Effington 06 - Verborgene Verheissung
Pennington funkelte ihn an, als sei Marcus' Versäumnis zu heiraten und sich fortzupflanzen Teil eines groß angelegten Plans, ihrem Leben Bedeutung und Erfüllung zu verweigern. »Jetzt bleibt dir keine Wahl mehr.«
»Wohl nicht«, sagte Marcus.
»Du wirkst nicht gerade erschüttert.« Seine Mutter beäugte ihn misstrauisch. »Warum um Himmels willen nicht?«
Marcus zuckte die Schultern, als hätte es keinerlei Bedeutung für ihn, eine Frau zu heiraten, die er noch nie im Leben gesehen hatte, und als sei diese Vorstellung nicht das Unerquicklichste, was ihm je passiert war. Und dem er nicht entkommen konnte.
»Deine Verärgerung reicht für uns beide.« Er nippte beiläufig an seinem Drink.
»Meine Verärgerung ist vollkommen angemessen in Anbetracht der grässlichen Situation.« Ihre Augen weiteten sich vor Bestürzung. »Du bist dir doch wohl über die Konsequenzen im Klaren, falls du dieses Townsend-Mädchen nicht heiratest? Du würdest dein gesamtes Vermögen verlieren, jeden Penny!«
»Ja, aber ich würde meinen Titel und das Landgut sowie dieses Haus behalten.«
»Weder ein Titel noch ein Landgut sind von Bedeutung, wenn man sie nicht unterhalten kann. Und was wird aus mir, Marcus? Hat Mr. Whiting dir nicht erklärt, dass auch ich alles verlieren würde? Alles, was dein Vater mir hinterließ? Und was mir gestattete, weitgehend unabhängig zu leben, ohne dein Vermögen anzutasten.« Sie schritt in der Bibliothek auf und ab. »Ich konnte meine eigenen Entscheidungen treffen und du deine. Wenn ich an meine Freundinnen denke, die vollständig von ihren Familien abhängig sind, bin ich deinem Vater zutiefst dankbar für seinen Weitblick.«
»Genau wie ich«, murmelte Marcus.
Reggie schob sich langsam zur Tür. »Vielleicht sollte ich Sie lieber allein ...«
»Du bleibst, wo du bist, mein Herr. Reginald. Obwohl ich befürchte, dass du keinen Deut besser bist. Deine eigene Mutter glaubt schon nicht mehr daran, dass du jemals deine Pflicht erfüllen und dir eine passende Frau suchen wirst. Dennoch brauche ich jemanden, der meinen Sohn davon überzeugt, in dieser Angelegenheit keine andere Wahl zu haben.« Sie zwang sich zu einem liebenswürdigen Lächeln. »Und du bist offensichtlich der Beste, den ich mir für diese Aufgabe vorstellen kann.«
»Gern zu Diensten.« Reggie lächelte versonnen und sah sehnsüchtig zu der Karaffe mit dem Brandy auf dem Schreibtisch.
Lady Pennington folgte seinem Blick. »O bitte, mein Junge, schenk dir nur ein, und mir auch einen. Das ist genau das, was wir jetzt brauchen. Ich bin sehr bekümmert über diese Sache und sehe mich einem unerbittlichen Schicksal ausgesetzt.«
Marcus verkniff sich ein Grinsen.
Seine Mutter ertappte ihn dabei. »Du findest mich wohl zu dramatisch?«
»Vielleicht ein wenig.«
»Nur ein wenig?« Sie sank mit einem Seufzer aufs Sofa und nahm das Glas von Reggie entgegen. »Vielleicht nicht dramatisch genug. Es war ein ziemlicher Schock.«
»Du wusstest demnach nichts von Vaters Plan?« Marcus betrachtete seine Mutter eindringlich.
Sie hielt seinem Blick stand. »Natürlich nicht.«
Marcus wusste nicht, ob er ihr glauben sollte. Das Verhältnis seiner Eltern war ihm immer als außerordentlich eng erschienen, enger als das der meisten Ehepaare. Es handelte sich ganz offenbar um eine Liebesheirat. Sehr seltsam also, dass sein Vater etwas so Bedeutsames nicht mit seiner Frau geteilt haben sollte. »Er hat diese Vereinbarung also niemals erwähnt?«
»Mit keinem Wort«, gab sie bekümmert zurück.
»Tatsächlich?« Er zog eine Augenbraue hoch.
»Sieh mich nicht so an, Marcus. Ich sage dir doch, ich hatte keine Ahnung.« Ihre Stimme war fest. »Erstens hätte ich so etwas niemals gutgeheißen. Allein die Vorstellung einer arrangierten Ehe ist geschmacklos und mittelalterlich. Und zweitens: hätte ich von diesem Plan deines Vaters gewusst, hätte ich es dir schon längst erzählt.«
»Damit du dir selbst eine Braut aussuchen könntest.« Reggie nickte.
»Genau.« Sie warf dem Freund ein beifälliges Lächeln zu. Reggies Brust schwoll ob dieser Anerkennung, und er strahlte sie an.
»Sehr anständig von dir, Mutter.«
»Das finde ich auch.« Sie nickte selbstzufrieden und nippte an ihrem Brandy. Einen Moment lang sah sie viel jünger aus als ihre achtundvierzig Jahre, und gleichzeitig verletzlich. Das war natürlich lächerlich. Helena, Countess of Pennington, war alles andere als verletzlich . Sie war ihrem Gatten eine gleichberechtigte
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