Eden Inc.
Motiv kennt, auch alles andere ermitteln kann: die Persönlichkeit, das Verhalten, die Umstände. Ich verstehe das Motiv nicht gänzlich. Tatsache ist, dass nur Silver es uns genau erklären kann.«
Irgendwo in der Ferne waren nun Stimmen zu vernehmen.
Türen wurden geöffnet und geschlossen. Lash und Tara warteten und wagten kaum zu atmen. Dann wieder Stimmen.
Diesmal näher. Eine verzerrte Stimme aus einem Funkgerät.
Dann sich wieder entfernendes Gerede. Dann schließlich: Stille.
Lash atmete langsam aus. »Die Idee kam mir heute Morgen in Ihrem Büro, als Avatar null am Kopf der Suchliste auftauchte. Der einzige Avatar ohne Namen. Doch erst als ich einen alten Studienfreund in Cold Spring traf - als ich die Verbindungen zwischen PharmGen und Scolipan und die entsetzliche Reaktion auf die Substanz P erkannte -, da passte alles zusammen. Silver, der von seinem Elfenbeinturm alles beobachtete, musste klar geworden sein, wie dicht ich an der Lösung dran war. Deswegen die Verleumdungskampagne.«
Tara schüttelte den Kopf. »Was war mit Karen Wilner?«
»Ich hatte kaum Zeit, um rauszukriegen, was mit Lindsay Thorpe passiert ist. Ich bin mir sicher, dass die Substanz P auch dabei eine wichtige Rolle spielt. Was die Verabreichungsform angeht, so kann ich es noch nicht sagen.«
Tara schaute ihn an. »Selbst nach allem, was Sie erzählt haben, ist es noch schwer zu glauben. Silver ist vielleicht ein Eigenbrötler, aber als Killer kann ich ihn mir absolut nicht vorstellen.«
»Sein Einsiedlerdasein ist ein Indiz. Trotzdem passt er nicht ins offensichtliche Profil. Aber wie schon gesagt, das Profil ist ohnehin an allen Ecken und Enden widersprüchlich. Die Morde sind sich irgendwie zu ähnlich. Auf eine gewisse Weise naiv. Als wären sie von einem Kind begangen worden.« Lash hielt inne. »Komme ich Ihnen wie ein Killer vor?«
»Nein.«
»Aber Sie haben mich trotzdem in die Pfanne gehauen.«
»Vielleicht tue ich es noch mal. Niemand glaubt Ihnen.«
»Es hat auch noch niemand meine Geschichte gehört. Bis auf Sie.«
»Die Geschworenen werden erst einen Beschluss fassen, wenn sie gehört haben, was Silver dazu sagt.«
Lash nickte langsam. »In diesem Fall haben wir nur noch eine Option.«
»Was meinen Sie?«
Doch Lash brauchte Tara nur in die Augen zu schauen, um zu wissen, dass sie die Antwort schon kannte.
51
Edwin Mauchly stand in Tara Stapletons stillem, leerem Büro und ließ den Blick langsam durch den Raum schweifen. Auf einen Beobachter hätte sein Bemühen oberflächlich gewirkt, aber dennoch entging ihm nichts: die Plakate, die Topfpflanzen, der fleckenlose Schreibtisch mit den drei Monitoren und das ramponierte, an der Wand lehnende Surfbrett.
Obwohl Mauchly sich persönlich für Taras Beförderung eingesetzt hatte und er ihren Talenten absolutes Vertrauen entgegenbrachte, war sie ihm ein Rätsel geblieben. Sie war stets ihrer Position gemäß gekleidet, riss selten Witze und lächelte noch weniger. Sie war keine Frau, die gern ein Schwätzchen hielt oder gar tratschte. Ihr Auftreten war stets geschäftlich, ununterbrochen.
Mauchlys Blick kehrte zum Surfbrett zurück. Obwohl er dafür gesorgt hatte, dass das Ding hier stehen durfte, hatte es ihn immer verblüfft. Es passte nicht so recht zu Taras fast fanatischem Verlangen nach Intimsphäre, zu der Mauer, die sie um ihr Privatleben herum aufgebaut hatte. Und eine Angeberin war sie mit Sicherheit nicht: Wenn sie hätte prahlen wollen, hätte sie die Pokale mitgebracht; er wusste, dass sie welche gewonnen hatte. Nein - dieses Surfbrett stand mehr oder weniger aus Eigennutz hier herum.
Sein Blick fiel auf den Teppichboden, auf die kleinen Tropfen Blut, die an der Tür deutlich zu sehen waren. Ansonsten hatte Lash praktisch keine nennenswerten Spuren hinterlassen. Hier aber doch. Warum? Hatte er mit Händen und Füßen geredet? Hatte er Tara bedroht? Dies führte ihn zu der Hauptfrage zurück. Aus welchem Grund war Lash überhaupt hierher gekommen? Warum war er das Risiko eingegangen?
Es gab einfach zu viele Fragen. Mauchly zog das Funkgerät aus der Tasche und drückte den Sendeknopf.
»Auf Empfang, Sir«, kam eine Stimme aus dem Kommandozentrum.
»Wer ist da? Gilmore?«
»Ja, Mr. Mauchly.«
»Wir gehen noch mal alle Bewegungen von Ms. Stapleton durch, nachdem Lash ihr Büro verlassen hat.«
»Einen Moment, Sir.« Mauchly vernahm durch das Funkgerät das Klacken einer Tastatur. »Der Stoßtrupp kam um 18.06 Uhr dort an. Um 18.12 Uhr hat
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