Egeland, Tom
in der Forschung. «
Ich erzähle ihnen von Q. Vom Thomasevangelium.
Anschließend sprechen wir noch über die alten Zeiten. Über uns selbst. Selbst für Fachleute können meine Theorien mitunter etwas zu viel des Guten sein. Ich verlasse sie, als Kristin zu kochen anfängt. Leber in Sahnesauce. Guten Appetit.
4
DER POLIZEIBEAMTE IST GROSS und mager und voll von verbissenem Misstrauen. Er hat blasse Haut und etwas vorstehende Augen, als habe man ihn zu rasch aus tiefem Wasser nach oben gezogen. Ein Seeskorpion. Als er mich ansieht, denke ich, dass seinen Augen sicher nicht viel entgeht, nicht einmal dann, wenn sie geschlossen sind. Seine Lippen sind hart, entschlossen. Aber wenn er etwas sagt, geschieht das jedes Mal mit der piepsenden Stimme eines Eunuchen, was erklärt, warum er bei der Kripo arbeitet und nicht draußen auf der Straße unter finsteren Banditen. Er hat eine große, schwarze Aktentasche bei sich und einen übereifrigen Beamten, der meine Tür seit zwei Minuten mit einem Make-up -P insel bürstet.
Als ich den Einbruch gemeldet habe, habe ich mir die Freiheit genommen, mich als Repräsentant der Universität Oslo vorzustellen. Und dass der Einbruch in Zusammenhang mit einem Vergehen gegen die Kulturerbeverordnung stehen könnte, für das sich die Presse sicher interessieren würde. So etwas hilft in der Regel. Ich hatte kaum die Windjacke ausgezogen, als es auch schon an der Tür klingelte. Als hätten sie draußen in einem Auto auf mich gewartet.
Ich erkläre ihm, die Diebe könnten angenommen haben, dass sich auf meiner Harddisk Informationen über den Fund eines mehr als achthundert Jahre alten goldenen Schreins befinden, wobei ich bewusst ausweichend und zögerlich vorgehe, denn dieser Polizist gehört sicher zu denen, die meine Hypothesen sonst vorschnell als paranoide Konspirationstheorie einstufen würden.
Der Polizist pfeift. Achthundert Jahre hören sich alt an, und für ihn ist alles, was alt ist, auch teuer, zunächst weil es so alt ist und noch dazu aus Gold.
» Sind Sie anderer Meinung? «, fragt er. Es klingt nicht so, als schenke er meiner Vermutung Glauben. » Können Sie mir etwas mehr über diesen Schrein sagen? «
Vage beginne ich von der Ausgrabung in Østfold zu erzählen. Ich will nicht zu viel verraten, möchte aber trotzdem, dass er mir glaubt. Er hört mir aufmerksam zu. Holt ein Formular heraus und füllt es mit einem Kugelschreiber aus. Er ist gründlich. Seine Schönschrift würde noch immer ein Lob der Lehrerin gewinnen. Punkt für Punkt geht er seine Stichworte durch. Stellt präzise Fragen. Jedes Mal, wenn er zu mir aufblickt, fühle ich mich wie ein Lösungsheft voller Fehler.
» Was war Ihre Funktion beim Kloster Værne? «, fragt er.
» Ich bin Kontrolleur. Die Ausgrabung wird von einem englischen Archäologieprofessor geleitet. Ich bin als Repräsentant der norwegischen Altertumssammlung vor Ort. Sie wissen, di e F ormalitäten müssen wir da ernst nehmen «, füge ich in dem Versuch hinzu, ihn auf meine Seite zu ziehen. Gleichzeitig kommt mir in den Sinn, dass nicht ich ihm gesagt habe, dass die Ausgrabungen beim Kloster Værne stattgefunden haben.
» Gibt es außer Ihnen noch jemanden, der einen Schlüssel zu dieser Wohnung hat? «, fragt der Beamte mit dem Makeup-Pinsel.
» Meine Mutter «, sage ich und denke: und mein Stiefvater.
» Die Tür ist nicht aufgebrochen worden «, sagt er.
» Dieser Schrein «, piepst sein Chef, » ist der als solcher wertvoll? «
» Sehr! «
» Wo befindet er sich jetzt? «
Ich zögere. Da er Polizist ist, verspüre ich einen mentalen Reflex, ihm die Wahrheit zu sagen. Aber etwas hält mich zurück.
» In der Universität «, lüge ich.
» Ach ja? « Er schiebt den Unterkiefer vor und saugt die Luft zwischen Oberlippen und Zähnen ein, wobei ein zischender Laut entsteht. Dann atmet er aus. Es muss bloße Einbildung sein, dass sein Atem nach Tang und Meer riecht.
» Erklären Sie mir «, sagt er, » warum Sie glauben, dass der Einbruch in Ihre Privatwohnung hier in diesem Block etwas mit dem Goldschrein zu tun hat? «
Er ist ein tüchtiger Polizist. Die können ganz schön nerven. Sie stellen schwierige Fragen. Insbesondere, wenn man etwas zu verbergen hat. Ich bereue es längst, die Polizei gerufen zu haben. Als ob die etwas unternehmen könnte. Etwas anderes, als mir das Leben zur Hölle zu machen. Und mich mit quälenden Fragen zu drangsalieren. Dafür zu sorgen, dass der Schrein in die Hände gerät, in die er
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