Egeland, Tom
geben sie uns ein alternatives Rahmenwerk für unser Verständnis –nicht nur der Evangelien selbst, sondern auch deren Herausgabe, der damaligen Zeit mit ihrer gesellschaftlichen Unruhe und des Entstehungsprozesses, der zum biblischen Kanon führte. Abhängig vom theologischen Standpunkt jedoch kann man sie auch als Beweis dafür lesen, dass der maßgebliche Kanon anscheinend das Ergebnis der bestmöglichen Auswahl nach historischen wie theologischen Kriterien ist.
Selbst wenn man nicht an Jesu Göttlichkeit glaubt, kann man mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Jesus als historische Gestalt existierte (mehr über Jesus aus theologischer Sicht ist auf der norwegischen Website www.jesusmessias.org zu finden). In meinen Augen bleibt der Wert seiner Philosophie –in einem Wort zusammengefasst: der Nächstenliebe –unangetastet, auch wenn man nicht an die Dogmen von der Auferstehung und der Sündenvergebung glaubt.
Ich freue mich, wenn Frevel – genau wie Sakrileg es getan hat –die Leser dazu anregt, ihre eigenen Antworten zu finden und gleichzeitig die Wahrheiten herauszufordern, die wir von den Autoritäten vermittelt bekommen –also der Kirche, den Professoren und Priestern, und was das anbelangt, auch von den Schriftstellern. Bei Frevel hatte ich in erster Linie die Ambition, einen herausfordernden und etwas andersartigen, spannenden Unterhaltungsroman zu schreiben, der Sie mit Fragen zurücklässt, die niemand beantworten kann, die zu stellen jedoch wichtig sind.
Die Quellen schlagen zurück
Z um Abschluss eine schrullige Fußnote: Im Oktober 2004 meldete The Daily Telegraph, Dan Brown werde wegen eines Plagiats verklagt. Von wem? Von niemand geringerem als den Verfassern von Der Heilige Gral und seine Erben: Michael Baigent, Richard Leigh und Henry Lincoln! Dem Telegraph zu folge sagt Leigh: » Es geht nicht darum, das s D an Brown gewisse Ideen geklaut hat, denn das haben viele andere auch gemacht. Doch er hat die gesamte Struktur und die Nachforschung benutzt –und diesen einen fiktiven Aufhänger verpasst. «
Es ist verlockend, die Anklage als PR-Trick von Leigh, Baigent und Lincoln zu betrachten –und als gänzlich unangemessen Brown gegenüber. Mit einem Hinweis auf deren Werk anerkennt Dan Brown Der Heilige Gral und seine Erben nämlich im Kapitel 60 offensichtlich –zusätzlich zu einer Kuriosität, die ganz im Geiste von Sakrileg steht: Der Name des Charakters Sir Leigh Teabing ist aus Richard Leighs Nachnamen und einem Anagramm aus den Buchstaben von Baigents Nachnamen zusammengesetzt. Im Roman nimmt Teabing ausgerechnet eine Ausgabe von Der Heilige Gral und seine Erben aus dem Regal und rühmt » die grundlegenden Prämissen « der Verfasser.
Nicht genug für Baigent, Leigh und Lincoln, die gerne Dan Browns strotzendes Bankkonto anzapfen möchten.
Unabhängig vom Ausgang eines etwaigen juristischen Nachspiels gibt es wenig Grund zur Annahme, dass die Publicity in nennenswertem Ausmaß den Verkaufserfolg eines der beiden Bestseller beeinträchtigen wird. Publicity, Kontroversen und öffentliche Aufmerksamkeit drehen sich ewig im Kreis –und es reizt mich, darauf hinzuweisen, dass in Wahrheit genau das ein Kreis ohne Ende ist.
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T om Egeland Oslo, im Oktober 2004
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LITERATUR UND QUELLEN
W er tiefer in die in Roman und Nachwort aufgeworfenen theologischen und historischen Fragen einsteigen will –sowie in die Fragen, die mit Sakrileg zu tun haben –, findet eine Fülle von geeigneter Literatur. Sie ist im lokalen Buchhandel erhältlich oder über das Internet. Hier ist eine kleine Auswahl:
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M annen som ble Messias (Karl Olav Sandnes und Oskar Skarsaune), Norsk Kristelig Studieråd/NRK/IKO
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A pokryfe evangelier (red.: Halvor Moxnes und Einar Thomassen), Verdens hellige tekster, De norske bokklubbene
J esus. Bibelens fire evangelier (red.: Jacob Jervell), Verdens hellige tekster, De norske bokklubbene
G nostiske skrifter (red.: Ingvild Sælig Gilhus und Einar Thomassen), Verdens hellige tekster, De norske bokklubbene
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D en historiske Jesus (Jacob Jervell), Land og kirke
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T homasevangelier (Svein Woje und Kari Klepp), Borglund forlag
J esus døde ikke på korset. Urevangeliet Q. (Svein Woje und Kari Klepp), Borglund forlag D a Vinci-koden (Dan Brown), Bazar forla g T he Da Vinci Hoax (Carl Olson und Sandra Miesel), Ignatius Press T he Holy Blood and the Holy Grail (Michael Baigent, Richard Leigh
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