Ein Alptraum für Dollar
überlebte die Nacht auch nicht.
Natürlich verkauft Jelka Sirkis das verfluchte Automobil sofort. Ein Juwelier erwirbt das Monstrum, und der hat keinen Unfall damit! Nur... einige Monate später, im März 1920, bringt er sich völlig unerwartet um. Ein unverständlicher Selbstmord für alle, die ihn kannten. Das siebente Opfer!
Verständlich, daß seine Erben mit dem Teufelsding nichts zu tun haben wollen. Sie verkaufen es an einen gewissen Herrn Klaus Petermann. Der neue Besitzer ist nicht irgendwer, sondern ein bekannter Schweizer Rennfahrer. Er kennt die rätselhafte Geschichte des Wagens von Sarajewo in allen Details — und eben darum ist er eigens angereist, um ihn zu kaufen. Diese Maschine bedeutet für den Rennfahrer eine Herausforderung. Er will sie bezwingen, so wie ein mit allen Wassern gewaschener Reiter, der ein unbezähmbares Pferd besteigt.
10. Mai 1921. Lugano. Die Polizei wird zu einem Unfall gerufen. Einem merkwürdigen Unfall.
Ein roter Luxuswagen hat sich auf der Straße überschlagen und den Fahrer dabei so zerquetscht, daß er auf der Stelle tot war. Dieser Tatbestand hat nichts Merkwürdiges an sich — nur, wie kam es zu diesem Unfall? Trockene Fahrbahn, gute Sichtverhältnisse, kaum Verkehr, kein Wind, völlig gerade Strecke... Und nicht die geringste Bremsspur!
»Bestimmt so ein Geschwindigkeitsfanatiker! Wenn man nicht fahren kann, kauft man sich auch nicht so ein Auto!« flucht der Einsatzleiter, während seine Männer den Wagen umdrehen und den Toten bergen.
Wer da nicht fahren konnte, war von Beruf Rennfahrer. Klaus Petermann, das achte Opfer des »Torpedo«. Übrigens, von einigen Kratzern im Lack abgesehen, ist der Wagen auch bei dem Unfall in Lugano praktisch nicht beschädigt worden.
Man könnte jetzt annehmen, niemand hätte mehr den
Wunsch, das verdammte Automobil zu besitzen. Alles spräche dafür. Und doch findet die Familie Petermann einen neuen Käufer: Flans Rochen, österreichischer Großgrundbesitzer — eine bizarre Persönlichkeit. Alles Seltene, alles besonders Skurrile und Außergewöhnliche fasziniert ihn. Nun, von diesem Standpunkt aus betrachtet konnte er kein besseres Objekt finden als dieses offensichtlich besessene blutrote Auto.
Mit ihm fährt er nun in seinen riesigen Besitzungen, mit ihm erscheint er bei den Empfängen der Wiener Gesellschaft, mit ihm ist er glücklich. Diesmal scheint es, als sei der böse Zauber gebrochen. Hans Rochen hat nicht den geringsten Unfall, nicht einmal die kleinste Panne!
Ganze fünf Jahre lang... bis zum 16. Juli 1926.
Das Wetter ist wunderschön, und der rote Wagen fährt wie gewöhnlich prachtvoll. Hans Rochen fährt ziemlich schnell auf einer freien Landstraße. Der Motor läuft wie geschmiert. Dann aber — ganz abrupt — bleibt er einfach stehen. Erstaunt steigt der reiche Bauer aus, schaut um den Wagen herum, macht die Motorhaube auf. Es ist alles in bester Ordnung! Er kennt sich gut aus mit Motoren! Diese Panne kann er sich überhaupt nicht erklären! Nun ja — der Wagen muß abgeschleppt werden. Ein Ochsenkarren erscheint als Retter in der Not, und der seltsame Konvoi macht sich in gemächlichem Tempo auf den Weg zum nächsten Dorf.
Was dann geschah, erscheint in allen Zeitungen Österreichs:
»Fast oben am Hang sprang der Wagen plötzlich wieder an, fuhr wie der Blitz los und flog auf den Karren, der sofort zusammenbrach. Dann rollte der rote Wagen in voller Fahrt den Hang hinunter und überschlug sich bei der ersten Kurve. Bilanz: Drei Tote — die beiden Bauern auf dem Karren und Hans Rochen, der von seinem eigenen Wagen überfahren wurde...«
Das neunte, zehnte und elfte Todesopfer.
Und — aber das werden Sie schon ahnen — der rote Wagen wurde auch bei diesem Unfall nicht beschädigt. Ja, er mußte nicht einmal abgeschleppt werden.
Unglaublich, aber wahr: Wieder findet sich sofort ein neuer Käufer — Tiber Hirschfield, ein bescheidener österreichischer Garagenbesitzer. Es ist nicht so, daß er nicht an den Fluch glaubte. Ganz im Gegenteil. Er ist sogar überzeugt von der unheilbringenden Macht dieses Gefährts. Nur hat er eine Idee, eine ganz einfache Idee: Er will das Auto blau übermalen! Hirschfield ist sicher, daß alles Übel von der blutroten Farbe kommt. Also macht er sich an die Arbeit und verwandelt den roten »Torpedo« von Sarajewo in einen ganz gewöhnlichen dunkelblauen Wagen. Am Ende betrachtet er sein Werk mit Wohlgefallen und, als sei es ein menschliches Wesen, flüstert er
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