Eigentlich bin ich eine Traumfrau
Peter und hebt sein Glas.
»Ja, auf ein wunderbares, neues Lebensjahr, in dem alles in Erfüllung geht, was du dir erträumst«, sagt Tanja und gibt mir einen Kuss auf die Wange, als ich neben ihr aufs Sofa sinke. Nebenbei krault sie Hrithik die Haare, der zu ihren FüÃen auf dem Boden hockt â auf einem der seidenen, roten Kissen mit Schriftzeichen, die Peter mir zusätzlich zu dem Buch mitgebracht hat. Die Farbe Rot steht in China angeblich für Glück und Wohlstand, »und da Rot bei uns die Farbe der Liebe ist, kann bei dir eigentlich nichts mehr schiefgehen«, hat Peter kichernd gesagt. Das muss wohl so eine Art postmoderne Fusions-Mystik sein. Das Schriftzeichen wiederum ist die chinesische Zahl Neun, die wohl
ewige Freundschaft bedeutet. Da hat er wirklich kunstvoll so viel Bedeutung wie möglich in ein kleines Kissen verpackt  â typisch Peter. Aber irgendwie trotzdem süÃ.
»Darin könnte man auch wunderbar die Asche von Verstorbenen aufbewahren«, sage ich, auf das Kissen deutend, und erzähle von dem Telefonat mit meiner Mutter.
Wie sich herausstellt, ist sie nicht die Einzige, die sich schon ernsthafte Gedanken über ihr Ableben gemacht hat.
»Also, ich möchte verbrannt und nicht von Würmern zerfressen werden«, stellt Tanja fest. Ich bin überrascht. Bei ihrem Ãko-Bewusstsein hätte ich darauf gewettet, dass eine korrekte Kompostierung, also die klassische Erdbestattung, viel eher in ihrem Sinne wäre. Hrithik will seine Asche in einer Rakete in den Weltraum fliegen lassen, um seinen kindlichen Traum vom Astronautendasein zumindest nach seinem Tod zu verwirklichen. Tanja gibt sofort bereitwillig ihr Einverständnis, ihre Asche ebenfalls ins Weltall zu schieÃen. Und Peter will sich in ein künstliches Korallenriff einpflanzen lassen, um damit posthum einen Beitrag an die Meeresbiologie zu leisten.
»Ich weià aber nicht, ob Fische wirklich philosophische Beratung brauchen«, sagt Toni und lacht.
Peter zieht beleidigt die Augenbrauen hoch. »Freunde, können wir dieses Lästermaul nicht auch einfach in den Weltraum schieÃen? Am besten jetzt gleich?«, fragt er mit gespielter Verzweiflung.
Toni wirft â immer noch lachend â mit dem Kissen nach ihm. Tanja und Hrithik sehen sich an und verdrehen die Augen. Klar, die beiden sind ja nun dank erhebender Liebe über die Albernheiten ihrer drolligen Freunde erhaben.
»Wieso hast du dich eigentlich von Thomas getrennt?«, fragt Hrithik mich abrupt, als wir alle schon etwas angetrunken sind.
Eine heikle Frage. Die »Feuersbrunst meines Herzens« hat uns sozusagen verbrannt. Das ist der Titel eines üblen Machwerks. Es gibt ein Stadium in Liebesbeziehungen, in dem ich wieder die Romane lese, die ich als Single auch lese, dann aber zumindest nicht verstecken muss. Die, auf deren Cover sich halb entkleidete, weichgezeichnete Pärchen räkeln. Also die billigen Dinger, die mit Vorliebe in der Vergangenheit spielen, als die Männer noch echte Männer und die Frauen noch echte Frauen waren. Einer ehemaligen Germanistikstudentin natürlich unwürdig, bieten sie dafür aber adelige, anfangs leicht distanzierte Herren, denen ein weiblicher Wirbelwind Schloss und Hormone aufmischt. Oder einen Lebemann, den umgekehrt ein strenges, junges Mädchen bekehrt. AuÃerdem wird darin reichlich Sex geboten, bei dem alle Beteiligten (in diesen Romanen meist nur zwei) genau gleichzeitig und mit einem seligen Seufzer zum Höhepunkt kommen. Das tröstet, wenn man alleine ist. Aber eben auch, wenn man anfängt, sich in einer Beziehung alleine zu fühlen.
Wenn man sich allerdings zu sehr mit der Heldin identifiziert, kann Schlimmes geschehen: Der Typ, der neben einem im Bett schnarcht, erscheint im Vergleich so blass, leidenschaftslos und wenig galant, dass man sich sofort nach einem anderen umsehen möchte. Bei Thomas hatte ich die Empfindung über ein halbes Jahr hinweg jeden Abend, und nichts lieà mehr auf eine rauschende Zukunft hoffen. Danach habe ich die Trennung oft bereut, weil Thomas
eigentlich ein netter, zuverlässiger, intelligenter Mann ist. Einer, den sich jede Frau wünscht, die von einer reifen, erwachsenen Beziehung träumt. Aber das alles werde ich nun vor den anderen sicher nicht zugeben.
»Na ja, zuletzt war es eben eher geschwisterlich«, lautet die knappere Variante.
»Da waren Tanja und
Weitere Kostenlose Bücher