Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifler Zorn

Eifler Zorn

Titel: Eifler Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
Vom Netzwerk:
»natürlich entschuldigt
ist.«
    Judith bedankte sich,
verließ die Schule und setzte sich in den Wagen, ohne den Motor anzulassen.
Fehlanzeige. Sie trommelte mit den Fingern auf dem Lenkrad. Mehr noch: Nicht
nur Ina war verschwunden, sondern auch Henrike. Konnte es sein, dass Inas
Verschwinden mit Henrike zusammenhing? Sie hatte angedeutet, dass es nicht
immer einfach war, die Rolle als Ersatzmutter gut auszufüllen. Was, wenn
Henrike verschwunden und Ina auf der Suche nach ihr war? Aber wenn das stimmte,
wieso hatte sie dann nicht Bescheid gegeben? Wieso hatte sie nicht einen der
Kollegen um Hilfe gebeten? Sie oder Sauerbier oder … Verdammt. Sie griff
nach ihrem Handy.
    »Sandra Koblers
Privatnummer, schnell bitte«, sagte sie zu dem Kollegen auf der Wache, der
ihren Anruf entgegennahm, ohne ihm eine weitere Erklärung zu geben.
    Nach zwei Minuten
Freizeichen gab sie auf. Sandra meldete sich nicht. Wenn Ina, wie Judith vermutete,
Sandra um Hilfe gebeten hatte, musste sie dafür einen guten Grund haben. Eine
Frau, die erst vor wenigen Stunden ihren Mann verloren hatte, belästigte man
nicht mit Nichtigkeiten.
    Auch Luisa war nicht in die
Schule gekommen. Niemand hatte sich in Anbetracht der Umstände darüber
gewundert. Luisa musste ihre Trauer verarbeiten, sich zurückziehen, mit
vertrauten Menschen darüber sprechen können.
    »Ja, natürlich!« Sie schlug
mit der flachen Hand auf das Lenkrad. Ein Teenager redete mit Freunden.
Vielleicht hatten Luisa und Henrike sich zusammen verkrochen, und ihre Mütter
suchten sie? Aber wo?
    Welcher Ort diente Mädchen
in dem Alter als Rückzugsort? Sie hatte keine Ahnung, versuchte sich zu
erinnern, wie es bei ihr gewesen war. Die Atmosphäre war wichtig gewesen. Das
Geheimnis. Sie starrte auf den Eingang der Schule. Immer mehr Jugendliche
strömten einzeln, zu zweit oder in Grüppchen die Treppen herunter. Michaela
Rüttner hatte einen Fledermausstollen erwähnt, als Ina und sie gestern bei ihr
gewesen waren. Hatte sie nicht gesagt, einige Mädchen aus der Klasse hätten
noch mal hinfahren wollen, weil sie ihn »chillig« fanden? Was, wenn den
Mädchen, Sandra Kobler und Ina dort etwas passiert war und sie niemanden
alarmieren konnten?
    »Ich weiß, wo sie sind«,
rief sie in den Hörer, noch bevor Steffen Ettelscheid sich melden konnte.
    »Sicher?«
    »Nein. Nicht sicher. Aber
sehr wahrscheinlich. Wo ist dieser Fledermausstollen bei Erkensruhr genau, und
wie kommen wir am schnellsten dorthin?«
    »Der Eingang ist
eingestürzt!« Steffen bremste und sprang aus dem Geländewagen. »Ina?«, rief er
und stürzte zu dem Geröllhaufen, der sich unter dem Felsvorsprung angehäuft
hatte und den Zugang zum Stollen versperrte. »Ina?«
    ***
    »Bitte lesen Sie das
Protokoll genau durch und unterschreiben Sie es«, brummte Sauerbier und reichte
ihr einen Bogen Papier und einen Kugelschreiber.
    »Kann ich dann gehen?«
    »Sie sind nach wie vor
unsere Hauptverdächtige, solange wir niemand anderen überführen können. Wir
dürfen Sie also nicht einfach gehen lassen.«
    »Glauben Sie mir nicht?«
    »Darum geht es hier nicht,
es geht darum, einen Mörder zu fassen. Das hat mit Glauben oder Nichtglauben
nichts zu tun.«
    Das Telefon klingelte.
Sauerbier nahm das Gespräch an.
    »Ja?« Er schwieg und
lauschte. Bianca sah aus dem Fenster. Durch die Lücken in einer Wand aus
Nadelbäumen sah sie bunte Wimpel im Wind flattern.
    »Die Feuerwehr?«, raunzte
der Kommissar.
    Bianca blinzelte. Sie fühlte
sich erleichtert. Auch wenn sie noch hierbleiben musste, würde es sich
aufklären. Alles würde gut. Endlich. Keine schlechten Hände. Sie schloss die
Augen.
    »Oder einen kleinen Bagger?
Wo soll ich denn so schnell einen kleinen Bagger herbekommen?«, fragte
Sauerbier aufgebracht.
    Bianca wandte ihm das
Gesicht zu. Sauerbiers Augen verengten sich. »Wie lange dauert es, Ihren Bagger
zu verlagern?«
    ***
    »Jetzt können Sie
durchkommen«, sagte Bianca Friese und fuhr die Schaufel hoch. »Aber seien Sie
vorsichtig. Ich weiß nicht, wie es dahinter aussieht.« Ein Echo sirrte für
einen Moment durch die Bäume, als Bianca Friese den dröhnenden Bagger
abgeschaltet hatte. Judith kletterte gleich nach Steffen Ettelscheid durch den
schmalen Durchgang in den Stollen, gefolgt von Thomas Breitenbacher und einem
Sanitäter. Sauerbier blieb neben dem Bagger zurück. Ein paar Meter weiter vorne
wartete der Rettungswagen auf seinen Einsatz.
    Judith blinzelte in die
Dunkelheit.
    »Ich hab sie

Weitere Kostenlose Bücher