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Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition)

Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition)

Titel: Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Brückenmitte eskortierten. Dort blieben sie plötzlich stehen, lockerten
ihren Griff – und kehrten um.
    Für den
Bruchteil einer Sekunde blieb Sydows Stieftochter stehen, unsicher, das Erlebte
zu begreifen. Dann richtete sie den Blick auf die Frau, die sich aus dem Pulk der
Wartenden löste, die Hände vor den Mund schlug und ihr mit ausgebreiteten Armen
entgegeneilte.
     
    *
     
    »Na, sind Sie jetzt zufrieden, Herr
Kommissar?«, fragte der distinguierte ältere Herr, nachdem Sydow darauf bestanden
hatte, seine Familie zum Wagen zu begleiten und die Abfahrt der beiden Frauen abzuwarten.
»Ich würde sagen, jetzt sind Sie am Zug.«
    »Sieht ganz
danach aus«, antwortete Sydow und blickte seinem Aston Martin hinterher, dessen
Rücklichter in der Dunkelheit verschwanden. Außer dem Agenten, dessen Namen er wohl
nie erfahren würde, befand sich niemand in der Nähe, und es schien, als sei alles
nur ein Spuk gewesen. »Meine Hochachtung, das haben Sie schlau eingefädelt.«
    »Fragt sich,
wer hier wen vor den eigenen Karren gespannt hat«, erwiderte der Grandseigneur,
zündete sich einen Zigarillo an und entfernte sich aus dem Lichtkegel, den eine
Laterne auf den menschenleeren Bürgersteig warf. »Sie oder ich.«
    »Wenn Sie
glauben, jetzt leichtes Spiel zu haben, haben Sie sich geschnitten.«
    »Anstatt
mir Absichten zu unterstellen, die ich nicht habe, sollten Sie mir wenigstens ein
bisschen …«
    »Dankbar?
Ich Ihnen? Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst.«
    »Doch, ist
es!«, bekräftigte die Stimme des Mannes, dessen Silhouette nur noch schemenhaft
zu erkennen war. »Eine Hand wäscht bekanntlich die andere.«
    »Pech, dass
Morell Ihnen zuvorgekommen ist, was?«
    »Ich weiß
wirklich nicht, wovon Sie sprechen, Herr Kommissar.«
    »Sie verlangen
doch nicht, dass ich Ihnen glaube, oder?« Bebend vor Zorn, wechselte Sydow das Thema
und fragte: »Und was ist mit dem Tatzeugen? Und der Kassiererin? Wollen Sie mir
etwa weismachen, Sie hätten nichts mit ihrem Tod zu tun?«
    »Dienstgeheimnis,
Herr von Sydow.« Der Tonfall des BND-Führungsoffiziers verschärfte sich. »So, und
jetzt darf ich Sie bitten, mir die Karteikarte auszuhändigen. Damit Sie möglichst
schnell nach Hause kommen, Herr Kriminalhauptkommissar .«
    »Lassen
Sie meine Familie in Ruhe, sonst kriegen Sie es mit mir zu tun!«
    »Was bilden
Sie sich eigentlich ein, Sydow? Denken Sie etwa, Sie sind etwas Besseres? Um Ihre
Stieftochter freizubekommen, haben Sie nicht gezögert, Ihre Pflichten zu vernachlässigen,
und jetzt kommen Sie daher und wollen mir Vorschriften machen! Finden Sie das nicht
ein wenig merkwürdig, Herr Kommissar? Oder sind Sie etwa der Meinung, alles richtig
gemacht zu haben? Und was diesen Morell betrifft: Wäre ich an Ihrer Stelle gewesen,
hätte ich den Mann nicht mehr aus den Augen gelassen. Und was tun Sie? Sie können
es gar nicht abwarten, aus dem Krankenhaus zu verschwinden. Wenn das Pflichterfüllung
ist, weiß ich auch nicht mehr. Jede Münze hat zwei Seiten, jemand wie Sie müsste
das eigentlich wissen.« Der BND-Agent schnappte hörbar nach Luft. »Jetzt hören Sie
mal gut zu, Sydow: Wenn Sie nicht wollen, dass Ihrer Familie etwas zustößt, rücken
Sie gefälligst die Karteikarte raus. Das ist mein letztes Wort, haben wir uns verstanden?«
    Sydow lachte
verächtlich auf. »An Ihrer Stelle, Sie Mörder , würde ich mir keine falschen
Hoffnungen machen. Irgendwann kommt nämlich der Punkt, an dem Sie Farbe bekennen
müssen. Unter uns: Ich kenne da ein paar Leute, die es nicht abwarten können, Ihnen
ein Bein zu stellen.«
    »Denken
Sie, ich lasse mir drohen? Die Karteikarte, oder Sie werden sich die Radieschen
von unten an…«
    »Hier, nehmen
Sie.« Sydow griff in die Brusttasche, förderte die Karteikarte zutage und knurrte:
»Damit Sie Bescheid wissen: Es existieren mehrere Fotos davon. Bestens verwahrt,
wie ich wohl nicht eigens betonen muss. Will heißen: Wenn mir, meiner Familie oder
meinen Kollegen auch nur das Geringste passiert, können Sie sich auf was gefasst
machen. Schönen Abend noch, und grüßen Sie mir Ihre Kameraden!«

24
     
    Berlin-Wannsee, Sydows Haus
in der Seestraße │ 23:55 h
     
    Im Haus am Wannsee war Ruhe eingekehrt,
und das einzige Geräusch war der Wind, der über die Blumenrabatten, Stauden und
Hecken strich. Er umgarnte die Birken auf der Seeseite, wehte durch den nahen Laubengang
und zerrte am Dach des Teepavillons. Von den Bewohnern, mittlerweile vier an der
Zahl, war hingegen nur noch

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