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Eifel-Müll

Eifel-Müll

Titel: Eifel-Müll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Auf der Höhe oberhalb von Bongard erkennt man die Dreiteilung dieses Dorfes: in der Mitte der alte Kern rund um die Kirche mit ihrem seltsam abgestuften Turm. Rechts und links davon kleine Neubaugebiete, die an den Hängen kleben.
    Aus einem Feldweg rollte ein alter Bauer auf einem uralten McCormick heran. Ich stieg aus meinem Wagen und fragte: »Wie komme ich denn zu Frau Colin?«
    Er sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Ach je, Polizei, was? Da waren schon eine Menge Kollegen von Ihnen. Du fährst links ins Dorf rein, Richtung Nohn. Dann geht es rechter Hand in die Bodendorfer Straße. Die musst du hoch. Wenn das Dorf zu Ende ist, musst du noch ein paar hundert Meter fahren. Dann kommt ein Wirtschaftsweg. An der Abzweigung steht eine kleine Kapelle, oben drauf ein Eisenkreuz. Den Weg rein, dann ist da nach zweihundert Metern rechts das alte Forsthaus. Junge, das war ja eine Scheißnachricht, war das. Ich sage ja, die Zeiten werden immer verrückter. Die Leute auch, und besonders die Jugend. Die Jugend ist auf dem falschen Weg.«
    Ich fragte: »Stammen die Colins eigentlich aus Bongard?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nee. Die sind erst vor zehn Jahren hierher gezogen. Damals war ja der Mann noch dabei. Der war später weg.«
    »Wieso weg?«
    »Na ja«, der Bauer grinste verhalten, »ist irgendwie abhanden gekommen. Weiß man ja nicht, was dahinter steckt. Es heißt, sie sei ein Besen. Aber man weiß ja nicht, ob das wahr ist, man kann ja nicht in die Leute reingucken. So ist sie ganz in Ordnung. Nur ihre Stimme ist schrecklich schrill, wir nennen sie alle nur ›die Sirene‹. Geht mich ja alles nix an. Stimmt das, dass dieser junge Hardbeck sie erschossen hat, also die Tochter, meine ich?«
    »Wer sagt denn das?«
    »Die Leute«, antwortete der Alte. »Aber die erzählen viel, wenn der Tag lang ist. Es wird ja auch gesagt, dass Natalie den Sven unbedingt heiraten wollte. Aber dieser Hardbeck, der Vater, der wollte das nicht. Und da ist es, na ja, da ist es zu dem Drama gekommen. Das war kein Unfall, sagen die Leute, das war Selbstmord.«
    »Wie heißt denn Natalies Mutter mit Vornamen?«
    »Die? Das ist die Tina. Beim Feuerwehrfest war Natalie immer die Wildeste. Eigentlich schade, dass die Kleine tot ist. War eine richtig schöne Frau und als solche ja auch schon in der Zeitung. Wer macht so was? Da frage ich mich doch, was das für Zeiten sind. Stimmt es, dass sie erschossen wurde?«
    »Nicht nur«, sagte ich, weil ich seinen Redefluss anheizen wollte. »Auch ihr Genick war gebrochen.«
    Das fasste er nicht, sagte vage »So, so« und begab sich wieder auf vertrautes Gelände. »Die Kleine soll ja schwanger gewesen sein. Pauls Gitta hat erzählt, sie habe sie noch vor ein paar Tagen beim Frauenarzt in Adenau gesehen. Muss dann ja was dran sein. Weshalb war sie sonst beim Frauenarzt? Aber es gibt ja auch Leute, die meinen, das alles wäre nur passiert, weil der alte Hardbeck sich den Müll-Vertrag unter den Nagel reißen wollte und die Kleine zu viel wusste. Über Gelder, über schwarze Gelder. Sollen ja viele Millionen sein. Da sollen auch Fässer rumgelegen haben, aber da weiß ich nichts von. Unsereiner erfährt ja auch nicht alles. Und Möbel, richtig teure Ledermöbel, eigentlich nix zum Wegschmeißen, oder?«
    Ich nickte nur und murmelte: »Ja, ja, ein widerliches Verbrechen.«
    Erst jetzt stellte der Bauer den ratternden Diesel ab und setzte sich etwas bequemer in den alten Eisenstuhl. »Was das für Zeiten sind! Nackt soll sie gewesen sein! Und dann die Kleider daneben, ordentlich gefaltet. Was soll das?, frage ich. Wenn wir so mit den Toten umgehen ... Das ist eine Sünde und eine Schande. Und dann noch ein Feldblumenstrauß neben dem Kopf. Da wird der Herrgott nicht tatenlos zusehen, da wird Unglück kommen. Stimmt es, dass der Mörder einen Zettel hingelegt hat? Mit den Worten ›Verzeih mir‹?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete ich vorsichtig. »Wie geht es denn in diesem alten Forsthaus so zu? Viele Freunde, viele Bekannte?«
    »Familie hat Tina hier ja keine. Aber es ist immer viel los da oben. Soweit ich das mitgekriegt habe, sind da oft ziemlich viele Autos von überall her. Richtig teure Autos. Aber unsereiner hat ja für so was keine Zeit.«
    »Wovon lebt sie eigentlich, diese Tina?«
    »Man sagt, sie kriegt was von Vater Staat dabei, Sozialhilfe. Miete ist ja nicht teuer. Keiner wollte damals das alte Forsthaus. Schönheitstänze sollen die beiden Frauen manchmal gemacht

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