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Ein Alptraum für Dollar

Ein Alptraum für Dollar

Titel: Ein Alptraum für Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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in den noblen Salons der besetzten Stadt herum. Er hat Glück, denn er muß nicht an der Front kämpfen, und so nützt er die Gelegenheit aus, sich einer ganz anderen Art des Gefechts zu widmen: Fast alle adligen jungen Damen von Sarajewo sind bereits seinem Ansturm erlegen.
    Hermann von Landorf ist nicht nur die Verführung in Person. Mit seinem Charme allein wäre er nicht ein solcher Frauenheld gewesen. Nein. Aber bei seinen galanten Eroberungen kann er es sich leisten, einen Trumpf auszuspielen, der für amouröse Abenteuer wie geschaffen ist! Es ist ihm gelungen, das luxuriöse blutrote Automobil von Sarajewo sozusagen als Dienstwagen zu ergattern. Und wenn er mit seiner schneidigen Uniform am Steuer dieses Wunderwerks der Technik erscheint, dann hat er bei den Damen die Schlacht schon gewonnen.
    Am 2. November 1914 sitzt wieder eine solche Blüte der serbischen Gesellschaft neben ihm in dem »Torpedo«. Gräfin Zadruge ist eben 25 Jahre alt geworden und fest entschlossen, gleich ob auf serbische oder österreichische Art, das Leben in vollen Zügen zu genießen. Sie weiß sehr wohl, welche Folgen von einer Spazierfahrt mit einem Mann, der einen solchen Ruf hat, zu erwarten sind: Aber es ist Krieg. Und ihre Jugend will sie nicht vergeuden! Der zielbewußte Kavalier chauffiert sie also und lächelt sie von der Seite an. Wie immer ist er seiner sicher. Die berüchtigte Vergangenheit seines »Torpedo« läßt ihn völlig kalt. Gewiß, da gab es diesen unglücklichen Vorfall in Sarajewo. Und später auch das seltsame Schicksal des vorhergehenden Besitzers: General Potiorek. Eine bedauerliche Geschichte. Potiorek besetzte Sarajewo, und als er sich im Palais des Gouverneurs einquartierte, requirierte er sofort das fürstliche Gefährt für seinen persönlichen Gebrauch. Aber er hatte nicht lange Freude daran! Drei Wochen später schlugen ihn die Serben in der Schlacht von Valievo vernichtend! Eine unerklärliche Niederlage, eine Blamage. Unmittelbar darauf wurde General Potiorek seines Postens enthoben und nach Wien zurückbeordert. Er verlor den Verstand, mußte sogar in eine geschlossene Anstalt eingeliefert werden, wo er kurz darauf starb. Wirklich bedauerlich und auch seltsam.
    Ob der blutrote »Torpedo« seine Hände da schon im Spiel hatte und sein drittes Opfer forderte?
    Hermann von Landorf können solche abergläubischen Gerüchte nicht erschüttern!
    Ein dummer Zufall, was sonst?
    Er jedenfalls fühlt sich sehr wohl in seinem berühmten Automobil:
    »Welch ein traumhafter Mondschein, liebe Gräfin! Finden Sie nicht auch?«
    Sie gluckst kokett:
    »Wirklich traumhaft, lieber Hauptmann, nur... der Mond scheint heute gar nicht!«
    Und beide lachen vergnügt miteinander.
    Stimmt. Es ist eine mondlose, finstere Nacht, und die Landstraße wird nur von den Scheinwerfern beleuchtet. Da passiert es! Auf einmal gehen die Scheinwerfer aus. Gräfin Zadruge hält dies für ein unlauteres Spielchen — worauf sie unter uns gesagt auch insgeheim gewartet hatte! Aber wenigstens eine kleine standesgemäße Empörung muß sie vortäuschen:
    »Herr Hauptmann, ich bitte Sie! Lassen Sie das! Ich verbiete Ihnen...«
    Hermann von Landorf lacht dieses Mal nicht. Mit dem plötzlichen Ausfall der Scheinwerfer hat er nicht im geringsten zu tun. Ganz offensichtlich eine Panne. Aber das ist nicht das Schlimmste: Der Wagen läßt sich nicht anhalten. Er macht sich selbständig und schießt immer schneller in die Dunkelheit. Die junge Frau schreit jetzt: »Halten Sie an! Halten Sie endlich an!«
    Entsetzt antwortet der Hauptmann:
    »Aber... aber ich kann nicht! Das bin nicht ich! Das ist...«
    Man wird niemals erfahren, was Hermann von Landorf noch sagen wollte.
    Ein gewaltiger Stoß, und die Scheinwerfer gehen wieder an. Gräfin Zadruge kommt schnell wieder zu sich. Gott sei Dank, sie ist nicht verletzt. Der Wagen hat übrigens auch nicht gelitten, obwohl er frontal an einen Baum gefahren ist.
    Hauptmann von Landorf liegt tot über dem Steuer.
    Der blutrote »Torpedo« hat gerade sein viertes Opfer gefordert.
     
    Während des ganzen Krieges bleibt das mörderische Gefährt in der Garage des Palais. Niemand will mehr damit fahren — vor allem die Österreicher nicht.
    Am 15. November 1918 wendet sich das Blatt der Weltgeschichte. Die Jugoslawen kehren nach Sarajewo zurück, und ein neuer Gouverneur bezieht das Palais. Selbstverständlich wird ihm das Automobil, so wie alles übrige, zur Verfügung gestellt. Er behält es genau vier

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