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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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indisch-bayerische Tandoori-Yin-Yang-Multikulti-Haxe des Universums.«
    Tosender Applaus brandete über alle ketzerischen Kommentare hinweg, um den Römertopf bildete sich bereits eine Menschentraube, und Lutz stürzte ins Haus, um, wie er aufgeregt bekanntgab, sofort mit der Produktion von Haxe Nummer zwei zu beginnen. Sein Rücken leuchtete rot wie das Feuerwehrauto, das unter den Klängen eines neuen Marsches der Kapelle vom Platz rollte. Alexander Strobl nahm mich sanft am Ellenbogen.
    »Frau Zuhlau, schauen Sie, wir können diesem Wahnsinn ganz schnell ein Ende machen, wenn Sie den Antrag stellen.«
    Haxngegner und Haxnbefürworter umringten jetzt Julia und die Sächsinnen, die vorsichtig die Haxe tranchierten, die Menge begann zu stoßen und zu schieben. Bis Lutz in der offenen Haustür erschien.
    »Es ist genug für alle da«, rief er beschwingt, »der Bürgermeister soll zuerst probieren!«
    »Machts Platz für den Herrn Bürgermeister, er soll die Haxn probiern!«, erscholl das Echo von allen Seiten, und das Wunder geschah: Die entfesselte Menge teilte sich, bildete eine Gasse, durch die unter feierlichem Applaus der Bürgermeister von Neuenthal auf die Haxe zuschritt.

    »Chris?« Ich stand im verwilderten Garten. Die Zelte blähten sich im Wind, der Himmel zeigte erste Schlieren von Abendrot. Nach der Lobrede des Bürgermeisters auf die Völkerverständigungshaxe, mit der Thereses Café dem Campingrestaurant und seinem mickrigen Brathendl Taiwan schnell den Rang ablaufen würde, hatte es kein Halten mehr gegeben. Lutz hatte die nächste Haxe produziert und gleichzeitig das versprochene Gemüsereisgericht auf dem improvisierten Campinggaskocher gezaubert. Das Sperrmüllcafé quoll über vor Probierwilligen, sogar die Strobls, Franzi, Özcan und die Polizisten aßen von der Völkerverständigungshaxe. Nur Therese verweigerte jegliche Nahrung, sowohl Haxe als auch die Leberkassemmeln, angeboten von einer immer verzweifelteren Nail-Art-Metzgerin, die ein neues Schild aufgestellt hatte: »Pro Nageldesign eine Leberkassemmel gratis«.
    All das konnte ich meiner Chefin unmöglich erklären. Was Christiane auch nicht von mir verlangte, sie murmelte nur, es täte ihr leid, sie hätte zu tun gehabt, sie käme gleich. Oder zumindest bald.
    »Wo bist du?«
    »Beim Notar. Du liebe Güte, was ist das denn für ein Krach?«
    »Ach, das ist nur der Hardrock-Männerchor, zusammen mit der Blaskapelle. Und der Akkordeonspieler aus dem Nachbarort ist auch noch dabei. Ich glaube, es ist irgendein Oldie.«
    »Smoke on the Water«, sagte Christiane.
    Jetzt erkannte ich es auch. Eine Freundin hatte den Anfang des Liedes als Klingelton.
    Ich entfernte mich, das Telefon ans Ohr gepresst, von dem gegrölten, geblasenen und vom Akkordeon umspielten Refrain, ging Richtung Seeufer.
    »Hast du deine Mailbox schon … äh … abgehört?«
    »Nein. Sollte ich?«
    »Nein, nein, nein. Bloß nicht. Äh, ich meine, nicht nötig. Ich erklär dir alles. Sie sind übers Dach gekommen. Therese hat die Feuerwehrmänner erpresst, womit genau, weiß ich nicht. Es hat etwas mit der Negligéparty zu tun, mit irgendwem, der eingeschlafen ist, mit einer Unterhose auf dem … Egal, es steht morgen sowieso in der Zeitung. Und Lutz macht jetzt schon die dritte Haxe, aber er hat keinen Fenchel mehr, um das Yang der Karotte auszugleichen. Sie haben mich gefragt, ob ich in den Biomarkt fahre, allen Ernstes, zum Ausgleich für alles, was ich angerichtet habe. Dabei hab ich doch gar nichts getan! Ich hab sogar selbst den Ofen abgestellt, und was kann ich dafür, dass das Seil gerissen ist und Lutz nackt in die … Sag mal, sind Brennnesseln wirklich so gut gegen Rheuma?«
    »Gina. Jetzt atmest du einmal ganz tief ein, ja? Und dann ganz langsam wieder aus.«
    Ich befolgte die Anweisung meiner Chefin, dann wiederholte ich freundlich, aber bestimmt, was ich ihr schon auf die Box gesprochen hatte: Ob sie wünsche, dass ich einen Strafantrag stellte und unterschriebe?
    Inzwischen war ich am Ufer angekommen. Verlassen lag der Strand. Nur auf dem Bootssteg saßen zwei Menschen. Quirin und Susn. Sie tippte etwas in ihr Handy, auch er hielt sein Telefon ans Ohr. Wahrscheinlich gaben sie der gesamten Umgebung bekannt, dass sie wieder zusammen waren. Außerdem den Termin ihrer Verlobungsfeier.
    Ich machte kehrt, marschierte mit riesigen Schritten in die entgegengesetzte Richtung, bog ab auf den Waldweg. Stille. Gesumm von zwei Mückenehepaaren, die sich zu einem

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