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Eifler Zorn

Eifler Zorn

Titel: Eifler Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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Löhbach niedergeschlagen? Hat er in seinem Zorn den Ast nicht gesehen?
Seinen hocherhobenen Arm? Er darf nicht die Schuld für etwas auf sich nehmen,
was er nicht getan hat. Paul drückt sich an einem der älteren Jungen vorbei,
die die Riege der Meister wie Trabanten umstehen, und formt die Worte in seinem
Kopf, doch sie bleiben in seinem Hals stecken, als er sieht, wie Löhbachs und
Ludwigs Blicke sich begegnen. Über dem Hass in Löhbachs Augen sieht er noch
etwas anderes: Triumph. Das Gefühl des Schwächeren, gesiegt zu haben. Ludwig
schließt langsam die Augen, und als er sie wieder öffnet, begreift Paul. Er
weiß es. Ludwig weiß, wer zugeschlagen hat, um Frieda zu schützen.
    »Fünfzig
Schläge dürften dir wohl eine ausreichende Lehre sein, Ehrenscheid.« Der
Direktor wirbelt herum, stakst mit langen Schritten auf Paul zu und bohrt den
Zeigefinger in dessen Brust. »Und du, Weber, du wirst sie ausführen. Das wird
dich lehren, deine Wache zu verschlafen. «
    ***
    »Wo bist du, Ina? Ich
fange an, mir Sorgen zu machen. Jetzt melde dich endlich«, murmelte Judith und
unterbrach die Verbindung. Sofort klingelte der Apparat wieder. Sie riss den
Hörer hoch. »Ina?«
    »Nein. Nicht Ina«, hörte sie
Steffen Ettelscheids Stimme sagen und war enttäuscht.
    »Was ist so wichtig, dass du
mich unbedingt sprechen musst?« Judith klemmte den Telefonhörer zwischen Ohr
und Schulter und speicherte das Formular auf ihrem Computer. Natürlich hatte
Sauerbier ihr das Protokollschreiben überlassen. Er selbst würde weiter Fakten
zusammenfügen, wie er es nannte, um Arno Koblers Mörder zu fassen. Sie hatten
sich darauf verständigt, Bianca Friese zu glauben. Sich nicht auf sie
einzuschießen und so einem anderen die Chance zu geben zu entkommen. Wenn es
auf die Störung der Totenruhe hinauslief, die sie zugegeben hatte, erwartete
sie eine Geldstrafe oder im höchsten Fall drei Jahre Gefängnis, abhängig von
den Umständen, der Schwere und der Vorgeschichte. Wenn.
    »Ina ist verschwunden.«
Steffen Ettelscheid klang sehr beunruhigt. »Ich versuche seit heute Morgen
vergeblich, sie zu erreichen. Wir wollten uns wegen der Feuerstellen im Wald
zusammensetzen, aber sie ist nicht erschienen, hat sich noch nicht einmal
abgemeldet, obwohl sie es fest zugesagt hatte. Das ist nicht ihre Art.«
    »Ich bin auch besorgt. Auf
der Wache ist sie nicht«, erwiderte Judith und versuchte, ihr schlechtes
Gewissen darüber zu unterdrücken, dass nun Steffen und nicht sie die Initiative
ergriff.
    »Warum hast du nichts
unternommen? Oder zumindest Bescheid gesagt?«
    »Was unternommen? Wegen
einer erwachsenen Frau, die nicht zum Dienst erscheint? Und wem Bescheid
gesagt? Dir? Ich habe sie vor ziemlich genau vierundzwanzig Stunden noch
gesehen. Sie kann Gott weiß wo sein.« Judith hörte sich die Worte reflexartig
sprechen, als ob sie sie zu ihrer Verteidigung aus dem Lehrbuch ablesen würde.
Laut Dienstvorschrift wurde nur die Fahndung nach hilflosen, verletzten oder
minderjährigen Personen früher aufgenommen. Oder wenn der dringende Verdacht
bestand, der Vermisste sei selbstmordgefährdet. Sie schüttelte den Kopf.
Unsinn. Was hatte sie von Ina gelernt? Bestimmt nicht die buchstabengetreue
Auslegung der Dienstvorschriften. Ina war, entgegen ihrer Art, spurlos
verschwunden. Sie hätte sich gemeldet, wenn sie gekonnt hätte. »Entschuldige,
Steffen. Du hast recht. Wir müssen sie suchen.«
    »Ich war bei ihrer Wohnung.
Niemand öffnet, und der Wagen ist nicht da.«
    »Wo hast du noch
nachgefragt?«
    »Ihr Vater weiß nicht, wo
sie ist. Ich habe ihn angerufen. Henrikes Handy ist ausgeschaltet.«
    »Was ist mit ihrem neuen
Freund, dem Arzt?«
    »Er hat keine Ahnung.«
    »Ich fahre in die Schule und
spreche mit Henrike. Das geht schneller, als wenn sie Henrike erst aus der
Klasse holen und herbringen müssen. Seit wann genau hast du Ina nicht mehr
erreicht?«
    »Gestern Mittag habe ich
zuletzt mit ihr gesprochen.«
    »Genau wie ich. Weißt du, ob
später noch jemand mit ihr Kontakt hatte?«
    »Nein.«
    Der Direktor führte
Judith durch die Gänge der Schule zu Henrikes Klasse, klopfte und hielt ihr
dann die Tür auf, damit sie den Raum als Erste betreten konnte. Ihr Blick
wanderte über die Reihen junger Gesichter, die mit einer Mischung aus Erstaunen
und Neugier zu ihr hochsahen, und sie erkannte, noch bevor die Lehrerin es
aussprach, dass Henrike nicht da war.
    »Henrike und Luisa fehlen
heute. Wobei Luisa«, die Lehrerin nickte mitfühlend,

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