Effington 06 - Verborgene Verheissung
Umständen zumindest in Erwägung ziehen würde.« Die Duchess hielt nachdenklich inne. »Wie alt ist Ihre Tochter inzwischen?«
»Beinahe zweiundzwanzig, Mylady.« Lady Dawson lächelte schwach.
»Doch schon so alt«, murmelte die Duchess.
Einerseits war der Vorschlag der Duchess ungeheuerlich: Die eigenen Kinder zu Projekten einer Gesellschaft zu machen, deren Bestreben ihre Verheiratung war. Doch Helena wusste sehr wohl, dass die Ehen vieler der anwesenden Frauen von deren Familien arrangiert worden waren. Und die meisten davon hatten sich durchaus gut entwickelt. Eigentlich war es sogar äußerst bedauerlich, dass solche Dinge aus der Mode geraten waren. In mancher Hinsicht würde die Gesellschaft der Duchess die Angelegenheiten einfach nur auf bewährte Weise regeln. Eine altehrwürdige Tradition aufrechterhalten. Die Bräuche ihres Landes in Ehren halten. Wer sollte damit nicht einverstanden sein?
»Ich muss wohl nicht erwähnen, dass im Falle einer Gründung der Gesellschalt Verschwiegenheit von allergrößter Bedeutung ist.« Der Tonfall Ihrer Hoheit war bestimmt. »Die Sache wird nicht gelingen, falls auch nur eines der Kinder entdeckt, dass es ein von uns eingefädelter Plan ist.« Sie schüttelte den Kopf. »Sie können recht störrisch sein, wenn sie eine Mutter der Einmischung verdächtigen. Ich vermute, das haben sie von ihren Vätern.«
Allgemeines beifälliges Gemurmel.
Helena hatte bereits eine vielversprechende Idee, um ihren Sohn dazu zu bringen, seine familiären Verpflichtungen zu akzeptieren und endlich zu heiraten. Zu Beginn war es nur ein zufälliger, unbewusster Gedanke gewesen. Doch er hatte sich in ihrem Hinterkopf eingenistet und wurde immer konkreter, je öfter sie sich damit befasste. Ihr fehlte nur der Mut, ihn in die Tat umzusetzen. Nun jedoch, mit der moralischen Unterstützung der Gesellschaft im Rücken ...
»Euer Hoheit.« Helena erhob sich. »Ich halte die Gesellschaft aufrechter Damen zur Besserung der Zukunft Britanniens< für eine ausgezeichnete Idee und möchte gerne meinen Beitrag dazu leisten.« Sie straffte die Schultern. »Daher bin ich mehr als bereit, meinen Sohn als erstes Projekt der Gesellschaft anzubieten.«
»Wunderbar, Lady Pennington.« Die Duchess gewährte ihr ein strahlendes Lächeln. »Ich wage zu behaupten, Sie werden es nicht bereuen. Haben Sie denn schon eine Idee?«
»Ich habe nicht nur eine Idee.« Helena schmunzelte. »Ich habe einen Plan.«
Erstes Kapitel
Männer sind unzuverlässige, untreue Kreaturen, denen alles gleichgültig ist außer ihrem persönlichen Vergnügen und dem Fortbestand ihres Namens.
Gwendolyn Townsend
Von einem Rechtsanwalt einbestellt zu werden, verhieß nie etwas Gutes.
Gwendolyn Townsend setzte sich noch aufrechter hin, als es ohnehin ihre Gewohnheit war, und unterdrückte das Bedürfnis, an der abgeschabten Manschette ihres Umhangs zu zupfen. Sie war die Tochter eines Viscount und würde sich, selbst unter den derzeitigen Umständen, keinesfalls von einem einfachen Advokaten einschüchtern lassen. Ferner war sie überhaupt nicht davon angetan, dass man sie warten ließ. Dass sie trotz ihrer Herkunft derzeit nur eine Gouvernante war, und auch noch eine wenig erfolgreiche, ließ sie dabei großzügig außer Acht.
Von einem Rechtsanwalt einbestellt zu werden, verhieß nie etwas Gutes.
Nicht so leicht war jedoch diese lang vergessene Warnung zu verscheuchen, die sich machtvoll in ihre Gedanken geschlichen hatte. Sie hallte in ihrem Kopf wider, seit der Brief des Vermögensverwalters ihres verstorbenen Vaters, Mr. Whiting, sie schließlich in New York erreicht hatte. Warum auch nicht? Sie hatte sie während der ersten sechzehn Jahre ihres Lebens oft genug von den Dienstboten in Madame Chaussans Akademie für Junge Damen gehört. Und hatte sie sich nicht jedes Mal als wahr erwiesen?
Gwens letzter Kontakt mit einem Anwalt hatte vor fünf Jahren stattgefunden. Damals hatte Mr. Whitings Neffe, der in das Geschäft seines Onkels eingetreten war, ihr mitgeteilt, sie sei völlig mittellos. Sie erinnerte sich noch gut an diesen Augenblick — das Unbehagen des jungen Mannes, kaum älter als sie selbst, und das Mitgefühl in seinen braunen Augen.
»Miss Townsend, bitte verzeihen Sie, dass ich Sie warten ließ .« Ein Gentleman von vornehmer Erscheinung trat in den Raum und kam auf sie zu. Gwen kannte seinen Namen, doch sie waren sich nie zuvor begegnet. Er streckte ihr die Hand hin, und sie ergriff sie
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