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Ehrenwort

Titel: Ehrenwort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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bändigen und ihr den Mund zuzupflastern. Jenny wurde rabiat wie ein tollwütiger Hund und biss ihn in die Hand. Als er aufheulte und kurz locker ließ, schüttelte sie ihn mit einem kräftigen Stoß ab, sprang aus dem Bett und versuchte, durch die Garage zu entkommen. Er hechtete ihr nach, erwischte ihr Bein, und beide fielen zu Boden.

    Petra wurde durch einen markerschütternden Schrei aus dem Tiefschlaf gerissen. Träumte sie schon wieder von toten Männern? Diesmal lag kein Harald neben ihr und nahm sie schützend in den Arm. Sie war ganz auf sich allein gestellt. Jetzt nur nicht hysterisch werden, versuchte sich Petra zu beruhigen, wollte eine Hopfen-Baldrian-Tablette nehmen und wieder einschlafen. Da hörte sie ein fernes Poltern, das mit Sicherheit kein Traum war.
    Bevor sie nicht nachgeschaut hatte, käme sie doch nicht zur Ruhe, sagte sie sich, zog den Morgenmantel über und schlüpfte in die Pantoffeln.
    Als sie das Schlafzimmer verließ, das Flurlicht anmachte und die Treppe zum Erdgeschoss hinuntertappte, vernahm sie abermals einen sonderbaren Ton aus dem untersten Geschoss.
    Schon wieder ein Erpresser oder Einbrecher? Sollte sie den Notruf wählen und sich als Querulantin einstufen lassen? Wahrscheinlich klapperte nur ein Fenster in Max' Zimmer.
    Aus dem Souterrain schimmerte ein schwacher Lichtstreifen, der Petra befremdete. Tapfer stieg sie auch die nächste Treppe hinunter. Zwar klopfte ihr das Herz bis zum Hals, doch sie wollte es jetzt wissen. Die Tür zum hell erleuchteten Zimmer ihres Sohnes stand weit auf - und auch die zur Garage.

    Jetzt sah Petra zwei Gestalten, die sich auf dem Garagenboden wälzten. Entschlossen lief sie ins Zimmer ihres Sohnes und griff unter das Bett. Die Schusswaffe war anscheinend nach hinten gerutscht und nicht auf Anhieb hervorzuangeln; dafür lag das Eisenrohr griffbereit. Mit erhobener Stange stürzte sie zum Schlachtort und schrie: »Sofort aufhören, oder es kracht!«
    Falko hockte auf Jenny, ließ auch jetzt nicht von ihr ab, schielte hoch und erkannte für den Bruchteil einer Sekunde Pit Bulls berüchtigtes Metallrohr, das gleich darauf wie ein Fallbeil auf seinen Kopf niedersauste. Er gab einen jämmerlichen Laut von sich und muckste sich nicht mehr.
    Wie in Zeitlupe befreite sich Jenny aus Falkos Griff und rappelte sich auf. Sie war nur mit einem kurzen Hemd bekleidet und sah aus wie das wahnsinnige Gretchen, das gerade sein Neugeborenes ertränkt hat. Einen Moment lang starrten sich die beiden Frauen wortlos an.
    »Was geht hier vor?«, fragte Petra streng.
    »Wenn Sie Ihren Sohn lieben, holen Sie lieber nicht die Polizei«, stammelte Jenny. »Sie bringen ihn sonst nur in noch größere Schwierigkeiten.«
    »Aber irgendetwas muss man doch unternehmen!«, schrie Petra. »Okay, meinetwegen rufe ich vorerst nur einen Krankenwagen. Dieser Kerl ist schon einmal bei uns eingebrochen, ich verstehe überhaupt nicht, was er schon wieder hier will. Und auch nicht, was Sie hier zu suchen haben!«
    Jenny trat an Falko heran, tastete nach seinem Puls und sagte verwundert: »Er ist tot!«
    »Kann gar nicht sein!«, widersprach Petra. »Das ist höchstens eine Gehirnerschütterung.«
    »Fühlen Sie mal selbst«, sagte Jenny, »der ist hin! An Ihrer Stelle würde ich mir gut überlegen, ob ich jetzt einen Riesenwirbel mache, sonst kriegen auch Sie selbst Probleme.«
    »Aber ich bitte Sie!«, sagte Petra. »Was reden Sie denn da für Unsinn! Ich habe Ihnen gerade das Leben gerettet, das ist keine Straftat, sondern Bürgerpflicht.« Sie versuchte, gefasst zu klingen. »Trotzdem können wir ihn nicht einfach hier liegen lassen.«
    »Stimmt«, sagte Jenny, »wir müssen ihn loswerden. Ich helfe Ihnen und schaffe erst einmal das Motorrad hier weg. Bis gleich.«
    Und dann wurde aus Petras Albtraum Wirklichkeit. Zum Glück erinnerte sie sich an Haralds patenten Vorschlag, doch ihr Mann stand im Moment nicht zur Verfügung. Nach kurzem Überlegen rief sie seinen Spezi an. Schließlich hatte Harald ihm einen Millionenauftrag zugeschanzt, das konnte Jürgen nicht bloß mit einem Angelwochenende ausgleichen. Eine kleine erpresserische Bitte würde Wunder wirken.

26

    Der Tote lag bereits im Kofferraum. Jenny und Petra packten die Stange, um sie ebenfalls zu verfrachten und erstarrten plötzlich, weil von oben ein munterer Zuruf heruntertönte. Es musste der Alte sein, der nachts manchmal auf dem Balkon stand.
    Wie so off in letzter Zeit konnte er nicht durchschlafen - und bei Vollmond

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