Eifel-Liebe
Ecke ich sie packen konnte. »Noch mal zu Markus Klinger. Er hat ja nun versucht, sich das Leben zu nehmen und …«
»Das ist schwer sündhaft!«, schmetterte Gernot Meyer und nickte dazu, als müsse er sich von der Richtigkeit seiner eigenen Worte überzeugen.
Ich beachtete ihn nicht, ich sah Gundula Pechter an, die vom Trompetenstoß ihres Kumpans schmerzlich getroffen schien und zusammenzuckte.
»Na gut, der Kaplan hat schwer sündhaft versucht, sich das Leben zu nehmen. Ich möchte wissen …«
»Als Priester ist er ein Versager!«, sagte sie heftig.
»Heißt das, dass Sie sich von ihm distanzieren?«, fragte ich schnell.
»Tja«, murmelte Gernot Meyer, »da bleibt uns ja nix anderes übrig, oder?«
»Die Clique bläst zum Rückzug«, grinste ich. »Wieso ist der Kaplan ein Versager? Etwa weil er schwul ist? Priester, die mit ihrer Haushälterin vögeln oder mit der Mama von einem Ministranten, sind in Ordnung, solange sie das unter der Decke halten, nicht wahr? Nicht in Ordnung ist aber, wenn ein Kaplan homosexuell ist und dann auch noch die Gemeinde darüber redet. Wie, um Gottes willen, vereinbaren Sie diese Bigotterie mit Ihrer Seele? Der Klinger soll ein guter, ein liebevoller Priester sein, hörte ich.«
Die Stimme der Pechter kam abgehackt und atemlos. »Die Leute wissen doch gar nicht, wovon sie reden.«
»Oh, die Leute entscheiden aus dem Bauch, ob ein Priester gut ist oder nicht. Frau Pechter, dieser junge Priester brachte auf mindestens einer Reise hunderfünfzigtausend Euro nach Portugal. Ich frage mich, warum Sie davon nicht die geringste Ahnung haben, und ich frage mich, wer das Geld in die Reisetasche des jungen Priesters packte. Und ich reagiere mit Fassungslosigkeit, dass Sie mit Ihrem gottverdammten verquasten Katholizismus diesen Priester überhaupt in der Clique duldeten. Obwohl – ich glaube, mir wird allmählich klar, warum.«
»Warum denn?«, fragte Gernot Meyer dümmlich.
»Weil Sie ihn brauchten«, sagte ich. »Er war ein idealer Kurier. Genauso wie übrigens Anna.«
Die Hände der Pechter trommelten jetzt auf die Tischplatte, die Augen zeigten keine Regung. »Klinger sollte eine Chance in der Gemeinde bekommen. Doch er hat den Teufel in sich nicht bekämpft, er hat versagt.«
»Wobei hat er versagt?«, insistierte ich noch einmal.
»Bei den Dingen des Glaubens«, antwortete sie pathetisch, mit geschlossenen Augen. »Rainer gibt für die Kirche viel Geld, sehr viel Geld. Vieles von dem, was er verdient, fließt in kirchliche Arbeit. Kindergärten, Kindertagesstätten, die Unterstützung der Partei, der Marianische Gesang, Spenden für die Mission und vieles mehr. Er ist zutiefst katholisch, er liebt seinen Herrgott und er widersteht allen schweren Verblendungen.« Sie öffnete die Augen, lauschte in sich selbst hinein und nickte dann zur Bekräftigung.
»Was, bitte, ist der Marianische Gesang?«, fragte ich verblüfft.
»Eine Gruppe katholischer Frauen. Wir singen für die Gottesmutter Maria, wir sind ein Chor, der Chor der Himmelskönigin. Und Rainer Bliesheim, mein Freund, finanziert uns.«
»Verstehe ich das richtig, dass die Clique Markus Klinger als ihren eigenen katholischen Priester begriffen hat? Ist das so?«
»Er las für uns die Messe, jawoll! Jedes Wochenende.« Gernot Meyer trumpfte auf. »Und als Mann des Glaubens hat er versagt.«
»In welchem Punkt hat er denn versagt? Wollte er kein Kokain transportieren? Kein Geld mehr nach Portugal schaffen?«
»Er war unsittlich!«, trompetete Gernot Meyer.
Eine Weile war es sehr still. Draußen war es längst dunkel geworden, eine Bogenlampe an der Hauswand streute mattgelbes Licht in den Vorgarten. Es wirkte trostlos.
»Können Sie mir das, bitte, erklären?«
»Tja, gut, er näherte sich mir …«, sagte Gernot Meyer leise.
»Er war der Teufel persönlich«, ergänzte Gundula Pechter.
»Nehmen Sie es mir nicht übel«, sagte ich langsam in die Stille, »aber das klingt alles ziemlich idiotisch. Das ist reiner Kindergarten.«
»O nein!« Pechters Stimme war abwehrend, viel zu hoch. »Er war der Teufel. Zu dieser Aussage stehe ich.«
»Einen Kaplan der katholischen Kirche als den Teufel persönlich zu bezeichnen ist ein dicker Hund«, meinte ich. »Und was auch ein dicker Hund ist, Frau Pechter, dass Sie das Loblied der Himmelskönigin singen. Und betonen, Rainer Bliesheim sei zutiefst katholisch. Auf der anderen Seite ist da Elvira Klein, die mit Bliesheim und vielen anderen ins
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