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Egeland, Tom

Titel: Egeland, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frevel
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mit dem Einbruch? «
    » Wenn es denn überhaupt einen Einbruch gegeben hat. «
    » Ermittlungen nach Beweisaufnahme eingestellt? «, schlage ich vor.
    » Sie werden von uns hören. « Das klingt wie die Standardantwort, die die Polizeischüler vor dem Spiegel im Klassenzimmer der Polizeihochschule eingeübt haben. Eine Lüge, die derart verbreitet und durchschaubar ist, dass man sie kaum noch als Lüge bewerten kann, sondern eher als eine Art Abschiedsphrase wie den klassischen Satz » Ich ruf dich dann an « o der » Wir sollten uns wirklich mal treffen «.
    Ich mache die Tür für sie auf und bleibe auf der Schwelle stehen, bis sich der Fahrstuhl nach unten in Bewegung setzt. Vom Balkon aus beobachte ich, wie sie zum Auto gehen. Aus Rogers Wohnung unter mir dröhnen Bässe.
    Ein Verbrechen erfordert einen Gesetzesbruch, ein Opfer. In diesem Fall gibt es nichts von beidem.
    Ich bin in einem Netz aus Widersprüchen gefangen: Ich versuche, ein Verbrechen zu verhindern, das weder in strafrechtlicher Hinsicht noch in praktischer Hinsicht je begangen worden ist. Ein Verbrechen, das kein Opfer hat. Ein Verbrechen, das, streng genommen, niemandem schadet. Mein Eingreifen wird einzig durch die Kulturerbeverordnung legitimiert. Ein Papiertiger, eine Sammlung schlafender Paragrafen. Der goldene Schrein gehört niemandem. Seit achthundert Jahren liegt er in der Erde wie ein unentdeckter Diamant in irgendeinem Felsspalt, wie eine versteckte Goldader. Der Schrein hätte dort noch weitere achthundert Jahre liegen können, hätte Professor Llyleworth nicht gewusst, wo er graben musste.
    Die Ironie des Schicksals ist bloß, dass ich der Gesetzesbrecher bin.
    5
    DER ABEND IST HELL und mild und voller stillen Glücks. Über der Zwergmispelhecke hängen Wolken winziger Mücken. Aus den Beregnungsdüsen quillt sanfter Nebel. Ich parke Bolla im Schatten eines Baumes über einem Himmel-und-Hölle-Spiel aus Kreide. Durch das geöffnete Sonnendach inhaliere ich den Duft von frisch geschnittenem Gras, Gegrilltem und der hereinbrechenden Nacht.
    Durch eine kleine Stichstraße spaziere ich zu einem schmiedeeisernen Tor, das einmal geölt werden sollte. Der Kies knirscht unter meinen Füßen. Ich gehe die Schiefertreppe hoch. Die Türglocke ertönt mit einem würdigen, tiefen Dangdong, wie in einer mittelalterlichen Kathedrale. Es dauert eine Weile, bis er öffnet. Ich sehe auf die Uhr. Bald sieben. Sicher hat er viele Ballsäle zu durchschreiten.
    Er trägt einen Morgenmantel mit einem Monogramm auf der Brusttasche. Seine grauen Haare hat er mit einem nassen Kamm nach hinten gekämmt. In der Hand hält er ein Glas Cognac. Er sagt kein Wort, sondern sieht mich nur verblüfft an.
    Er weiß es. Das erkenne ich an seinem Blick. Er weiß von dem Schrein. Weiß Bescheid über alles, was geschehen ist.
    » Bjørn! «, sagt er schließlich, als sei ihm gerade wieder eingefallen, wer ich bin.
    » Yes, Sir! Hier bin ich. «
    Aus irgendeinem Grund fühle ich mich wie ein verspäteter Bote oder wie ein ungehorsamer Diener. » Ich muss mit Ihnen sprechen. «
    Er lässt mich hinein. Sein Atem riecht nach Martell. Er wirft die Tür hinter mir zu und schließt ab.
    Die Frau von Institutsdirektor Frank Viestad habe ich noch nie getroffen, aber ich hatte sie schon oft am Telefon. Sie hört sich immer so an, als stünde sie kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Auch wenn es nur um das Essen geht, dessentwegen sie anruft. Jetzt steht sie in der Halle in der Mitte des Teppichs, gespannt, die Hände vor der Brust verschränkt. Sie ist fünfundzwanzig Jahre jünger als er und noch immer eine hübsche Frau. Ich werde wohl nie verstehen, warum sich begabte, attraktive Studentinnen in ihre ergrauten Lehrmeister verlieben. Obwohl ich wirklich der Letzte sein sollte, der sich zu diesem Thema äußert.
    Was macht sie wohl den lieben langen Tag in diesem weißen Haus inmitten des großen Gartens? Unsere Blicke verhaken sich eine Sekunde oder zwei, doch die Zeit reicht mir, um in ihre Welt aus Reue, Langeweile und Verbitterung einzudringen. Ich lächle sie höflich an, während mich Viestad an ihr vorbeiführt. Sie erwidert mein Lächeln. Ein Lächeln, das mich leicht auf den Gedanken bringen könnte, sie würde mich mögen.
    An der Wand hängen Grafiken von Espolin Johnson und farbstrotzende Aquarelle mit unleserlichen Signaturen. Wir gehen an einem kleinen Zimmer vorbei, das Viestad in der Regel als Bibliothek bezeichnet. Ein Kronleuchter klirrt leise.
    Sein privates

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