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Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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oder von vorn, hat man bestimmt seine Finger – und besonders die Daumen – nicht so schön in der Reihe, dass sie später durch ein Seil verdeckt würden. Ich nehme also an, das wäre mir aufgefallen.«
    »Und wenn er vorher mit einer Schlinge erwürgt worden wäre?«
    »Ihr meint also, nicht von Hand?«
    Ludolf nickte.
    »Die Schlinge liegt dann anders um den Hals als beim Erhängen. Vor allem im Nacken tiefer. Ich glaube, auch das wäre mir aufgefallen.«
    »Gab es sonst Wunden? Abschürfungen, Blutungen oder Blutergüsse vielleicht? Von Schlägen zum Beispiel.«
    »Gar nichts.«
    »Könnte er gezwungen worden sein, sich zu erhängen?«
    »Ich habe schon so manchen Toten gesehen. Auch Erhängte. Entweder vom Scharfrichter oder von eigener Hand. Aber diesmal habe ich nichts gefunden, was auf Zwang durch andere schließen ließe. Auch keine Risse an der Kleidung, zum Beispiel durch einen Kampf.«
    »Spricht aus Eurer Sicht etwas gegen einen Selbstmord?«
    »Eigentlich nicht. Und das ist das Schlimme. Ich weiß sehr genau, welch eine Schmach ein Selbstmord für die Angehörigen bedeutet. Ein Mord wäre sicherlich das kleinere Übel.«
    Plötzlich öffnete sich die Tür zum hinteren Teil des Hauses. Die beiden Männer schauten sich um. Susanna kam mit zwei Tonkrügen im Arm herein. Wie damals trug sie keine Haube über ihrem blonden, langen Haar, das sie zu einem dicken Zopf geflochten hatte. Das dunkelblaue Kleid stand ihr hinreißend und betonte ihre schlanke, zarte Figur. Sie war so mit ihren Krügen beschäftigt, dass sie zunächst den Besuch gar nicht bemerkte. Ludolfs Herz schlug wie wild. Er freute sich, sie wiederzusehen.
    »Darf ich Euch meine fleißige Tochter Susanna vorstellen?« Der Bader zeigte auf die junge Frau.
    »Oh, entschuldige bitte, Vater. Ich hatte noch gar nicht bemerkt, dass Kundschaft …« Jetzt erkannte sie Ludolf. Vor Überraschung rutschte ihr ein Krug aus dem Arm und fiel hinunter, zum Glück auf den Tisch. Getrocknete Blätter fielen heraus und verteilten sich zwischen den Flaschen. Aber das schien nebensächlich.
    »Ludolf.« Mehr konnte sie vor Aufregung nicht sagen. Nervös hantierte sie mit den Krügen und versuchte, die verstreuten Blätter einzusammeln.
    Meister Kolraven war überrascht. »Ihr kennt Euch?«
    Aufgeregt kam Susanna näher. Ihre Augen glänzten, und ihr strahlendes Lächeln verriet ihre Freude. Sie hielt Ludolf zur Begrüßung die Hand hin. Der ergriff sie. Aber viel lieber hätte er sie jetzt anders empfangen – nicht so förmlich. Dafür dauerte der Händedruck umso länger.
    »Das ist der Mann, von dem ich dir im letzten Jahr erzählte«, erklärte sie ihrem Vater. »Der sich so gut mit Tinkturen, Extrakten und all diesen Sachen auskennt. Der so gut in unser Geschäft passen würde.« Dabei lächelte sie Ludolf schelmisch an.
    »Ah!« Jetzt fiel es Kolraven wieder ein. »Und woher habt Ihr Euer Wissen?«
    »Meine Familie ist durch das Verwalteramt beim Stift Möllenbeck 5 gut versorgt. Und dank der Unterstützung der Äbtissin Heilwig, der Cousine des Bischofs Otto, und von Bischof Gerhard von Hildesheim, dem Bruder von Bischof Otto, konnte ich in verschiedenen Klöstern studieren und ein paar gute Lehrer kennenlernen. Ich stöbere sehr gern in Bibliotheken und durfte auch für einige Zeit in gut ausgestatteten Laboratorien experimentieren.«
    »Aber dann werdet Ihr sicherlich Eurem Vater im Amt folgen und kaum als Bader arbeiten wollen.«
    »Das weiß ich noch nicht. Ich habe mich noch nicht entschieden.«
    »Mein junger Freund, wählt gut und wählt mit Bedacht.«
    Der Bader bemerkte die Blicke zwischen seiner Tochter und seinem Besucher. Diese schienen ihn nicht zu stören, im Gegenteil: »So, Ihr zwei, ich muss noch ein paar Kranke besuchen und mich deshalb jetzt sputen. Lasst euch nicht stören.« Dann nahm er eine lederne Tasche vom Tisch und eilte nach einem kurzen Gruß zur Tür. Im Hinausgehen rief er noch: »Susanna, denk bitte an die Salbe für Meister Bellmann. Er will sie kurz vor Mittag abholen. Er braucht sie dringend. Und an die frischen Tinten für den Rat. Die sind auch bis Mittag fällig.«
    »Ja, Vater. Mach ich.«
    Kaum war der Bader aus der Tür, machte Susanna zwei zögerliche Schritte auf Ludolf zu. Einen endlos erscheinenden Augenblick sahen sie sich nur an. Der junge Mann war wieder bezaubert von ihren strahlend grünen Augen, ihren anmutigen Bewegungen und dem offenen Lächeln. Es folgte ein Augenaufschlag, der in ihm sofort ein wild

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