Ein Abenteurer und Gentleman (Historical My Lady) (German Edition)
es dir gut, Liebes?“
Alina nickte nur, da sie fürchtete, die Stimme könnte ihr versagen. Wenige Minuten später stiegen sie die lange, geschwungene Prachttreppe hinauf, die ins erste Stockwerk der prinzlichen Residenz führte.
Sie spürte alle Augen auf sich, hörte das Getuschel und dachte wieder an den Kai in Portsmouth, wo sie zum ersten Mal englischen Boden betreten hatte. In ihrer Vorstellung verwandelte sie die vielen vornehmen Gäste in die bunte Menge dort auf dem Kai. Das machte es ihr viel einfacher. Außerdem hoffte sie, dass, wie damals, Justin bald hier sein würde. Sie hegte keinerlei Zweifel, dass sein Gespräch mit Novak erfolgreich verlaufen war. Am Ende war er schließlich immer erfolgreich, wie Wigglesworth ihr versichert hatte.
Um sich abzulenken, musterte sie ihre Umgebung. Welche verschwenderischen Mengen an Gold und Stuck und Kristall ringsum! Und Kerzen, dass man ein ganzes Dorf damit erstrahlen lassen könnte!
„Ich habe keine Angst mehr“, flüsterte sie Lydia zu und blieb unter dem riesigen Kronleuchter stehen. War das da in der Mitte eine kristallene Taube mit Augen aus Rubinen? Wie absurd! „Wer sich derart bemüht, seine Gäste zu beeindrucken, muss einfach grässliche Angst haben, den in ihn gesetzten Erwartungen nicht zu entsprechen. Der Arme!“
„Der Arme wird einmal George IV. sein, König von England. Und du bemitleidest ihn?“
„Ja. Wahrscheinlich ist er wie meine Tante Mimi – so beschäftigt mit Äußerlichkeiten, dass er nicht merkt, wie leer es in seinem Innern ist.“
„Kein Wunder, dass Justin dich liebt. Mit deinem mitfühlenden Herzen wirst du bestimmt seinen Zynismus ausgleichen.“
„Nein, ihr alle seid so mitfühlend und ganz schrecklich gütig. Für das, was ihr hier vorhabt, könnte der Prinzregent euch leicht seine Gunst entziehen.“
„Das haben wir doch schon besprochen! Wir wären schlechte Freunde, wenn uns das davon abhalten würde, Justin zu helfen. Wir werden es überleben! In dem Wissen, dass wir das Richtige getan haben. Bist du bereit? Wir werden als Nächste angekündigt.“
Alina atmete tief ein, dann nickte sie. Dennoch zuckte sie zusammen, als einer der beiden Lakaien mit seinem Stab mehrmals auf den Marmorboden klopfte und lauthals verkündete: „Euer Königliche Hoheit: der Duke und die Duchess of Ashurst!“, und der zweite Lakai folgte: „Euer Königliche Hoheit: der Marquis und die Marquise of Basingstoke!“
Und dann, als sich ihre neuen Freunde rechts und links neben ihr aufstellten wie eine Ehrengarde, rief der erste Lakai: „Euer Königliche Hoheit: Comtesse Magdalena Evinka Nadeja Valentin!“
Alina ging fünf Schritte vorwärts in den riesigen Ballsaal und hob eine Hand an die Kapuze ihres Umhangs, einer Kreation aus elfenbeinfarbener hauchfeiner Seidengaze, verziert mit antiker österreichischer Spitze, derentwegen sie von den anderen Gästen neugierig und fasziniert betrachtet wurde.
Der Duke of Ashurst persönlich trat zu ihr, als sie die Kapuze abzog und die Bänder löste, und nahm ihr den Umhang von den Schultern.
Mehrere Leute keuchten auf, dann erklang Gewisper im Saal. Wer ist sie? Mein Gott – entzückend!
Ah, wenn nur Justin hier neben ihr stehen könnte! Bestimmt wüsste er ihren Auftritt zu schätzen. Er war so herrlich eitel.
Neben dem grünen hermelinverbrämten Samtcape war die Robe, die sie heute trug, ihr kostbarster Erwerb gewesen. Alina wusste, das Material war außergewöhnlich, es wirkte wie flüssiges Gold; das Mieder war glatt und schlicht, ohne Rüschen oder sonstigen Zierrat. Unter der hohen Taille fiel das Gewand in zarten Plisseefalten bis zum Boden.
Überall an Alina blitzten Smaragde und Diamanten: in ihrem dunklen Haar, aus dessen hochgetürmter Masse zarte Löckchen in ihren Nacken fielen, an Ohren und Handgelenken. Ihren Hals schmückte ein Collier mit dem berühmten Valentin-Smaragd. Wie hatte Tante Mimi dieses Collier geliebt, das nie ihr Eigentum gewesen war!
Das Kinn stolz gereckt, nahm sie den Arm des Dukes und schritt gemessen voran zu dem auf einem Podest ruhenden Doppelthron am Ende des großen Saales. Prinzessin Charlotte hatte den kleineren Thron inne, ihr Vater den monströs großen mit dem überbordenden Schnitzwerk.
Hinter ihnen folgte ein Lakai der Ashursts, der sorgsam über seinen Arm drapiert das bekannte hermelinprangende Samtcape trug.
Alina bemühte sich, ruhig zu wirken, doch ihr Herz klopfte rasend schnell. Sie sank in einen tiefen Hofknicks, sodass
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