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Ein abenteuerliches Herz

Ein abenteuerliches Herz

Titel: Ein abenteuerliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Ludwig Arnold
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bekommen würde – wahrscheinlich würde gleich einer seiner Sekretäre eintreten.
    In der Bibliothek war es still und angenehm. Die Bücher strömten eine ruhige Würde aus. Sie reihten sich in den Regalen in Einbänden aus hellem Pergament, geflammtem Kalbleder und braunem Maroquin. Die Pergamentbände waren mit der Hand beschrieben; die Lederrücken trugen rote und grüne Titelschilder oder waren mit goldenen Lettern bedruckt. Trotz ihrem Alter machte die Büchersammlung nicht den Eindruck, daß sie da war, um Tapisserie zu bilden, sondern daß sie benutzt wurde. Ich las einige Titel, die mir wenig sagten: frühe Technik, Kabbala, Rosenkreuzer, Alchemie. Vielleicht erholte sich hier ein Geist auf längst überwucherten Irrwegen.
    Die starken Mauern hätten den Raum verdüstert, wenn er nicht durch die Fenster, die fast auf den Boden reichten, viel Licht gehabt hätte. Die Glastür stand offen; sie führte auf eine breite Terrasse hinaus.
    Der Blick fiel auf den Park wie auf ein altes Bild. Die Bäume strahlten im frischen Laubglanz; das Auge fühlte, wie sie ihre Wurzeln im Grunde feuchteten. Sie säumten die Ufer eines Baches, der träge dahinfloß und sich zuweilen zu Flächen erweiterte, auf denen ein grünes Mieder von Wassermoosen schimmerte. Das waren die Fischteiche der Mönche gewesen; die Zisterzienser hatten wie die Biber in den Sümpfen gebaut.
    Es war ein Glücksfall, daß die Mauer noch erhalten war. Meist, und vor allem in der Nähe von Städten, sind diese Ringe abgetragen; sie haben als Steinbrüche gedient. Hier aber sah man hin und wieder durch das Laub der Bäume den grauen Stein. Die Mauer schien sogar Ackerflächen einzuschließen, denn ich sah in der Ferne einen Bauern, der hinter dem Pfluge ging. Die Luft war klar; die Sonne blinkte auf dem Fell der Pferde und auf der Scholle, die sich im Schnitte wendete. Das Bild war heiter, wenngleich befremdend im Anwesen eines Mannes, der unter anderem auch mit Traktoren für Gärtner handelte, die wie Maulwürfe die Beete lockerten und ihre Erde zerkrümelten. Indessen sprach ja alles an seinem Haushalt für museale Neigungen. Vermutlich wollte er keine Maschinen sehen, wenn er auf der Terrasse seine Bäume und Weiher betrachtete. Das hatte zudem den Vorteil, daß auf seinen Tisch nur Früchte kamen, die auf die alte Weise erzeugt waren. Auch hier gilt der Satz, daß sich die Worte verändert haben, denn Brot ist nicht mehr Brot und Wein ist nicht mehr Wein. Es sind verdächtige Chemikalien. Man muß schon ungewöhnlich reich sein, wenn man heute Vergiftungen vermeiden will. Dieser Zapparoni war ohne Zweifel ein Schlaufuchs, der in Malepartus zu leben wußte, und zwar auf Kosten der Dummköpfe, wie ein Apotheker, der sich seine Drogen und Wundermittel mit Gold aufwiegen läßt, während er selbst sich und die Seinen nach der Väter Weise gesund erhält.
    Wahrhaftig, es war friedlich an diesem Ort. Das Brausen der Werke, der Parkplätze und Anfahrtsstraßen drang nur als feines Summen durch die Laubwipfel. Dafür hörte man die Melodien der Stare und Finken, und an den morschen Stämmen hämmerte der Specht. Die Drosseln hüpften und weilten auf den Rasenplätzen, und zuweilen ertönte im Teichgrund das Klatschen eines Karpfens, der aufschnellte. Auf den Rabatten und Medaillons vor der Terrasse, wo sich die Blumen drängten, kreuzten die Bienen und teilten sich mit den Faltern den süßen Raub. Es war ein Maitag in seiner vollen Pracht.
    Nachdem ich die Bilder und die Bücher mit den seltsamen Titeln betrachtet hatte, setzte ich mich an einen kleinen Tisch, vor dem zwei Stühle standen, und blickte durch die weit offene Tür. Die Luft war reiner als in der Stadt, berauschend fast. Das Auge ruhte auf den alten Bäumen, den grünen Teichen und auf dem braunen Felde in der Ferne, auf dem der Bauer die Furchen zog und in den Kehren rastete.
    Wie wir an einem warmen Frühlingstage den Winter noch in den Knochen spüren, so fühlte ich vor diesem Bilde die Unzufriedenheit, die mein Leben in diesen Jahren getrübt hatte. Ein abgedankter Reiter spielte eine traurige Figur inmitten dieser Städte, in denen kein Pferd mehr wieherte. Wie hatte sich doch alles verändert seit Monterons Zeit. Die Worte hatten ihren Sinn verloren, auch Krieg war nicht mehr Krieg. Monteron würde sich im Grabe umdrehen, wenn er erführe, was sie heute als Krieg bezeichneten. Friede war schließlich auch nicht Friede mehr.
    Wir waren noch zwei, drei Mal geritten auf den Ebenen, auf

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