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Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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etwas mit dem Mord zu tun hat. Wen hast du denn hineingelassen?«
    Wieder warf er mit einer schnellen Bewegung seine Haare zur Seite. »Sie sagte, sie sei seine Schwester.«
    Agnes überlegte kurz. Das klang jetzt wirklich merkwürdig. »War das, bevor oder nachdem du den Toten gefunden hast?«
    »Sehr früh heute Morgen, noch bevor der Melmann kam, war ’ne Frau mit zwei kleinen Kindern in die Wirtsstube gekommen. Sie wollte jemanden sprechen. Den Namen kannte ich zwar nich, aber wie se den Mann beschrieben hatte, musste das der Gast von gestern sein. Ich wollte se über die Treppe hier zu ihm bringen. So wie Euch jetzt. Da fanden wir den Mann tot zwischen Fässern. Die Frau fing sofort an zu heulen. Da hab ich se schnell in die Kammer da gebracht. Erst dann sagte ich dem Melmann Bescheid.«
    Agnes war ganz aufgeregt. »Ist die Frau noch da?«
    Der Bursche zuckte mit den Schultern. »Denke schon. Ich hab nich gesehn, dass se weg ist. Wir waren ja alle im Hof.«
    »Wo ist das Zimmer? Schnell!« Jetzt wurde Agnes ganz unruhig.
    »Das nächste da.« Er zeigte auf eine Tür keine zwei Schritte entfernt.
    Die Scholasterin ging leise zur Tür und horchte. Erst war nichts zu hören. Doch nach einem Augenblick hörte sie die Stimme eines Kindes, dann die einer Frau. Agnes zögerte. Sollte sie Ludolf zur Verstärkung holen? Ach, was! Das konnte sie auch allein. Mit einer trauernden Frau sollte sie auch alleine fertig werden.
    Agnes klopfte. Keine Antwort. Sie klopfte wieder und rief dann: »Habt keine Angst. Ich komme jetzt herein.« Zum Burschen gewandt sagte sie: »Warte bitte hier draußen.«
    Sie drückte gegen die Tür, die sich knirschend öffnete. Vorsichtig blickte sie in den düsteren, kleinen Raum. An der Wand neben dem winzigen Fenster stand eine junge, hochgewachsene Frau mit einem Kind auf dem Arm und einem, das sich an ihr Bein klammerte. Die Möllenbeckerin trat ganz hinein.
    Da sagte die Frau erstaunt: »Ihr?«
    Agnes blinzelte. Gegen das helle Fenster konnte sie die Frau kaum erkennen. Sie kam noch zwei Schritte näher. Doch dann wurde alles klar. Dort stand die Bademagd Ingrid, völlig verweint mit geröteten Augen und am ganzen Leib zitternd.
    »Ihr seid die Schwester des Toten?«
    Ingrid nickte.
    »Das tut mir so unendlich leid«.
    Agnes schloss schnell die Tür und ging hinüber zu der jungen Mutter. Die beiden Frauen umarmten sich und Ingrid ließ ihren Tränen freien Lauf. Sie verfluchte den gemeinen Räuber, der ihr den geliebten Bruder gestohlen hatte. Eine ganze Zeit standen sie zusammen, bis die Bademagd sich wieder etwas beruhigt hatte.
    Schließlich nahm Agnes Ingrid das kleine Mädchen vom Arm. »Setzen wir uns doch auf das Bett«, schlug sie vor.«
    Die beiden Frauen setzten sich auf die einfache Schlafstatt, die aus groben Brettern zusammengenagelt worden war. Die einzige Polsterung für die Nacht war ein alter Sack mit zerdrücktem Stroh. Ingrid nahm den etwa vierjährigen Jungen auf den Schoß, während sich Agnes um das kleine Mädchen kümmerte.
    Jetzt erst fiel der Möllenbeckerin die Unordnung auf. Das Bett stand schräg im Raum, wo man es eher an der Wand vermutet hätte. Ein Beutel aus grobem Stoff, wohl der von Ingrid, ruhte zwar ordentlich beim Fenster an der Wand. Aber ein zweiter lag ausgeleert mitten im Zimmer, daneben ein achtlos weggeworfenes Hemd, ein halber Laib Brot, ein Stück Speck und zwei Leinentücher, in denen die Speisen eingewickelt waren.
    »Lag das hier schon so herum?«, wollte Agnes wissen.
    Ingrid nickte. »Das Bett war auch umgeworfen. Ich hab es wieder hingestellt.«
    »Sind das die Sachen Eures Bruders?«
    Sie nickte wieder und putzte sich mit dem Ärmel die Augen trocken.
    »Jemand muss die Sachen Eures Bruders durchwühlt haben. Warum bloß?«
    Die Bademagd zuckte mit den Schultern. »Er hatte doch kaum Geld. Er war doch nicht reich.«
    »Einen Moment bitte.« Agnes setzte das kleine Mädchen auf das Bett neben die Mutter und ging zur Tür. Der junge Bursche stand noch immer draußen auf dem Flur und wartete geduldig.
    »War hier jemand in der Kammer? Ich meine, außer der Frau, die du hereingelassen hast?«
    Der Halbwüchsige überlegte einen Moment. »Ich weiß nich. Ich hab keinen gesehen. Aber über die Treppe können alle Möglichen raufkommen.«
    »War einer von euch hier drinnen, dein Herr oder du?«
    »Nur als ich dem Gast die Kammer gezeigt hab. Ob der Melle da war, kann ich nich sagen. Aber der kommt nie hoch. Hat bestimmt Angst, die Treppe könnt

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