Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk
bleiben, für die ordentlich erscheint, was uns unordentlich, malerisch, was uns nicht malerisch ist; mit anderen Worten eine Art irdischer Engel, für deren durch den Tod verfeinertes Schönheitsgefühl noch mehr als für unseres die Gottheit vielleicht die ungeheuren Landschaftsgärten der Hemisphären entstehen ließ.«
Im Laufe dieses Gespräches führte mein Freund eine Stelle aus dem Buche eines Schriftstellers an, den man für eine Autorität auf dem Gebiete der Landschaftsgärtnerei hält: ›Eigentlich teilt sich die Landschaftsgärtnerei nur in zwei Stile, den natürlichen und den künstlichen. Der eine sucht die ursprüngliche Schönheit der Landschaft wieder zu erwecken, indem er seine Mittel der Umgebung anpaßt; indem er Bäume pflanzt, die mit den Hügeln oder der Ebene ringsumher harmonieren und jene schönen Beziehungen von Größen, Verhältnissen und Farben entdeckt oder unterstreicht, die sich, dem gewöhnlichen Beobachter verborgen, dem erfahrenen Schüler der Natur sofort enthüllen. Das Resultat des natürlichen Stils der Gärtnerei äußert sich mehr als Abwesenheit aller Fehler und Störungen und in der Herrschaft einer gesunden Harmonie und Ordnung als in der Schöpfung irgendwelchen besonderen Wunder und Mirakel. Der künstliche Stil hat so viel Variationen, wie es Geschmacksarten zu befriedigen gibt. Er hat eine gewisse allgemeine Beziehung zu den verschiedenen Baustilen. Erinnern wir uns an die majestätischen Alleen und stillen Verstecke von Versailles; an die italienischen Terrassen; an den zusammengesetzten alten englischen Stil, der mit der häuslichen Gotik oder dem alten elisabethanischen Stil Ähnlichkeit hat. Was man auch immer gegen den Mißbrauch der künstlichen Landschaftsgärtnerei sagen mag, die Einführung reiner Kunst in einen Landschaftsgarten teilt ihm eine neue, große Schönheit mit. Diese ist zum Teil eine moralische, zum Teil eine äußere, die dem Auge durch ihren Ausdruck von Ordnung und Absicht gefällt. Eine Terrasse mit einer alten, moosbewachsenen Balustrade ruft uns sofort die schönen Geschöpfe ins Gedächtnis zurück, die in früheren Zeiten auf ihr geweilt haben. Das geringste Zeichen von Kunst spricht uns von Sorgfalt und menschlichem Interesse.‹
»Aus dem eben Gesagten«, sprach Ellison weiter, »werden Sie schon entnommen haben, daß ich die Idee, die ursprüngliche Schönheit der Landschaft wiederherstellen zu wollen, zurückweise. Diese Schönheit ist niemals so groß wie jene, die man neu hinzufügen könnte. Natürlich hängt alles von der Wahl eines geeigneten Ortes ab. Was von dem ›Entdecken oder Unterstreichen jener schönen Beziehungen von Größen, Verhältnissen und Farben‹ gesagt war, ist von einer Unbestimmtheit, die nur die unzureichenden Gedanken verschleiern sollte. Der fragliche Satz bedeutet vielleicht etwas, vielleicht auch nichts, und kann uns zu nichts nützen. Und daß ›das Resultat des natürlichen Stils der Gärtnerei sich mehr in der Abwesenheit aller Fehler und Störungen und der Herrschaft einer gesunden Harmonie und Ordnung als in der Schöpfung irgendwelcher besonderen Wunder und Mirakel äußert‹, ist eine Behauptung, die mit Rücksicht auf den schleichenden Verstand der Masse, nicht für den genialen Menschen gemacht wurde. Das eben erwähnte negative Verdienst konnte nur von jener hinkenden Kritik gefällt werden, die auf dem Gebiete der Literatur einen Addison in den Himmel heben wollte. In der Tat, eine Tugend, die darin besteht, das Laster zu meiden, appelliert unmittelbar an den Verstand und kann folglich auch in eine Regel beschränkt – eine erhabenere Tugend jedoch, die im Schaffen glüht, kann nur in ihren Resultaten verstanden werden. Eine Regel ist nur auf negative Verdienste anwendbar – über diese hinaus kann die Kunst der Kritik nichts weiter als suggerieren. Man kann uns lehren, einen ›Cato‹ zu konstruieren, kann uns jedoch nicht sagen, wie man ein ›Parthenon‹, ein ›lnferno‹ schafft. Ist das Werk jedoch geschaffen, das Wunder vollbracht, so wird die Fähigkeit, es zu verstehen, allgemein. Die Sophisten der negativen Schule, die aus Unfähigkeit, zu schaffen, das Schaffen beschimpften, rufen jetzt am lautesten Beifall. Was in dem embryonalen Zustande des Prinzips ihren Pedantenverstand beleidigte, zwingt ihrem Instinkt für Schönheit im Zustande der Vollendung stets Bewunderung ab.
Die Ansichten des Autors über den künstlichen Stil sind weniger verwerflich. ›Die Einführung
Weitere Kostenlose Bücher