Eifel-Liebe
fast noch schrecklicher.«
»Wissen Sie, dass er nicht der zurückgebliebene Mann war, als den ihn das Dorf verkauft?«
»Klar weiß ich das. Er lieh sich Bücher von mir, er konnte nicht genug kriegen. Er war so still. Und immer hilfsbereit.«
Wir schwiegen wieder. Ich stopfte mir eine Winslow, die einen wie eine Schraube gedrechselten Holm hat.
»Was meinen Sie, kann Elvira Klein einen Mann kennen gelernt haben, von dem niemand etwas wusste?«
Er kaute an einem Grashalm und antwortete träge: »Denkbar ist alles. Aber eigentlich müssten das doch die beiden anderen Frauen wissen, Anna Hennef und Gundula Pechter. Die drei hockten immer zusammen, ich glaube nicht, dass sie ein Geheimnis voreinander hatten.«
»Verdammte Hacke!« Ich wurde angesichts seiner heiteren Gelassenheit schon wieder zornig. »Elvira Klein hat mit dem zufällig anwesenden Bauunternehmer Andreas Forst, einem Mann doppelt so alt wie sie, fröhlich im Sonnenschein auf einer Decke am Waldrand gevögelt. Dafür gibt es einen Zeugen. Wissen Sie, was mich stört? Ihre verdammte, fröhliche Trägheit, mit der Sie alles Miese zudecken.«
Kurz zuckte er zusammen. »Warum greifen Sie mich an? Was soll das bringen? Ich bin nicht der Mörder von Elvira oder Kinsi. Was sollen diese Unhöflichkeiten?«
»Tut mir Leid, war nicht so scharf gemeint. Aber was halten Sie davon, dass Elvira Klein mit Andreas Forst schlief?«
»Was soll ich davon halten?«, antwortete er einfach. »Menschen sind so, das geschieht. Schlimm ist das doch nur für Dritte, die damit leben müssen. In diesem Fall für Gernot Meyer. Und dem, das wiederhole ich, ist so etwas furchtbar egal, solange es nicht öffentlich wird.«
»Das kann ich nicht glauben«, murmelte ich an meiner Pfeife vorbei. »Was Anna Hennef da mit ihrem Rolli angestellt hat, war auch nicht gerade das Gelbe vom Ei. Das hat Rolli die ganzen Träume seines Lebens zerschlagen.«
»Richtig, das war ekelhaft«, gab der Kaplan nachdenklich zu. »Das war oberekelhaft. Ich wollte mit Rolli reden, einfach nur reden. Manchmal hilft das. Er wollte nicht. Er wandte sich ab, als sei ich vom Teufel geschickt.«
»Was ist denn dieser Forst für ein Typ?«
»Ein klassischer Patriarch«, antwortete er schnell. »Jemand, der sich zurückgezogen hat, der aber immer noch sämtliche Fäden in der Hand hält. Der kann wahrscheinlich gar nicht anders. Er betrachtet die ganze Menschheit als seine Familie und er legt Wert auf die Feststellung, dass er allein ganz genau weiß, was für jeden Einzelnen gut ist. Und wehe, jemand widerspricht ihm.«
»Wissen Sie etwas von krummen Geschäften?«
»Was meinen Sie mit krummen Geschäften?«
»Ich habe keine Beispiele«, sagte ich langsam. »Ich hörte davon, dass Bliesheim ständig über viel Bargeld verfügt.«
»Davon weiß ich nichts«, er kaute wieder auf seinem Grashalm. »Aber ich bin ja auch nur ein seltener Gast in der Clique. Von Geschäften irgendwelcher Art war nie die Rede, wenn ich dabei war.«
»Wo trifft sich die Clique eigentlich?«
»Fast immer bei Gundula Pechter. Oder in der Jagdhütte. Bliesheim hat vom alten Forst eine Jagdhütte übernommen.«
»Dann fasse ich mal zusammen: Die Clique ist beziehungsweise war, wie Sie sagen, keine besondere Clique, sondern ein Haufen netter Leute, die sich ab und zu trafen, und von irgendwelchen kriminellen Machenschaften oder undurchsichtigen Transaktionen ist Ihnen nichts bekannt?«
»Richtig«, sagte er heiter.
»Dann muss ich jetzt einmal ans Eingemachte gehen, Herr Pfarrer. Dass Sie Ihre Schäfchen schützen, ist verständlich, aber auch dumm. Sie riskieren zum Teil schon einen recht tiefen Einblick in betroffene Persönlichkeiten, aber das alles schwimmt auf der Fettbrühe wohl dosierter priesterlich-väterlicher Zuwendung. Der eine ist bestenfalls das Feigenblatt für den anderen, der andere hat bestenfalls Geld und Macht – aber irgendwie merkwürdig ist eigentlich nix. Ich hoffe, Sie verstehen, worauf ich hinauswill. Nein, ich weiß, dass Sie das verstehen, denn Sie sind ein intelligenter Kopf mit schneller Auffassungsgabe. Sie behaupten: Eigentlich habe ich ja nichts mit denen zu tun. Schauen Sie mich jetzt nicht an wie ein waidwunder Dackel, sondern hören Sie sich das an: Da sitzt Rolli Hennef im Haus von Gundula Pechter, um seine Frau abzuholen. Kommt Bliesheim in das Haus, wohlverstanden: Er hat anscheinend einen eigenen Hausschlüssel, und sagt in höchster Eile, er bräuchte mal schnell
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