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Eifel-Liebe

Eifel-Liebe

Titel: Eifel-Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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war ein klassisches, lang gezogenes Straßendorf, hübsch hergerichtet, richtig anheimelnd. Zwar wusste ich nicht, wie die Dame hieß, aber in Eifler Dörfern sind das keine Hemmnisse, im Gegenteil, die Leute werden gern gefragt.

    Mit den Worten: »Wo wohnt denn die Verlobte von Klaus Mertes?«, steuerte ich eine ältere Frau an, die keuchend ein Blumenbeet im Vorgarten beharkte.

    »Die Jule?«, fragte sie. »Die wohnt ein paar Häuser weiter auf dieser Seite bei ihren Eltern. Da musse sein. Ach Gott, ist das alles schrecklich.«

    »Ja, ja«, erwiderte ich und gab wieder Gas.

    Das Haus war neu und an beiden Ecken mit einem Türmchen besetzt, als gelte es Ausschau nach irgendwelchen Feinden zu halten. Es gab zwei Klingeln, beide ohne einen Namen. Klar, jeder normale Eifler würde auf Nachfrage sagen: »Wieso Namen? Weiß doch jeder, wer da wohnt!«
    Sicherheitshalber drückte ich auf beide Knöpfe und sofort erschien eine ältere Frau, die über die Schulter zurück in das Haus hineinrief: »Ich geh schon, Julchen. Bleib da.«

    Mit ihrem rosigen Hausfrauengesicht wirkte sie sehr freundlich.

    »Ich bin Siggi Baumeister. Ich möchte gern mit Ihrer Tochter Jule über Klaus Mertes sprechen. Ich muss dazu sagen, dass ich auch in der Eifel lebe und Journalist bin.«

    »Och jeehh!«, machte die Frau. »Da kommen so viele. Und das Fernsehen auch. Ich weiß nicht.« Sie wischte ihre Hände an der Küchenschürze ab und musterte mich misstrauisch. »Woher sind Sie?«

    »Ich lebe in Dreis-Brück und …«

    »Das kenn ich, ich hab da eine Cousine.«

    »Das ist schön«, freute ich mich. »Hat die Jule ein paar Minuten Zeit? Wenn Sie sich unsicher sind, bleiben Sie doch einfach bei dem Gespräch dabei.«

    Diese Variante des uralten Spiels war ihr neu – es war meine Eintrittskarte.

    »Ja, wenn Sie meinen. Dann kommen Sie mal mit.« Die Frau drehte sich um, ging die Kellertreppe hinunter, öffnete eine Wohnungstür und sagte: »Da ist ein Herr aus Dreis-Brück. Und er sagt, ich kann dabeibleiben.«

    »Mama«, antwortete eine schöne Altstimme. »Ich bin schon erwachsen.«

    »Das sagt ihr alle«, erwiderte die Hausfrau schnippisch. »Kommen Sie mal mit.«

    Wir betraten eine helle, freundliche Wohnung mit einer breiten Fensterfront zu einem Garten hin, der voll blühender Blumen war.

    Die Frau, die Jule hieß, saß in einem Sessel und starrte rauchend in diesen Garten. Sie trug ein schwarzes T-Shirt zu schwarzen Jeans und dazu flache schwarze Schuhe. Sie stand nicht auf, sagte dunkel und rauchig: »Setzen Sie sich. Was kann ich für Sie tun?« Sie würdigte mich keines Blickes.

    »Ich wollte wissen, ob Sie eine Ahnung haben, weshalb jemand Ihren … Mann so einfach auf eine weite Distanz erschießt?«

    »Nein, woher?« Jule war dunkelhaarig, ihre Hände zitterten nervös, sie spielte mit der Zigarette.

    »Kind, du rauchst zu viel«, sagte Mama besorgt.

    »Ja, Mama.« Nun wandte sie sich zu mir. »Warum fragen Sie das? Die Mordkommission hat mir die Seele viele Stunden lang sehr gründlich ausgequetscht. Diese Leute benehmen sich irgendwie abartig. Sie wollen nicht begreifen, dass zwei Menschen niemals absolut alles vom anderen wissen. Ich habe keine Ahnung, weshalb Klaus in Duppach war. Klaus hatte keine Feinde, das kann ich mir nicht vorstellen. Und ich weiß nicht, weshalb er diesen Bliesheim in diesem blöden Kaufhaus getroffen hat.«

    Sie war der Typ Frau, die ihre Hilflosigkeiten mühelos hinter klug klingenden Worten versteckte, die sich blitzschnell auf neue Situationen einstellen konnte, die selbst in Krisen lächelnd auf ihre Ahnungslosigkeit pochte. Für Journalisten ist dieser Typ gefährlich: eine kluge Lügnerin.

    »Das alles hat mir die Mordkommission auch schon erzählt«, erwiderte ich brav. »Aber, ehrlich gestanden, kann ich nicht glauben, dass Sie vollkommen ahnungslos sind.«

    »Sie bezweifeln das?« Sie bewegte sich träge und zündete sich eine neue Zigarette an.

    »Richtig, ich bezweifele das. Darf ich auch rauchen?«

    »Oh, klar, kein Problem.« Sie wedelte manieriert mit der rechten Hand.

    »Es stimmt doch, dass Sie zusammen mit Klaus Mertes nach Neuseeland auswandern wollten?«

    »Ja. Klaus hatte dort eine Stelle als Förster, ich wollte dort mein Studium, Biologie, beenden. Ich reise trotzdem dorthin.«

    »Kind«, sagte die Mama matt. »Das musst du dir noch mal überlegen. Das ist doch viel zu riskant. In einem fremden Land, so weit weg. Allein. Hast du dein Beruhigungsmittel

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