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Ein Akt der Gewalt

Ein Akt der Gewalt

Titel: Ein Akt der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ryan David Jahn
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den Krankenwagen auf der falschen Straßenseite, direkt vor einem der Polizeiwagen, stellt die Sirene ab, lässt aber die Lichtblitze weiterhin das Dunkel zerreißen.
    »Sieht ziemlich hässlich aus«, sagt er.
    David nickt zustimmend, stößt seine Tür auf und steigt aus. Er geht zu dem Fiat, der auf dem Dach liegt, und blickt durch das blutige Seitenfenster ins Innere. Der Wagen ist leer.

    »Er ist da drüben«, sagt der Polizist, den er nicht kennt.
    David sieht auf und nimmt wahr, dass der Mann nach rechts zeigt. Er folgt dem Fingerzeig zu einer Ladenfront mit zertrümmerter Schaufensterscheibe. Dahinter erkennt David ein paar umgekippte Fahrräder und den Lichtschein mehrerer Taschenlampen, die kreuz und quer umherleuchten. Weitere Cops, nimmt er an.
    »Drinnen«, sagt der Cop. »Er ist bewusstlos.«
    David nickt und geht zurück zum Krankenwagen.
    Er greift sich eine Schaufeltrage, die hinten im Fond liegt, und eilt zum Gebäude. John folgt ihm.
     
     
    »Du Bastard«, sagt David. »Du dreckiger Bastard.«
    Er betrachtet Mr. Vacanti, der in diesem stockdunklen Fahrradladen bewusstlos hinter dem Verkaufstresen liegt: flach auf dem Rücken, ein Arm angewinkelt unterm Körper, der andere ist aufwärts geknickt, im Ellbogen gebeugt, und berührt mit dem Daumen den Scheitel, so dass er die Zahl Vier formt. Aus seiner Stirn ragt eine zwanzig Zentimeter lange Scherbe hervor, wie ein gläsernes Regal, und er liegt in einer Blutlache.
    Ganz kurz – nur für den Bruchteil einer Sekunde – denkt er daran, einfach nach der Glasscherbe zu greifen und sie ihm tiefer in den Kopf zu drücken, so tief er nur kann, bis sie auf der anderen Seite auf den Knochen trifft, und ihr dann noch einen letzten Stoß zu versetzen, so dass sie aus dem Hinterkopf wieder austritt und den PVC-Fußboden zerkratzt. Er kann sich vorstellen, eine gewisse Befriedigung zu empfinden, wenn er spüren würde, wie die schwammige Hirnmasse durchschnitten wird, wenn er hören würde, wie der Knochen beim Nachgeben knirscht.
    »Was ist denn?«, fragte John hinter ihm.

    »Was?«, sagt David.
    »Du hast gerade ›dreckiger Bastard‹ gesagt«, erwidert John. Und dann, einen Augenblick später, als er keine Antwort bekommt: »David?«
    »Was?«
    »Was ist denn los?«
    »Ach«, sagt David. »Den da kenn ich.«
    »Und wer ist es?«
    »Nur jemand, den ich kenne. Jemand, den ich mal kannte. Schaffen wir ihn in den Wagen.«

19
    Kat weiß nicht, wie lange sie schon hier draußen ist, sie weiß nicht, wie lange es her ist, dass der Mann mit dem Messer sich davongemacht hat, aber sie weiß, dass sie etwas tun muss. Sie darf hier nicht ewig sitzen bleiben. Sie darf hier nicht sitzen und bluten.
    Eine Zeit lang weiß sie aber nicht, was sie sonst tun soll. Irgendwas stimmt mit ihrem Kopf nicht. Sie kann nicht denken. Warum kann sie nicht denken?
    Da steht eine Bank, keine drei Meter entfernt. Sie kann es dorthin schaffen. Da ist sie sich fast sicher. Jeder könnte es dorthin schaffen. Sie steht doch gleich da, keine drei Meter entfernt.
    Sie stützt sich auf alle viere und kriecht langsam darauf zu.
    Ihre Finger sind sehr kalt. Ihre Nase ist sehr kalt. Auch ihre Lippen sind sehr kalt, und wenn sie mit der Zunge darüberfährt, weil sie so trocken und so rissig sind, sind sie kaum zu spüren. Es ist fast so, als gehörten sie nicht zu ihr. Irgendwas erinnert sie an damals, als sie noch ein kleines Mädchen war. Sie liebte es, auf ihrem Fahrrad zu fahren. Sie fuhr, so schnell sie konnte, und hörte auf zu treten und rollte dann aus, solange es ging, mit einem Lächeln im Gesicht, obwohl der kalte und stürmische Wind ihre Knöchel frieren ließ und ihre Nase und ihre Lippen, aber das machte ihr nichts aus, denn sie hatte das Gefühl zu fliegen.

    Fliegen.
    Ein kleines Lächeln huscht über ihre eisigen, aufgerissenen Lippen, als ihr diese Erinnerung in den Kopf kommt, aber sie ist schnell verflogen.
    Jeder Gedanke, der ihr in den Kopf kommt, ist schnell wieder verflogen. Sie kann nicht denken. Die Schmerzen sind übermächtig. Immer wenn sie sich tatsächlich einmal bewegt, scheinen die Schmerzen das einzig Reale auf der Welt zu sein. Auf ihrer rechten Seite, in ihrem Körper, unter der Achsel – da ist es am allerschlimmsten. Da brennt es. Es fühlt sich an, als sei es dort gefroren und gleichzeitig in Flammen. Und es brennt.
    Sie hat doch nur ein verflixtes Bad nehmen wollen.
    Sie begreift nicht, was geschehen ist. Warum hat dieser Mann auf sie eingestochen? Sie

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