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Eden

Titel: Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Mochinski
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berichtet hatte, war er vollständig renoviert: gestrichene Wände und Decke, Teppichboden, ein großes, mehrteiliges Sofa, ein Fernsehschrank mit einem riesigen Plasmafernseher, DVD-Rekorder, Stereoanlage, Lautsprecher in allen Ecken, gerahmte Fotos. Buddy und Harris blickten sich um, aber es versteckte sich nichts hinter dem Sofa oder dem Fernsehsessel.
    Buddy deutete mit einer Kopfbewegung auf die einzige Tür am anderen Ende des Zimmers. Sie war geschlossen.
    Harris deutete auf sich und ließ seinen Begleiter wissen, dass er sie öffnen würde. Buddy stellte sich breitbeinig vor die Tür, die 9mm mit beiden Händen im Anschlag. Harris riss die Tür auf. Dahinter lag ein leerer Flur.
    »Oh, verdammt.«
    »Du schwitzt schon wie Dom.«
    »Ich habe schon immer viel geschwitzt.«
    »Ist mir nicht entgangen.«
    »Vielleicht sollten wir sie rufen? Warten, dass sie rauskommt?«
    Buddy schüttelte den Kopf.
    Vier Türen gingen von diesem Flur ab. Sie probierten sie nacheinander aus. Buddy öffnete sie, während Harris aufpasste, dass Lenore durch keine der anderen stürzte.
    Die erste Tür führte in einen Heizungskeller. Wie es aussah, brannte die Zündflamme noch, und zwischen den verstaubten Rohren war alles unberührt.
    Die zweite Tür führte in eine Waschküche. Waschmaschine, Trockner, ein Regal. Ein Wäschekorb halb voll mit gefalteten Kleidungsstücken. Buddy zog ein riesiges Paar Männerunterhosen heraus. Die mussten Dom gehören. Er zeigte sie Harris, und beide Männer grinsten. Dann legte er sie zurück.
    Hinter Tür Nummer drei war eine Werkstatt.
    Harris und Buddy blieben vor der letzten Tür stehen. Hier musste sie sein.
    »Warum rufen wir sie nicht einfach?«, fragte Harris.
    »Scheiße. Von mir aus. Ruf.«
    »Lenore.«
    Sie warteten, aber nichts geschah.
    »Lenore.« Noch einmal, lauter.
    »He, Lenore!«, brüllte Buddy.
    »Das ist nicht mehr lustig«, stellte Harris fest.
    »Ach, zur Hölle.« Buddy stieß die Türe auf, und da war das Ding, das einmal Lenore gewesen war.
    Sie kniete auf dem Boden und sah nicht auf. Um sie herum waren Fotoalben und der Inhalt von Schuhkartons verstreut, hauptsächlich Fotos und Papiere. Die Untote betrachtete ein auf dem Kopf stehendes Fotoalbum, versuchte umzublättern. Ohne viel Erfolg. Es waren Bewegungen ohne Sinn und Verstand.
    Harris war froh, dass er am Abend zuvor darauf verzichtet hatte, ihre Finger zu zertreten.
    »Lenore«, sprach Buddy sie mit ruhiger, fester Stimme an.
    Sie ignorierte ihn.
    Harris und Buddy schauten einander an.
    »Lenore«, sagte Buddy noch einmal. Diesmal hob sie den Kopf, schien sie aber gar nicht zu sehen. Sie widmete sich wieder dem Album.
    »Ich weiß, das klingt jetzt ziemlich dumm«, stellte Harris fast flüsternd fest, »aber glaubst du, man kann etwas für sie tun?«
    Lenore sah zu ihnen hoch, als hätte sie die beiden gerade erst bemerkt. Ihr Mund öffnete sich, und sie zischte. Spucke lief ihr übers Kinn.
    »Nein, Harris, ich glaube nicht, dass es Hilfe für sie gibt.«
    Harris hob die Waffe.
    »Nicht.« Buddy drückte seinen Arm beiseite und wedelte mit der schallgedämpften Pistole. Harris nickte.
    Der Hüne trat einen Schritt in den Abstellraum. Die tote Frau hantierte weiter mit dem Fotoalbum, ohne das geringste Interesse an den beiden Männern zu zeigen. Er hielt sicheren Abstand von ihr, hob die Pistole und drückte ab.
    »Wir sollten das aufwischen«, schlug Harris vor. »Ich sehe mal nach, ob ich irgendwo Küchentücher finde.«
    Sie packten Lenores Leiche in zwei riesige schwarze Plastikmüllsäcke, hoben die Bilder und Papiere auf und packten sie zurück in die Schuhkartons, auch wenn sie nicht wussten, was wohin gehörte. Harris ging in die Hocke und wischte Blut und Hirnmasse von Boden und Wänden. Er war erst zufrieden, als er sicher war, dass es nicht besser ging. Sie stellten die Schuhkartons und Fotoalben in die Regale zurück.
    Später an diesem Tag trugen Harris und Buddy die Überreste von Doms Frau hinaus in den Hinterhof. Dom rauchte am anderen Ende des Dachs eine Zigarette und behielt die Straße im Auge. Er wollte Lenore nicht mehr sehen, bevor die beiden sie begruben. Er würde sie so in Erinnerung behalten, wie sie im Leben gewesen war.

40
     
    »Ho-ho-ho!« Der Nationalgardist zeigte mit dem M-16 in Richtung des auf ihn zufahrenden Ford-Pick-ups. Hinter ihm hatten sich die Überlebenden seines Regiments in einer Reihe über die Straße verteilt und deckten mit ihren Waffen den Ford, die verlassenen

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