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Edelweißpiraten

Edelweißpiraten

Titel: Edelweißpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Reinhardt
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aber nicht weit gekommen. Sie haben ihnen einfach in den Rücken geschossen und sie liegen lassen. Die anderen haben sie auf Lkws verladen und weggebracht.
    Der Lange und Nadja waren auch dabei. Sie haben in letzter Zeit mal bei uns und mal bei Nadjas Leuten geschlafen. Gestern Abend haben wir noch Witze gerissen, als sie rüber in die andere Hütte sind. Ob sie denn kein Zuhause hätten und dass sie sich an so ordentlichen, sesshaften Leuten wie uns mal ’n Beispiel nehmen sollen. Jetzt war uns nicht mehr nach Witzen zumute. Ohne dass wir was tun konnten, mussten wir zusehen, wie sie abtransportiert wurden.
    Ich frag mich, ob wir die beiden jemals wiedersehen. Und wo wir hin sollen, nachdem unser Versteck aufgeflogen ist. Als wir aus den Dornen raus waren, hab ich Flint in die Augen gesehen. Ich glaub, nicht mal er hat darauf ’ne Antwort.

23. Februar 1945
    Horst hat recht gehabt, als er mich vor der Gestapo gewarnt hat. Sie würden sich in Köln sammeln, um noch mal richtig aufzuräumen, hat er gesagt. Und genau das ist passiert. Die Stadt ist voll mit ihnen. Sie sind vor den Alliierten geflohen, und jetzt sind sie wie im Blutrausch. Anscheinend gibt’s keinen mehr, der ihnen was zu befehlen hat. Keinen, der sie kontrolliert. Sie haben die Herrschaft übernommen, und es ist ’ne Schreckensherrschaft. Sie
erschießen Leute auf offener Straße oder knüpfen sie auf und lassen sie zur Abschreckung hängen. Und wie viele in ihren Folterkammern sitzen und elend umkommen, darüber denkt man am besten gar nicht nach.
    Ich frag mich, was in ihren Köpfen vorgeht. Sie müssen doch wissen, dass der Krieg verloren ist. Wenn der Wind im Westen steht, kann man die Front schon hören – das Grollen kommt jeden Tag näher. Aber das ist es vielleicht grade. Sie wissen, dass sie untergehen, und wollen noch so viele wie möglich mitnehmen. Wenn ich daran denke, läuft es mir kalt den Rücken runter. Was sind das bloß für Menschen? Woher kommt das Böse, das in ihnen ist? Und wie sind sie so geworden?
    Seit sie uns aus den Gärten vertrieben haben, sind wir endgültig heimatlos. Jede Nacht schlafen wir woanders, meistens in den Kellern von zerbombten Häusern. Manchmal stehen da noch leere Schränke und Kommoden, die zerschlagen wir und machen Feuer draus, damit wir’s wenigstens ein bisschen warm haben. Das Essen klauen wir uns zusammen, aus den Lebensmitteldepots, die es in der Stadt gibt. Die werden zwar bewacht, aber irgendwie kommen wir immer rein. Meistens durch Abwasserrohre oder Kabelschächte, wir sind da nicht wählerisch.
    Gefährlich sind die herrenlosen Hunde, die jetzt überall durch die Stadt streunen. Sie haben sich zusammengerottet und sind total verwildert. Man muss aufpassen, ihnen nicht unbewaffnet über den Weg zu laufen, vor allem nachts. Ein paarmal sind wir schon mit ihnen aneinandergeraten, wenn sie versucht haben, unser Essen zu stehlen. Wir gehen dann nicht grade zimperlich mit ihnen um. Schließlich haben wir nichts zu verschenken.
    Vor ein paar Nächten haben sich Flint und Kralle auf den Weg gemacht, um in ein Lager am Stadtrand einzusteigen. Wir hatten gehört, dass es da was abzustauben gibt. Als sie zurückkamen, war ihnen wirklich einiges in die Finger gefallen. Vor allem ’ne
Kiste mit Fleischkonserven. So was Gutes hatten wir schon lange nicht mehr. Wir sind drüber hergefallen wie die Wölfe.
    Auch Brot und Fett und Wurst haben die beiden gehabt, es hat für uns alle gereicht, gleich für mehrere Tage. Und dann haben sie noch was aus ihren Rucksäcken geholt. Wir haben große Augen gekriegt, als wir’s gesehen haben. Es waren Dynamitstangen, von der Wehrmacht. Gleich ein ganzes Bündel.
    »Die sahen so einladend aus, wir konnten sie nicht einfach liegen lassen«, hat Flint gesagt. »Gab noch mehr davon. Schätze, sie wollen das Lager sprengen, wenn die Alliierten kommen.«
    »Und was sollen wir damit?«, hat Frettchen gefragt. »Willst du die Hunde in die Luft jagen, wenn sie uns das nächste Mal beklauen?«
    Flint hat gegrinst. »So ungefähr. Nur nicht die Hunde, die
du
meinst.«
    Jedem von uns war sofort klar, wovon er sprach. Er hat kurz gewartet, dann hat er Tom und mich angesehen. »Ich hab’s dir gesagt, Gerle. Und dir auch, Tom. Irgendwann kommt der Tag, an dem wir abrechnen. Und zwar richtig. Nicht mit so ’nem Kinderkram wie bisher.«
    Es ist ’ne Zeit lang ruhig gewesen. Schließlich hat Tom gefragt: »EL-DE-Haus?«
    Flint hat genickt. Dann hat er uns erklärt, was er

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