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Ehrenhüter

Ehrenhüter

Titel: Ehrenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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haben!», entgegnete Kemal Cetin heftig. «Ohne Anwalt sage ich nichts mehr.»
    Steenhoff nickte Block zu.
     
    Eine halbe Stunde später ging Kemal Cetin erhobenen Hauptes durch die Tür. Block begleitete ihn bis zum Ausgang, wo Murat im Auto auf seinen Vater wartete.
    «Warum lässt du ihn gehen, Frank?», fragte Fabian Block bei seiner Rückkehr unwillig. «Es spricht doch einiges dafür, dass es jemand aus der Familie war.»
    «Für einen Haftbefehl wird es kaum reichen», antwortete Steenhoff ruhig. «Aber für eine Telefonüberwachung vielleicht schon. Ich denke, Navideh und Michael haben die anderen Familienmitglieder mit ihren Fragen aufgescheucht. Vielleicht verraten sie uns ja etwas am Telefon.»
    Im selben Augenblick hörte Steenhoff gedämpfte Stimmen. Kurz darauf ging die Tür auf, und Petersen und Wessel kamen ihm auf dem langen Flur entgegen. Navideh sah blass und sehr müde aus.
    «Okay. Dann wollen wir mal», begrüßte Steenhoff die Kollegen und öffnete die Tür zu seinem Büro.
    Wessel sah demonstrativ auf seine Uhr. «Es ist schon verdammt spät, Frank. Können wir die Ergebnisse der Vernehmungen nicht morgen früh austauschen?»
    Steenhoff schüttelte den Kopf. «Du weißt so gut wie ich, dass wir keine Zeit verlieren dürfen. Aber ich verspreche dir, wir machen es so kurz wie möglich.»
     
    Wessel hatte Murat und seine Mutter vernommen, während Petersen nacheinander mit Saliha und Osman sprach. Übereinstimmend hatten sie berichtet, dass Nilgün am Montagabend nicht wie üblich um 19.00   Uhr nach Hause gekommen war und dass Besma Cetin daraufhin ihren Mann benachrichtigt hatte. Gemeinsam mit Murat hatte er sich daraufhin auf die Suche nach der Tochter gemacht. Osman war eine Adressenliste aller Mitschülerinnen von Nilgündurchgegangen und hatte mehrere Mädchen angerufen und nach seiner Schwester gefragt. Dann hatte er per Handy seinen Vater angerufen und sich mit ihm und Murat an einer Kreuzung in Walle getroffen, um die Grünanlagen im Stadtteil abzusuchen. Zuvor war Murat in zwei Jugendtreffs gewesen, um nach Nilgün zu suchen.
    «Ab diesem Zeitpunkt waren sie zu dritt und geben sich natürlich auch gegenseitig ein Alibi», sagte Wessel. «Gegen Mitternacht sind sie nach Hause zurückgekommen, angeblich ohne Nilgün gefunden zu haben», fasste er die Vernehmungsergebnisse zusammen.
    «Am Dienstagmorgen haben sich Murat und Osman vor Nilgüns Schule versteckt, um sie abzufangen.» Navideh schaute in ihre Notizen. «Angeblich konnten sie sich zwar vorstellen, dass ihre Schwester ohne Erlaubnis bei einer Freundin übernachtet hatte, nicht aber, dass sie die Schule schwänzen würde. Dass Nilgün einen Freund haben könnte, schien völlig außerhalb ihrer Vorstellungswelt.» Sie räusperte sich. «Nach Aussage von Osman haben sie bis einschließlich Donnerstag jeden Morgen vor der Schule auf ihre Schwester gewartet.»
    «Hat jemand sie dabei beobachtet?», erkundigte sich Steenhoff.
    Wessel schüttelte den Kopf. «Die Brüder sagten uns, dass die Familie nicht wollte, dass Nilgüns Verschwinden bekannt wird. Deshalb hätten sie auch nicht die Polizei benachrichtigt.»
    «Was ist mit der Kleinen? Wie heißt sie noch?»
    «Saliha», sprang Navideh Steenhoff bei. «Das Mädchen war praktisch nicht vernehmungsfähig. Sie saß nur apathisch auf dem Wohnzimmersessel.»
    «Wenn es ihr etwas bessergeht, müssen wir nochmal ansie ran. Die beiden Schwestern teilten immerhin ein Zimmer. Da erzählt man sich viel, wenn abends das Licht ausgeht. Navideh, das solltest du machen.»
    Petersen nickte. «Saliha hatte übrigens ein übergeschminktes Hämatom im Gesicht.»
    «Ich habe nichts gesehen», sagte Wessel überrascht. Auch Steenhoff hatte nichts bemerkt.
    «Jemand muss sie in den vergangenen Tagen geschlagen haben.»
    «Finde es heraus, Navideh», sagte Steenhoff ernst. «Hol sie notfalls aus dem Unterricht heraus, damit sie ohne ihre Eltern und Brüder mit dir sprechen kann.»
    Sie verabredeten, sich am nächsten Morgen um acht Uhr zur nächsten Besprechung im Präsidium zu treffen. Wessel und Petersen gingen gemeinsam nach draußen. Steenhoff machte sich noch einige Notizen, dann schaltete er das Licht aus und lief über den menschenleeren Flur zur Tür. Seine Tochter Marie kam ihm in den Sinn. Sie hatte in den vergangenen Jahren schon mehrere Freunde gehabt. Und wenn er ehrlich war, hätte er schon Maries erste Eroberung am liebsten zum Teufel gejagt. Dieser schlaksige Junge, der seine geliebte

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