Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
auf ihn zu, hielt aber manchmal an und sah sich nach der Treppe um. Gleich darauf kam auch der andere die Treppe heraufgesprungen.
»Nun, was ist denn mit euch los?«
Abel ging in sein Zimmer zurück, zog seinen Morgenrock an und steckte den Revolver in die Tasche. Darauf stieg er, von beiden Hunden gefolgt, die Treppe hinunter zu der Halle. Er konnte nichts Verdächtiges entdecken. Er schloß die Bibliothek auf, ging hinein, drehte das Licht an und durchsuchte den Raum, ohne irgend etwas zu finden. Die große schwere Haustür war auch verschlossen und wohl verriegelt.
Beruhigt ging er nach oben und legte sich nieder. Aber kaum war er wieder in einen leichten Schlaf gefallen, als er von neuem das Bellen der Hunde hörte. Diesmal schlugen beide Tiere an. Er fand sie, wo er sie das erstemal gesehen hatte. Sie standen der Haupttreppe zugekehrt und knurrten. Auf seinen Pfiff hin sah sich nur einer von ihnen um, rührte sich aber nicht von der Stelle. Erst als er sie scharf anrief, kamen sie zu ihm.
»Was habt ihr denn nun schon wieder?«
Ein Bellen war die Antwort.
Plötzlich sprangen sie beide davon, als ob sie etwas gehört hätten, und fegten wie der Wind den Gang entlang. Abel eilte hinterher.
Als er die Treppe hinunterkam, sah er, wie sie unten in der Halle den Flur beschnüffelten. Er drehte alle Lichter an und untersuchte den Raum eingehend, konnte aber wieder nichts finden.
»Ihr scheint heute nacht etwas verrückt zu sein« brummte er.
Es fiel ihm auf, daß die Tiere unruhig waren. Aber es war ja möglich, daß auch sie ihre besonderen Eigentümlichkeiten hatten, dachte er und legte sich wieder zu Bett. Als er am Einschlafen war, hörte er sie wieder bellen, aber er nahm keine weitere Notiz davon und drehte sich nach der anderen Seite um. Bald war er fest eingeschlafen.
Es war fünf Uhr, als er aufwachte, und es war noch dunkel. Er stand auf und zog seinen Schlafrock an, bevor er das Licht andrehte. Aber dann wurden seine Augen groß. Die beiden Türen standen weit offen, obwohl er bestimmt wußte, daß er sie fest verschlossen und gesichert hatte, als er das letztemal zu Bett ging. Was war denn mit den Hunden los?
Er ging in den Korridor, um nach ihnen zu sehen und glaubte zuerst, daß sie tot seien, weil sie hintereinander mit ausgestreckten Beinen an der Wand lagen. Er ging hin und schüttelte den einen. Der Hund öffnete langsam die Augen, sah ihn einige Sekunden schläfrig an und schloß sie dann wieder.
»Sie sind betäubt worden« sagte Bellamy. »Also war gestern abend doch jemand hier, der sich die ganze Zeit verborgen hielt. Aber das mußte ein Mensch gewesen sein. Der Grüne Bogenschütze war also Fleisch und Blut –« Bellamy hatte auch nichts anderes erwartet.
Mit der Zeit kamen die Hunde wieder zu sich und benahmen sich so, als ob nichts geschehen wäre. Er brachte sie selbst zu dem Hundekäfig hinunter.
Warum war der Grüne Bogenschütze gekommen, was beabsichtigte er? Sicherlich wollte er nicht nur zeigen, daß er sich zu jeder beliebigen Zeit Zutritt zu dem verschlossenen Raum verschaffen konnte. Es war doch immerhin mit einer gewissen Gefahr verbunden, die Hunde zu betäuben. Was mochte er gesucht haben? In seinem Schlafzimmer bewahrte er wenig wertvolle Gegenstände auf, und diese waren vollständig unberührt geblieben. Also wollte er sicherlich nichts stehlen. Und doch war es Bellamy klar, daß der Grüne sich keinen Spaß erlaubte, sondern eine sehr ernste Absicht mit seinem Besuch verfolgte.
Plötzlich kam ihm die Erklärung. Der Grüne Bogenschütze suchte den Schlüssel – den Schlüssel, den er bei Tag bei sich trug und nachts unter sein Kissen legte. Er trug ihn in seiner Tasche an einer langen Stahlkette, und wenn er morgens zum Bad ging, hing er sich den Schlüssel mit der Kette um den Hals.
Er sah etwas sonderbar aus, war lang, schmal und dünn. – Der Schlüssel! Das war die Erklärung! Und wenn diese richtig war, dann kannte der Grüne Bogenschütze auch das Geheimnis von Garre Castle! Er eilte zur Bibliothek und warf die Tür krachend hinter sich zu. Savini hörte es im Halbschlaf und träumte, daß sich der alte Bellamy erschossen hätte. Er lächelte beseligt.
17
A ls Julius Savini die Dorfstraße zur Post hinunterging, sah er eine ihm bekannte Gestalt auf dem Bürgersteig. Er war wenig erfreut darüber, und wenn er in eine Seitenstraße hätte entweichen können, hätte er es sicher getan. Aber er mußte an dem jungen, frischen, fröhlichen, rothaarigen
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