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Eden

Titel: Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Mochinski
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Tor.«
    Thompson starrte auf sein Zippo, und der ungläubige Ausdruck auf seinem Gesicht löste sich auf, als ein neuer Heulanfall ihn schüttelte. Er schluchzte und jaulte. Sein Gesicht lief rot an. Er bettelte Harris durch den Knebel an, ihm zuzuhören, mit ihm zu reden.
    Harris ignorierte ihn. Er dachte an Julie und an Raquel, entsicherte die Pistole, setzte sie sich selbst auf die Brust und drückte ab.
    Es war ein Schlag, härter, als man in sich jemals vorstellen konnte. Und es brannte. Es brannte ganz furchtbar.
    Der Schuss riss Thompson aus seinem Schockzustand. Er sah Harris aus der sitzenden Haltung zur Seite kippen. Die Hand unter seinem Körper hielt noch immer die Pistole. Der andere Arm war über seinen Kopf gefallen, ausgestreckt. Die Finger zuckten noch.
    Harris’ Unterkiefer klappte nach unten, während er nach Atem rang. Seine Hand ließ die Pistole los, als er auf den Rücken kippte und beide Hände auf die heftig blutende Brust zog.
    Er hörte Thompsons unverständliche Stimme wie aus weiter Ferne. Er bekam keine Luft. Jemand schien ihm den Atem buchstäblich aus dem Leib geprügelt zu haben, wie damals in der fünften Klasse, als er im Sportunterricht einen Medizinball vor den Solarplexus bekommen hatte. Der Boden unter ihm war hart und kalt. Es fühlte sich gar nicht schlecht an.
    Die Kette um Harris’ Knöchel lag locker auf dem Kellerboden und bildete eine Schleife zwischen seinem Fuß und dem Pfosten.
    Harris’ Kopf fiel zur Seite. Er starrte auf eine leere Wand. Starrte in endlose Leere. Irgendjemand irgendwo sagte etwas, aber er konnte nicht begreifen was.
    Der Keller war still. Thompson hörte, wie Harris’ keuchende Atemzüge schwächer wurden, immer schwächer, und schließlich ganz verstummten. Harris’ Gesicht war zur Wand gedreht, deshalb sah Thompson nicht, wie sein Blick glasig wurde.
    Thompson schaute auf sein Feuerzeug und heulte. Harris war tot. Bobby regte sich nicht. Er sah ebenfalls tot aus. Thompsons Nase lief, aber er konnte sie nicht putzen. Die Schluchzer schüttelten ihn. Er stemmte sich gegen die Kette, die um seine Handgelenke, seine Arme und seinen Leib geschlungen war, aber sie gab nicht nach, und seine Arme, seine Rippen, praktisch sein ganzer Körper loderte vor Schmerzen.
    An den Pfosten gefesselt weinte Thompson, bis er keine Tränen mehr hatte.
    Harris war tot.
    Thompson saß da, allein im Keller, unfähig sich zu bewegen. Keine sechzig Zentimeter entfernt lag ein an einen Pfosten geketteter Toter. Er hätte den Fuß ausstrecken und Harris’ Leiche anstoßen können, aber wozu?
    Bei jeder noch so winzigen Bewegung bohrten sich Nadeln aus purem Schmerz in seinen Leib. Vermutlich waren seine Rippen gebrochen. Einer seiner Arme war bewegungsunfähig, und aus den Platzwunden an seinem Kopf strömte das Blut.
    Während Thompson dasaß und sich fragte, wie lange es dauern würde, bis ihn jemand hier unten im Keller fand, zuckte Harris’ Leichnam und setzte sich auf. Der Zombie drehte den Kopf. Thompson schrie durch den Knebel.

44
     
    John Turner strich sich mit dem Handrücken über die Stirn, wischte den Schweiß ab und schob die Brille auf seiner Nase wieder hoch. Es war kein richtig heißer Tag, aber die Sonne schien. Und wenn man wie er unter der Mittagssonne draußen arbeitete, mit seinem Vater Fred, Panas und Thompson Zement mischte und damit Gehwege und Bordsteine reparierte, dann kam man ins Schwitzen. Das Lederholster der.38 an seiner Hüfte rieb ihm die Haut wund.
    »Machen wir eine Pause, Jungs«, schlug sein Vater vor. »Was meint ihr?«
    Seit Grahams Sturz hatte sich in Eden einiges verändert. Über Entscheidungen wurde debattiert, und sie wurden gemeinsam getroffen, kamen nicht mehr als Befehle von oben. Es gab keine Anführer mehr, auch wenn die meisten dazu neigten, sich dem zu fügen, was Männer wie Buddy oder Harris oder auch Bobby Evers sagten. Zumindest hörten sie ihnen genau zu. Auch Johns Vater genoss Ansehen, weil er hart arbeitete und einer der Ältesten in Eden war.
    »Klingt gut«, sagte Panas, der sich ein Tuch mit aufgedruckter US-Fahne um den Kopf gewickelt hatte.
    Nicht alle in Eden respektierten seinen Vater und die anderen Älteren so, wie sie es verdient hatten. Typen wie Diaz waren ziemlich selbstsüchtige Arschlöcher. Das Einzige, was sie bei der Stange hielt, war die Zustimmung oder Ablehnung aller anderen. An manchen Tagen nicht einmal das. Diaz behandelte Johns Vater keineswegs respektlos. Das hätte John nicht

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