«
»Die wollen wir nicht«, sagte der zweite. Er hatte eine dunklere Hautfarbe. Ein Elternteil mußte bei ihm aus einem exotischen Land stammen. Über seiner Oberlippe glühte feuerrot eine Narbe. »Wir sind nicht so scharf auf andere. Du reichst uns. Und wir werden alle drei viel Spaß haben, nicht wahr, Calvin?«
»Klar, Shooty.« Calvin deutete mit dem Messer auf seinen Freund, als er sich an die Joggerin wandte. »Shooty ist berühmt für sein Stehvermögen. Du wirst es erleben. Gleich, in wenigen Minuten.«
»Nein!« brach es aus Hilde hervor. »Nein, ich will nicht. Ich will es nicht, mein Gott!« Sie bewegte sich auf dem Boden zurück, aber Shooty trat einen Schritt nach vorn, dann noch einen, und plötzlich drückte sein Fuß so hart auf Hildes Bauch, daß sie würgen mußte.
Shooty grinste ihr von oben her ins Gesicht. »Sei doch nicht so blöd, Lady, ich bin wirklich gut. Das haben mir schon viele gesagt. Frauen wie du, die sich für was Besseres halten und…«
Hilde würgte, aber
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