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Edelweißpiraten

Edelweißpiraten

Titel: Edelweißpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Reinhardt
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zusammen.
    »Nein«, sagte er schnell. »Nein, das war dumm von mir. Vergiss es bitte, ja?«
    Im nächsten Moment drehte er sich um und ging. Das hatte ich nicht beabsichtigt. Ich hob die Hand und wollte ihm nachrufen – aber da war dieses plötzliche Gefühl, das mich ihm eben noch hatte hinterherlaufen lassen, bereitswieder erloschen. Ich sah ihm nur nach, bis er verschwunden war, und ging ebenfalls.
    Auf dem Nachhauseweg ließ mich eine Sache nicht mehr los. Er hatte es so auffällig betont. Was hatte er damit gemeint – diese Geschichte könnte
gerade mich
interessieren?

12. März 1941
    Es ist endlich passiert. Seit Monaten hat es sich aufgestaut, und heute war der große Knall. Tom und ich und die anderen sind in der HJ mit Morken und seinen Leuten aneinandergeraten, und es hat ’ne Prügelei gegeben, die in halb Köln zu hören war. Ich bin immer noch grün und blau. Macht aber nichts: Morkens Leute sehen schlimmer aus.
    Angekündigt hat es sich seit langem. Seit über einem Jahr. Seit der Krieg ausgebrochen ist. Damals sind viele von den älteren HJ-Führern freiwillig zur Wehrmacht gegangen. Seitdem werden wir von Jungzugführern rumkommandiert, die gerade mal 14 oder 15 sind, kaum älter als wir. Kommen alle vom Gymnasium. Dass in der HJ jeder gleich behandelt wird und die gleichen Chancen hat, ist nämlich ’n Märchen. Das kapiert man schnell. Keiner käm auf die Idee, einen von uns Arbeiterjungs aus der Klarastraße zum Jungzugführer zu machen. Am Ende nehmen sie doch immer die Typen von der höheren Schule, mit den reichen Vätern.
    Die verachten uns. In ihren Augen sind wir »Krade«, Abschaum, von dem man sich fernhält. Und deshalb quälen sie uns in der HJ bis aufs Blut. Der Schlimmste von ihnen ist Morken, Sohn von irgend ’nem Fabrikanten mit dem richtigen Parteibuch. Er ist seit ein paar Monaten unser Jungzugführer und spielt sich auf wie ’n kleiner General. Lässt uns stundenlang strammstehen und im Regen durch den Matsch robben. Auf den Schulungsabenden müssen
wir Aufsätze vortragen, und er macht sich mit seinen Spießgesellen über unsere Dummheit lustig. Sie lassen keine Gelegenheit aus, uns zu beweisen, dass sie was Besseres sind.
    Deshalb ist der Dienst in der HJ inzwischen zum Kotzen. Früher, vor dem Krieg, war’s besser. Aber jetzt: marschieren, antreten, exerzieren, noch mal antreten und wieder marschieren. Immer das Gleiche. Und wenn einer was falsch macht oder zu spät kommt, muss er strafexerzieren, wie beim Militär. Ständig fallen Morken neue Gemeinheiten ein. Und sie treffen natürlich immer uns, nie seine Leute.
    »Soldatische Tugenden« sollen wir lernen. Aber das ist echt das Letzte, was Tom und ich und die anderen Jungs aus unserer Gegend wollen. Unser ganzes Leben ist schon Drill und Gehorsam. Wir kennen gar nichts anderes: erst in der Familie, dann in der Schule, am Ende im Betrieb. Überall werden wir rumkommandiert und durch die Gegend geschubst. Wir brauchen wirklich nicht noch mehr davon.
    Am schlimmsten ist das Gerede vom »Heldentod«. Mein Vater ist letztes Jahr gefallen. Morkens Alter ist gar nicht im Krieg, und die von den anderen Gymnasiasten auch nicht. Die wissen, wie sie sich drücken können. Und dann kommt Morken an den Schulungsabenden daher und schwafelt, es gäb nichts Schöneres, als für Führer, Volk und Vaterland den Heldentod zu sterben. Und dabei diese spöttischen Blicke! Ich bin immer kurz davor, ihm an die Gurgel zu springen.
    Jedenfalls hab ich vor ’n paar Wochen angefangen, den Dienst zu schwänzen. Und weil Tom und ich immer alles zusammen machen, schwänzt er gleich mit. Wir haben uns immer neue Ausreden einfallen lassen, warum wir nicht kommen können. Alle wissen natürlich, dass sie erstunken und erlogen sind. Morken hat sich schwarzgeärgert, weil er seine Lieblingsopfer nicht mehr quälen kann.
    Vor ein paar Tagen ist ’ne schriftliche Mahnung gekommen. Wenn wir nicht sofort wieder erscheinen, müssten wir mit »ernsten Konsequenzen« rechnen. Weil uns keine neue Ausrede mehr eingefallen ist, sind wir also heute hingegangen.
    Darauf hat Morken nur gewartet. Er war so richtig in seinem Element. Hat uns befohlen, als Strafe für unsere Schwänzerei durch den Schneematsch zu robben. Aber wir hatten uns vorgenommen, wir machen uns auf keinen Fall lächerlich. Also haben wir Nein gesagt.
    Morken war sprachlos. Es gibt nichts Schlimmeres in der HJ als Befehlsverweigerung. Man kann seine eigene Mutter umbringen, aber bloß keinen

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