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Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition)

Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition)

Titel: Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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schlappzumachen. Dazu besteht kein Grund.«
    »Dein Optimismus
in Ehren, Tom, aber so einfach, wie du tust, ist die Angelegenheit nicht. Ich weiß,
was du jetzt gleich sagen wirst, alter Freund: Ich habe Glück gehabt, mehr Glück
als Verstand. Wir beide, du und ich, werden schon einen Weg finden. Noch ist nicht
aller Tage Abend. Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Nichts für
ungut, Tom, aber davon kann ich mir nichts kaufen.«
    »Du darfst
jetzt nicht den Kopf verlieren. Das macht die Sache auch nicht besser.«
    »Hab Dank
für die aufmunternden Worte, Tom. Und für alles, was du für mich getan hast.« Morell
atmete laut und vernehmlich durch. »Du weißt, es kommt von Herzen.«
    »Warum so
mutlos, Don Juan? So kenne ich dich ja gar nicht.«
    »Willst
du es wirklich wissen, alter Junge?«
    »Na, so
alt nun auch wieder nicht. Schieß los.«
    Ein Lächeln
im Gesicht, drehte sich Theodor Morell alias David Rosenzweig um. Fast gleichzeitig
wich Sydow einen Schritt zurück. Dies war nicht mehr der Theodor Morell, den er
kannte, der Lebenskünstler, der nur das sah, was er sehen wollte. Dies war ein vor
der Zeit gealterter Mann, der Blick fahrig und stumpf, und die Stimme, mit der er
die Damenwelt betört hatte, brüchig und kaum wiederzuerkennen. Binnen kürzester
Zeit war der unverbesserliche Charmeur zu einem gebrochenen Menschen mutiert, verzagt,
ohne Mut und des Lebens müde. »Weißt du, irgendwie ist alles wie früher.«
    »Wie …?«
    »Du weißt
genau, was ich sagen will, Tom.« Im Licht der Neonröhren an der Decke sah Rosenzweig
wie ein lebender Leichnam aus, die Augen wie zwei dunkle Glaskugeln, reglos und
starr in den Höhlen. Einzig in den Lippen, so schien es, steckte noch Leben, wenngleich
es nicht einfach war, die nun folgenden Worte zu verstehen: »Ich sehe es dir an.
Reden wir nicht um den heißen Brei herum: Weder du noch ich hätten sich das, was
heute geschehen ist, auch nur im Entferntesten träumen lassen. Natürlich weiß ich,
dass das Dritte Reich untergegangen ist, aber wer garantiert mir, dass es nie wieder
auferstehen wird? Siehst du – jetzt kommst du ins Grübeln, Tom. Hitler tot, Goebbels
tot, Himmler tot – und der Ungeist, den sie in Umlauf gebracht haben, immer noch
nicht ausgetilgt. So weit ist es mit uns gekommen. Schüsse aus dem Hinterhalt, ein
Mord, der mit allen Mitteln vertuscht werden soll, Methoden, wie sie vor 20 Jahren
gang und gäbe waren. Und ich harmloser Tor habe geglaubt, jetzt brechen bessere
Zeiten für mich an. Falsch gedacht! Die Peiniger von einst haben mehr Einfluss,
als man denkt, sie sind wieder salonfähig geworden. Wenn es etwas gibt, was mich
der heutige Tag gelehrt hat, dann dies. Leute wie Eichmann sterben nicht aus, da
mache ich mir keine Illusionen.«
    »Kann es
sein, dass du die Lage zu pessimistisch siehst?«
    »Das sagt
gerade der Richtige. Warst du es nicht, der immer betont hat, dass längst noch nicht
alle Verbrechen gesühnt worden sind? Na also. Ich sehe, wir verstehen uns.«
    »Du wirst
doch nicht etwa behaupten, dass sich seit damals nichts geändert hat!«
    »Ich will
dir mal was sagen, Tom: Wenn du glaubst, die Dinge haben sich zum Besseren gewendet,
irrst du – und zwar gewaltig.«
    »Komm schon,
Theo, das meinst du doch nicht ernst.«
    »David,
Herr Kriminalhauptkommissar, David. Weißt du, was das Gute an dem Schlamassel ist?
Ich weiß wieder, wo ich hingehöre. Nach innen Rosenzweig, nach außen Morell, auf
Dauer hält das keiner aus.« Der Mann, hinter dem nicht nur der BND, sondern in Kürze
auch die CIA und der israelische Mossad her sein würden, biss die Zähne zusammen,
stützte sich auf die Ellbogen und bekannte: »Auf die Gefahr, dein Missfallen zu
erregen, Tom – während all der Jahre, in denen das Böse zu triumphieren schien,
kam ich mir stets wie ein Verräter vor. Ich weiß nicht, ob du das verstehst, aber
ich wurde das Gefühl nicht los, auf ganzer Linie versagt zu haben. Da werden Millionen
zur Schlachtbank geführt, vergast, erschossen, gefoltert, gequält. Und ich? Ich,
Theodor Morell, war zu feige, etwas dagegen zu unternehmen. Zog es vor, mich in
einer Gartenlaube zu verstecken. Wartete ab, bis die Gräber zugeschaufelt, die Toten
verbrannt und die Wenigen, die das Pech hatten, zur Verantwortung gezogen zu werden,
hinter Schloss und Riegel saßen. Um anschließend, nachdem sich der Pulverdampf verzogen
hatte, zur Tagesordnung überzugehen. Ich habe Schuld auf mich geladen, Tom, ich
war keinen Deut

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