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Eifel-Müll

Eifel-Müll

Titel: Eifel-Müll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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nur erwartungsvoll an.
    »Es ist eine komische Geschichte, die wahrscheinlich zunächst von einem Phänomen beherrscht werden wird, das hier in der Provinz stets eine große Rolle spielt: dem Gerücht. Möglicherweise ist es auch eine ganz dreckige Geschichte oder es ist einfach eine Liebesgeschichte, die zu Ende ging.«
    Ich erzählte ihnen, was passiert war. »Nun kommen die Gerüchte: dass der Vater von Sven etwas mit Natalie hatte, dass Natalies Mutter mit ihrer Tochter hausieren ging – ziemlich massive Vorwürfe. Dass in Hardbecks Jagdhaus wüste Dinge passiert sind.«
    »Maßgeblich wird sein, in welcher Reihenfolge sie starben«, überlegte Rodenstock. »Hat Kischkewitz den Fall? Gut, wenn es so ist. Er wird eine Reihe von Punkten abarbeiten und wir werden die Ergebnisse erfahren – falls wir überhaupt Interesse daran haben.«
    »Das habe ich«, stellte Emma fest. Sie zündete sich einen ihrer ekelhaft stinkenden holländischen Zigarillos an. »Es muss doch eine Menge Leute geben, die über das Verhältnis der beiden gut Bescheid wussten, oder? Liebesgeschichten unter Jugendlichen in der Provinz sind doch so etwas wie öffentliches Wissen. Gibt es nicht irgendeinen Lehrer, der uns was erzählen könnte?«
    »Natürlich. Der Mann heißt Detlev Fiedler und soll auf seinem Gebiet hervorragend sein. Der wird dauernd in allen möglichen Jugendfragen von den einheimischen Zeitungen zitiert.«
    »Den sollten wir einladen«, sagte sie kühl. »Gleich morgen, was meint ihr?«
    »Du willst doch nicht im Ernst einsteigen«, stöhnte Rodenstock etwas außer Fassung.
    »Doch, mein Lieber. Genau das will ich. Zu allem anderen komme ich noch früh genug!«
    Eine Weile war es unangenehm still.
    Emma sah Rodenstock an. »Es ist vielleicht eine Möglichkeit, sich abzulenken, nicht wahr? Und du brauchst Ablenkung, wenn ich das bei Licht betrachte – wie ihr Deutschen immer sagt.« Ihr rechter Mundwinkel zuckte ziemlich heftig und sie sagte: »Oh, da kommt es wieder.« Sie griff in ihre kleine Ledertasche und zog eine Pillendose hervor.
    »Du hast Schmerzen«, stellte Rodenstock fest. »Du solltest dich hinlegen. Immerhin ist es mitten in der Nacht.«
    »Eigentlich wollte ich nicht mehr schlafen«, sagte sie und schluckte eine dieser Pillen. »Die ollen Lateiner sagten immer: ›Carpe diem‹, nutze den Tag. Ich habe das Gefühl, noch nie gewusst zu haben, wie wertvoll die Zeit ist, die ich habe ... noch habe. Ja, du hast Recht, ein wenig hinlegen wäre jetzt gut. Zumindest, bis dieses Zeug wirkt.«
    Ich blieb noch eine Weile im Wohnzimmer hocken und dachte mit Fassungslosigkeit über Emmas möglichen Tod nach, malte mir aus, was dann mit Rodenstock geschehen würde. Es war nicht zu begreifen und erfüllte mich mit Trauer und Wut.
    Ich schlief schlecht, um neun Uhr stand ich wieder auf und fühlte mich zerschlagen. In der Küche rumorte Vera herum und mühte sich redlich, einen Kaffee zu bereiten.
    Hohl sagte sie: »Ich bin eine trübe Tasse, du solltest mich verprügeln. Habe ich das richtig mitgekriegt? Sind Rodenstock und Emma in der Nacht eingelaufen?«
    »Das ist richtig.«
    »Vielleicht kann ich mit Emma reden.«
    »Tu das. Aber sei vorsichtig. Sie kommt frisch aus dem Krankenhaus. Die vermutete Diagnose heißt Krebs.«
    Vera wurde blass. »Nein«, murmelte sie nur und setzte sich auf einen Stuhl. Dann fügte sie hinzu: »Emma ist eine der stärksten Frauen, die ich kenne. Wie kann so etwas sein?« Sie wollte keine Antwort, sie starrte hilflos vor sich hin.
    Ich hockte mich an den Tisch und trank einen Kaffee. Meine Gedanken suchten Ablenkung. Wen sollte ich zuerst besuchen? Svens Eltern oder Natalies Mutter? Ich entschied mich für Natalies Mutter.
    Ich überlegte, dass es keinerlei Sinn machte, Rodenstock mitzunehmen. Er war so auf seine Frau fixiert, dass er wahrscheinlich beleidigt sein würde, wenn ich ihm den Vorschlag unterbreitete. Vera um Begleitung zu bitten erschien mir auch nicht ratsam. Sie war zu sehr in sich selbst und in ihre Krise versunken. So kurios es auch klingen mag: Die Einzige, die wahrscheinlich begeistert mitfahren würde, war ausgerechnet Emma. Aber von der hoffte ich, dass sie noch schlief.
    »Ich bin mal eben etwas besorgen«, erklärte ich.
    Vera schlürfte Kaffee und nickte nur.
    Das schmale Band der uralten Landstraße zwischen Brück und Bongard ist rund dreitausend Meter landschaftliche Schönheit vom Feinsten. Wiesen, in denen Bäche gluckern, tiefe Fichtenwälder, weite Ausblicke.

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