Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)
loderndes Feuer entfachte. »Ich habe seit damals oft an dich denken müssen. Schade, dass du dich nicht wieder gemeldet hast. Ich war enttäuscht.«
»Ich hatte viel zu tun.«
»Und ab übermorgen bin ich fort! Ich gehe für ein paar Wochen zum Onkel nach Nienburg. Meine Tante bekommt demnächst ein Kind. So lange soll ich mich um die Kleinen kümmern.« Sie schaute ihn wieder an, plötzlich ernst geworden. »Bleibst du diesmal länger? Ich möchte dich gerne wiedersehen, wenn ich zurück bin.«
Ludolf war so verwirrt, dass er keinen Ton herausbrachte. Er konnte nur nicken. Dass dieses engelgleiche Wesen Gefallen an ihm fand!
»Als du plötzlich dastandst, hätte ich dich am liebsten sofort umarmt.«
Plötzlich beugte sich Susanna vor und schlang ihre Arme um seinen Hals. Langsam näherte sie ihr Gesicht dem seinen. Ludolf war wie gelähmt. Dann fanden sich ihre Lippen zu einem zarten, aber umso längeren Kuss.
Magd Petra
Völlig verstört folgte Agnes Wolfram bis zum Rathaus, wo er den festgenommenen Konrad ablieferte. Sie war schockiert und enttäuscht. Mit dieser Brutalität Wolframs hatte sie nicht gerechnet. Dafür konnte sie inzwischen für die Reaktion der Frau Verständnis aufbringen, denn Agnes war immerhin mit dem Hauptmann zu ihnen gekommen, und beide hatten gemeinsam die Familie befragt. In den Augen der Frau musste es also so aussehen, als ob Agnes das Verhalten des Hauptmanns billigte. Sie konnte Lyse keinen Vorwurf machen, nur diesem groben, ungehobelten Klotz Wolfram. Er hatte sich also doch nicht geändert.
»So! Da kann er bis morgen schmoren«, sagte der Hauptmann zur Stadtwache. »Morgen ist er bestimmt eher bereit, was zu sagen.«
Bisher war er nur mit dem Gefangenen beschäftigt gewesen, aber jetzt wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Agnes zu. Sie stand mit verschränkten Armen an der Tür vor der Wachstube und wirkte sehr verärgert. Ihr starrer Blick war in die Ferne gerichtet, die Lippen zu einem blassen Strich zusammengepresst.
»Was ist mit Euch los?«, rief er ihr zu.
»Könnt Ihr Euch das nicht vorstellen?«, kam es schnippisch zurück.
Der Hauptmann trat gereizt zu ihr. »Was denn? Der Kerl musste eingesperrt werden! Er kann der Mörder sein! Oder wollt Ihr das jetzt bestreiten? Das war immerhin Eure Idee! Außerdem wurde er handgreiflich.«
»Das meine ich nicht.«
Erstaunt zog er die Augenbrauen hoch. »Was sonst? Mehr is’ doch nich gewesen.«
»Und was ist mit der armen Frau?« Agnes schaute wütend zu ihm hoch. Wollte oder konnte er nicht verstehen?
»Nur weil sie die Gören nun alleine versorgen muss? Der Kerl hat doch sowieso keinen Finger gerührt und die wenigen Heller noch versoffen.«
»Warum musstet Ihr die Frau so schlagen? Das war nicht nötig. Sie hat sich verletzt. Wie wollt Ihr das wieder gutmachen, falls sie einen bleibenden Schaden davonträgt?«
Ärgerlich zuckte er die Schultern. »Ich habe mich doch nur gegen sie verteidigt!«
»Aber wie!« Damit drehte sich Agnes um und stapfte über den Marktplatz fort. Sie wusste nicht wohin, aber das war momentan völlig nebensächlich. Sie war aufs Tiefste enttäuscht und verärgert.
»Wartet!«, rief der Hauptmann ihr ungeduldig hinterher.
Agnes ging ungerührt weiter. Auf diesem Niveau hatte sie nichts mehr mit ihm zu bereden.
»Diese blöden Weiber!«, brummte Wolfram und trat nach einem halb verfaulten Apfel, den ein Händler aussortiert und auf den Marktplatz geworfen hatte. Wütend guckte er hinter der Scholasterin her. Schließlich eilte er ihr zähneknirschend hinterher. »Wartet bitte!« Vorsichtig hielt er sie am Arm fest.
Widerwillig bliebt sie stehen und schaute ihn misstrauisch an. Sie war gespannt auf seine Ausrede. Dass Frauen gefälligst zu kuschen hatten? Den Männern aufs Wort gehorchen mussten? Dass die Armen an ihrem Elend sowieso allein schuld waren? Dass niemand einem Hauptmann widersprechen durfte? Irgendetwas in dieser Art würde dem Kerl einfallen.
»Wollt Ihr, dass ich mich entschuldige?«, polterte der Soldat ungehalten.
»Wenn Ihr es genau wissen wollt, ja.«
»Weil ich mich verteidigt habe?«
»Nein. Weil Ihr Euch unverhältnismäßig brutal verteidigt habt. Ihr habt eine schwächere Person behandelt, als wäre sie groß und kräftig wie Ihr selbst. Eine Abwehr ihrer Schläge wäre ausreichend gewesen.«
Der Hauptmann wollte gerade eine ärgerliche Antwort geben, als er sich eines Besseren besann. Er starrte in Agnes’ böse funkelnden Augen und sah, wie aussichtslos
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