Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)
geartete Wiederholung unmöglich zu machen. Gewiss war der Traum vom vereinten Europa, den Konrad Adenauer, Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl zusammen mit ihren Partnern dies- und jenseits der deutschen Grenzen geträumt haben, verständlich. Die Zeiten haben sich aber nun einmal grundlegend verändert. Das kommunistische System ist zusammengebrochen. Trotz der weiter andauernden kulturellen und sozialen Konflikte wächst die Welt unter dem unentrinnbaren Einfluss des Internets immer mehr zusammen. Wer nicht imstande ist, schnell und flexibel auf die täglich neu entstehenden wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen der Zeit zu reagieren, ist verloren. Da können auch wir Deutschen es uns wahrlich nicht mehr leisten, immer wieder auf die langsamsten Mitglieder in der Gruppe und auf deren unbewegliche Institutionen Rücksicht zu nehmen! Höchste Zeit also, zuallererst an uns selbst zu denken.
Hat nicht Hans Magnus Enzensberger, nun bestimmt eines rechts gerichteten Nationalismus unverdächtig, in diesem Sinne durchaus Recht damit, das »sanfte Monster Brüssel« für »die Entmündigung Europas« verantwortlich zu machen? Oder der Ökonomieprofessor Max Otte mit seiner Aufforderung, ohne weitere Verzögerung »den Euro zu stoppen«? Wäre also ein Ende mit Schrecken nicht allemal besser als ein Schrecken ohne Ende, der uns Deutsche doch bloß in den Abgrund ziehen würde?
Die Bundeskanzlerin pflegt zwar zu beteuern, dass das weitere politische und wirtschaftliche Zusammenwachsen Europas zur »deutschen Staatsräson« gehöre. Wie aber sieht für die einfache Frau und den einfachen Mann auf der Straße die nüchterne Wirklichkeit aus? Geht es nicht in Wirklichkeit um ein für niemanden mehr überschaubares Gewirr von 27 historisch, sprachlich, wirtschaftlich gänzlich verschiedenen, weder nach der Größe ihrer Bevölkerung noch nach deren Wohlstand wenigstens einigermaßen vergleichbaren Ländern? Beweist nicht der Erfolg billigster nationalistischer Parolen selbst in Ländern wie Finnland oder den Niederlanden, die traditionell der europäischen Einigung so zugeneigt waren, dass eine große Zahl ihrer Bürger an nichts anderes als an ihre eigenen Interessen denken?
Zumindest aus deren Sicht machen da schon wenige Stichworte deutlich, warum sich all die schönen Vorstellungen von einer echten Gemeinsamkeit der europäischen Nationen bisher als schiere Wunschträume, als leere Illusionen erwiesen haben.
Man hat uns gleich nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Systems weismachen wollen, dass es politisch zwingend sei, die endlich wieder frei gewordenen osteuropäischen Staaten – Polen, Ungarn, Tschechien, die Slowakei, Litauen, Estland, Lettland und Slowenien – nun ohne Verzug als Vollmitglieder in die Europäische Union aufzunehmen – ohne ernsthaft zu versuchen, zuerst einmal zu klären, ob sie auch die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen Als Gegenleistung haben wir uns nur den ebenso zähen wie erbitterten Widerstand des unverändert amtierenden tschechischen Präsidenten-Hardliners Vaclav Klaus gegen jegliche Schritte zur Verbesserung der gesamteuropäischen Handlungsfähigkeit eingehandelt.
Oder auch die wütenden Blockaden eines zutiefst deutschfeindlichen Zwillingspaars an der Spitze von Staat und Regierung Polens – vom Rückfall der gewählten Mehrheit des ungarischen Parlaments in offensichtlich vordemokratische Verfassungsvorstellungen ganz zu schweigen.
Offenbar sind unsere Politikerinnen und Politiker aus solchen oder ähnlichen Erfahrungen nicht klug geworden. Im Eilschritt und entgegen allen Warnungen haben sie gleich danach die Türen Europas auch noch für Rumänien und Bulgarien geöffnet, wo doch schon der oberflächlichste Beobachter wissen konnte, dass diese Länder aufgrund ihrer kommunistischen Vergangenheit weder in wirtschaftlicher und politischer noch gar in gesellschaftlicher Hinsicht reif für eine Mitgliedschaft waren.
Und zu alledem auch noch das Euro-Abenteuer! Wo doch jeder weiß, dass die Griechen, nicht anders als die Portugiesen und – wollen wir ehrlich sein – natürlich letzten Endes auch die Spanier und Italiener nun einmal eine grundsätzlich andere Einstellung zu Arbeit und Disziplin haben. Wie konnte man nur auf die Idee kommen, diesen Südeuropäern die Stabilität unserer bewährten D-Mark zu opfern? Hätte man nicht vielmehr auf die Warnungen bewährter Experten hören müssen, dass das Abenteuer einer gemeinsamen Währung in eine
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