Eifel-Liebe
denn der nächste Automat?«
»Gleich nebenan«, sagte er. »Das mache ich auch eben. Entschuldigen Sie bitte, ich geh schnell welche ziehen.«
Es dauerte nicht einmal eine Minute, bis er wieder im Raum stand. Er riss die Packung auf und fragte: »Wie steht es?«
»Nicht gut für alle Beteiligten«, sagte ich. »Ich war bei Gernot Meyer und habe dann Gundula Pechter hinzugebeten. Alles in allem war das ein sehr unerfreuliches und gleichzeitig unergiebiges Gespräch. Sie haben von nichts gewusst, ziehen sich zurück auf ein christliches Leben, fromm und unerbittlich, aber für mich nahezu krank.«
Er nickte nachdenklich. »Ja, so sind sie. Ist auch über mich gesprochen worden?«
»O ja, und deswegen bin ich hier. Die beiden behaupten, Sie hätten als Priester versagt, seien im Grunde der Teufel selbst und hätten versucht, Gernot Meyer zu sexuellen Spielchen zu überreden. Die Clique habe Ihnen eine Chance gegeben, aber Sie hätten sie versaut.«
Er versuchte, sich eine Zigarette anzuzünden. Seine Hände zitterten so sehr, dass es nicht gelang. Ich nahm eine Zigarette aus der Schachtel, zündete sie an und reichte sie ihm.
»Warum haben Sie versucht, sich umzubringen? Ja, ich weiß, das ist eine dämliche Frage, aber ich stelle sie trotzdem.«
Er nickte zweimal. »Ich war am Ende, hatte Angst. Die Beamten der Kripo haben mir klar gemacht, dass ich kaum eine Chance habe, die Wahrheit zu verschweigen. Hinzu kam, dass ein aufmerksamer Vorgesetzter von mir mich aufgefordert hat, mein Amt ab sofort ruhen zu lassen, mich auf das Beichtgeheimnis zu berufen und selbst den Beamten der Mordkommission auf keine Frage eine Antwort zu geben. Er sagte ferner, dass mir die Kirche einen Rechtsanwalt zur Seite stellen würde, der alles im Sinne meines Bischofs regeln würde.« Er malträtierte die Zigarette in seiner rechten Hand, bis sie zerbrach. Er drückte sie im Aschenbecher aus.
»Und Sie haben versprochen, sich nach den Anweisungen der Kirche zu richten, nehme ich an.«
»Nein, genau das habe ich nicht getan. Ich war sehr wütend. Ich habe meinem Vorgesetzten erklärt, ich könne ganz gut ohne Kindermädchen leben und meine Entscheidungen alleine treffen. Er begann zu toben. Da wusste ich, dass ich über kurz oder lang keinen Schutz mehr bei Mutter Kirche haben würde. Der Gedanke ist nur schwer auszuhalten, das war zuerst überhaupt nicht auszuhalten. Deshalb nahm ich die Tabletten.« Er lächelte sanft. »Sehen Sie, ich glaube gar nicht, dass ich mich umbringen wollte, ich wollte nur … wegtauchen und auf einer anderen Ebene wieder erwachen. Ich habe sicherlich alles in allem hundert Tabletten geschluckt, durcheinander und überhaupt nicht überlegt. Aber ich habe eine gute Konstitution.«
»Und was werden Sie in Zukunft tun?«
»Das weiß ich noch nicht, vielleicht mache ich eine groovie Kneipe auf«, antwortete dieser erstaunliche Mensch. Er versuchte es mit einer zweiten Zigarette und es gelang.
Ich nahm eine Winslow aus der Tasche und stopfte sie bedächtig. »Können wir offen darüber reden, dass Sie schwul sind? Dann muss ich nicht so rumeiern. Im Übrigen ist mir Ihr Schwulsein herzlich egal und ich würde mich freuen, wenn Sie damit zurechtkommen und glücklich werden.«
Markus Klinger nickte zustimmend.
»Stimmt es, was Gernot Meyer Ihnen vorwirft, dass Sie ihn zum Beischlaf aufforderten?«
»Ja, aber der Vorgang ist Ihnen vermutlich vollkommen anders dargestellt worden, als er tatsächlich ablief. Ich nehme an, Meyer hat voller Ekel erzählt, ich hätte ihn verführen wollen.«
»Das ist richtig.«
»Nun ja, so war das natürlich nicht, es gab auch nicht nur einen Vorgang, sondern acht.« Er lächelte traurig. »Als wir uns zum ersten Mal auf der Auwiese an der Kleinen Kyll trafen, sagte ich, dass Gernot Meyer ein seltsam asexuelles Wesen sei. Sie erinnern sich? Natürlich war das nur ein Bruchteil der großen Wahrheit. Tatsächlich habe ich siebenmal mit ihm geschlafen, ehe das achte Mal beobachtet wurde und er behauptete, ich hätte mich ihm unsittlich genähert. Das alles passierte immer in Portugal. Ich habe kürzlich in meinem Tagebuch nachgesehen, wie oft ich eigentlich mit Cliquenmitgliedern beim alten Forst in Monchique war. Ich bin selbst erstaunt über die Zahl: Vierzehn. Ich war vierzehn Mal mit der Clique dort.«
»Kurz was anderes, bitte. Dass Sie einmal hundertfünfzigtausend Euro mitnahmen, weiß ich von einer Zeugin. Wie oft haben Sie tatsächlich Geld
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