Ein Antrag nach Mitternacht
errötete. „Oh, nein, damit hat es nichts zu tun. Ich habe überlegt … du musst wissen, es gibt da jemanden, dem ich einmal Unrecht angetan habe, und ich möchte versuchen, das wiedergutzumachen.“
„Indem du für ihn eine Ehefrau suchst?“, fragte Irene. „Ich wüsste einige Männer, die dir für einen solchen Gefallen keineswegs dankbar wären. Wer ist dieser Mann?“
Francesca betrachtete Irene. Von allen ihren Freundinnen wusste sie am meisten über sie. Auch wenn sie ihr nie etwas über ihre Vergangenheit anvertraut hatte, konnte sich Irene zweifellos denken, wie wenig Glück Francesca in ihrer Ehe gefunden hatte – zumal ihr Vater mit Francescas mittlerweile verstorbenem Ehemann befreundet gewesen war. Daher war sie auch nie auf den Gedanken gekommen, Irene gegenüber den Anschein zu erwecken, dass ihr Andrew in den fünf Jahren seit seinem Tod auch nur einen Tag gefehlt hatte. Niemand wusste, was damals zwischen ihr und Rochford vorgefallen war, doch mit einem Mal verspürte sie den Wunsch, sich Irene anzuvertrauen.
„Ist er der Grund für deine Melancholie?“, hakte Irene nach.
„Ich glaube, die wird dadurch verursacht, dass mein Geburtstag unaufhaltsam näher rückt“, meinte Francesca amüsiert, fügte dann aber seufzend hinzu: „Und ein wenig dadurch, dass ich ihm wehtat, obwohl er das nicht verdiente. Was ich getan habe, bedauere ich wirklich sehr.“
Irene runzelte die Stirn. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass du zu etwas so Schrecklichem in der Lage bist.“
„Ich denke, in diesem Punkt würde er dir widersprechen“, erwiderte sie, dann sah sie ihrer Freundin in die Augen. „Niemand darf davon erfahren, nicht einmal Lord Gideon, da er den Mann kennt.“
Irenes Miene verriet ihr, dass diese die richtige Schlussfolgerung gezogen hatte. „Der Duke? Redest du von Rochford?“
Francesca seufzte. „Ich hätte wissen müssen, dass du es errätst. Ja, es ist Rochford, doch du musst mir versprechen, niemandem ein Wort davon zu verraten.“
„Selbstverständlich. Aber … Francesca … ich verstehe das nicht. Rochford ist dein Freund. Was kannst du ihm Schlimmes angetan haben?“
Sie zögerte. Ihr Herz fühlte sich in ihrer Brust schwer wie Blei an, so lasteten Schuld und Trauer noch jetzt auf ihr. „Ich habe unsere Verlobung gelöst.“
Irene schüttelte den Kopf. „Ich wusste, dass zwischen euch etwas vorgefallen war“, erklärte sie leise. „Aber das muss doch einen gewaltigen Skandal zur Folge gehabt haben.“
„Nein, es gab keinen Skandal, weil wir heimlich verlobt waren.“
„Heimlich verlobt? Das klingt ja gar nicht nach dem Duke.“
„Oh, er hegte damit keine Hintergedanken“, beteuerte Francesca. „Er … er sagte, er wollte nur nicht, dass ich während meiner ersten Saison durch eine Verlobung gebunden bin. Es war das Jahr meines Debüts, aber das weißt du ja eigentlich. Er sagte, ich würde es mir vielleicht anders überlegen wollen, wenn ich erst einmal eine Saison mitgemacht habe. Ich wusste, so würde es nicht sein, aber … nun, du kennst ja den Duke. Er zieht immer alle Möglichkeiten in Erwägung. Und zweifellos hielt er mich für flatterhaft.“
„Du warst noch jung“, wandte Irene ein.
„Ja, bloß war ich auch nie eine von diesen hochgeistigen und äußerst belesenen Frauen, und das werde ich auch nie sein.“ Sie lächelte ihre Begleiterin an. „Er beschrieb mich als ‚Schmetterling‘.“
„Dann hattest du also nicht zu ihm gepasst?“
„Nein, das war es nicht. Rochford war zufrieden, glaube ich. Jedenfalls äußerte er keinerlei Missfallen, obwohl er selbst sehr gebildet und belesen ist. Und ich …“ Sie hielt inne, während sich vor ihren Augen Szenen aus einer vergangenen Zeit abspielten. Schließlich lächelte sie schwach. „Ich war hoffnungslos in ihn verliebt, so wie es nur ein Mädchen von achtzehn Jahren sein kann.“
Irene ließ einen betretenen Gesichtsausdruck erkennen. „Und dann?“
„Dann kam Daphne“, antwortete Francesca finster.
„Daphne? Lady Swithington?“ Sie sah sie ungläubig an. „Lord Bromwells Schwester?“
Francesca nickte. „Ja. Sie war die Ursache für den Streit zwischen Rochford und Brom, der Grund dafür, dass Rochford sich so vehement dagegen aussprach, dass Brom Callie zur Frau nahm. Ich war nicht die Einzige, die sich von Daphnes Lügen hatte blenden lassen. Auch ihr Bruder glaubte, Rochford und sie hätten eine Affäre.“
„Oh, nein! Francesca …“ Irene legte eine Hand auf ihren
Weitere Kostenlose Bücher