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Ein Akt der Gewalt

Ein Akt der Gewalt

Titel: Ein Akt der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ryan David Jahn
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Raum befindet, die zu dieser Sache etwas zu sagen hat – was auch immer diese Sache sein mag.
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Was?«, fragte er wieder.
    »Wir haben gemeinsam Sex erlebt«, sagt sie. »Mehr nicht.«
    Er leckt sich die Lippen. Oh, Gott.
    »Aber – aber du verstehst nicht«, sagt er.
    »Es war Sex«, bekräftigt sie. »Das war’s. Nur darum ging es.«
    »Du lügst«, sagt er. »Du lügst, um Rons Gefühle nicht zu verletzen.«
    »Nein.« Sie schüttelt den Kopf.
    »Ach, verdammt nochmal«, sagt Anne.
    »Aber …«, wendet sich Peter wieder an Ron, »das alles war doch deine Scheißidee.«
    »Aber es war dein Fehler«, sagt Ron.

    »Ich kann einfach nicht glauben, dass ich so dämlich war, mich von dir dazu bequatschen zu lassen.«
    Anne steht auf und verschwindet im dunklen Flur.
    Einen Augenblick später wird eine Tür zugeknallt.
    Peter geht zur Couch und lässt sich fallen.
    Er stützt den Kopf in beide Hände.
    »Scheiße«, sagt er. »Scheiße.«

18
    »Hm«, sagt David White. »Mal sehen.« Er blickt durch die Glasabdeckung der Theke auf Dutzende von Donuts. Zwar hat er vor Beginn seiner Schicht gegessen, aber jetzt ist er schon wieder hungrig.
    »Lass dir ruhig Zeit«, sagt der Cop, der hinter ihm steht. »Ist ja sonst niemand da, der wartet.«
    Und dann heult eine Sirene los, und auf dem Krankenwagen draußen vor der Fensterscheibe blitzt kurz das Warnlicht auf. Wahrscheinlich sollte er sich eh nicht den Wanst mit Donuts vollschlagen.
    »Das wär’s dann wohl«, sagt er und nimmt seine Kaffeebecher. »Was macht das?«
    »Geht aufs Haus«, antwortet der Mann hinter dem Tresen. »Zieh schon los, Leben retten.«
    »Danke«, sagt David. »Sehr nett.«
    Dann dreht er sich um und steuert auf die Vordertür zu. Da er die Hände voll hat, tritt er sie mit dem Fuß auf und schlüpft hindurch, bevor sie wieder zuschlagen kann. Als er sich dem Krankenwagen nähert, langt John quer durchs Fahrerhaus und öffnet ihm die Beifahrertür.
    »Danke«, sagt er, steigt in den Krankenwagen, reicht John seinen Kaffee und zieht die Tür hinter sich zu. »Was haben wir?«
    »Autounfall.«
    David nickt und will einen Schluck von seinem Kaffee
nehmen, aber als der Becher seine Lippen berührt, legt John den Gang ein, der Krankenwagen macht einen Satz vorwärts, und ein Teil des Kaffees ergießt sich über Davids Uniform.
    »Mist.«
    John sieht zu ihm hinüber.
    »’schuldigung.«
    David nickt und wartet diesmal, bis der Krankenwagen Fahrt aufgenommen hat, bevor er den zweiten Schluck versucht.
    Er sieht aus dem Fenster in die trübe Nacht, während sie hinfahren, wo immer es wieder einmal ein Blutbad auf der Straße gegeben hat. Er ist müde. Er ist ständig müde. Er kann einfach nicht schlafen. Zum Teil, nimmt er an, liegt es wohl am Job. Die Nachtschicht ist brutal, und man gewöhnt sich nie daran. Nach der Arbeit fährt er in einer Art Wachtraum nach Hause, erschöpft, aber zu einer Zeit, wenn der Tag gerade in Schwung kommt. Die Sonne steht am Himmel und lässt die letzten Tropfen Mitternachtstau verdunsten. Die Leute duschen und rasieren sich und essen ihre Frühstückseier und fahren zur Arbeit, und er ist in entgegengesetzter Richtung unterwegs, auf dem Heimweg. Aber nicht auf dem Weg ins Bett. Niemals ins Bett – jedenfalls nicht sofort. Die Geräuschkulisse hält ihn wach – der Verkehr, die Stimmen, das Leben. Er stößt die Eingangstür auf, marschiert direkt zur Couch und setzt sich. Seine Hündin Sarah begrüßt ihn, leckt seine Hand, rollt sich an seinem Bein zusammen. Geistesabwesend streichelt er sie. Die nächste Stunde, eine oder sogar zwei, starrt er vor sich hin. Das ist alles. Er starrt einfach auf sein Spiegelbild auf dem grauen Fernsehschirm, starrt an die Wand, starrt auf seine Wachträume in den Ecken des Zimmers. Manchmal spricht er zu Sarah. Manchmal erzählt er ihr von seiner
Nacht. »Heute Nacht war es übel«, sagt er dann. »Wurden zu’ner Schießerei gerufen. Einem Mann war in den Kopf geschossen worden, direkt zwischen die Augen, aber er war nicht tot. Also hat der Schütze nochmal abgedrückt und ist dann abgehauen. Aber der Typ war immer noch nicht tot. Als wir ankamen, saß er am Bordstein. Saß einfach so da. Die Arme auf die Knie gestützt. Er sah uns an und lächelte. Hob einen Arm zur Begrüßung. ›Hallo‹, sagte er. Wären da nicht die beiden Punkte auf seiner Stirn gewesen, hätte er nichts Ungewöhnliches an sich gehabt. Zwei rote Flecken. Einer genau in der Mitte der

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