Ein cooler Typ aus der Hölle
schloss die weit
geöffnete Tür um ein Stück. „Ihr Motiv, Mcfish, hat mich überzeugt. Ich bin geständig.
Aber erzählen Sie’s keinem. Denn da würde ich leugnen. Und im Übrigen sind wir
jetzt quitt, nicht wahr?“
Martin verzichtete auf verbale
Distanz, als er vom ,Sie’ aufs verächtliche ,Du’ wechselte: „Quitt? Du
Dreckskerl hast Hunde gemeuchelt, weil du gern tötest. Ich habe dich angezeigt
— nun gut, und darum gebeten, nicht genannt zu werden. Das ist nicht
ungesetzlich. Deine Rache, Wienerfeld, war ein weiterer Tiermord. Dafür wirst
du büßen.“
„Drohst du mir, Gärtner? Kommt
noch eine Anzeige?“
„Das würde nichts bringen. Den
einzigen Beweis hast du eben vernichtet. Nein, Wienerfeld, ich werde dich dort
treffen, wo es dir besonders weh tut. Du wirst heulen und winseln vor
Verzweiflung. Ich weiß, wo du verwundbar bist — trotz deines Geldes. Dort
schlage ich zu.“
Martin hob den Blick und ließ
ihn durch das Entree gleiten bis hin zu der imponierenden Treppe im
Hintergrund, den Gemälden im Aufgang, der Doppeltür zum Salon und zu den
hinteren Räumen.
Wienerfelds Haus war eine
einzigartige klassizistische Villa. 170 Jahre alt, unter Denkmalschutz stehend,
weitläufig, fast museal, ausgestattet mit kostbaren Antiquitäten aus der Zeit.
Ein architektonisches Juwel.
Wienerfeld pflegte dieses Haus
wie ein Lebewesen, dem er alles, was er an Gefühlen in sich hatte, entgegenbrachte.
Die Villa Josefine — so genannt nach der Ehefrau des Erbauers — war Wienerfelds
Lebensinhalt. Von diesem Haus in seiner strengen, schnörkellosen Schönheit und
dem entsprechenden Inventar war er zwanghaft besessen.
Martins abschätzender Blick löste
sich auf in einem Grinsen.
„Hoffentlich bist du gut
versichert, Wienerfeld. Schönen Abend noch!“
Der Ire drehte sich um und
ging.
Erst nach einer Weile schloss
Wienerfeld die Haustür. Seine Beunruhigung war Martin gefolgt wie ein
stechender Blick.
Deine Hütte abgefackelt, dachte
der Ire, und dich haut der Herzinfarkt um. Dreckskerl! Duke war mehr wert als
hundert von deiner Sorte.
Er stieg in seinen Kombi,
startete, fuhr aber nur in die nächste Querstraße, wo er wendete. Ein Stück
zurück, dann parkte er an einer Hecke. Er stand im Dunkeln. Sein Wagen war kaum
auszumachen.
Martin wusste nicht, weshalb er
das tat. Dass er jetzt nichts unternehmen würde, war klar. Das bedurfte der
Vorbereitung. Aber seine Entschlossenheit war wie ein unsichtbares Band, das
ihn hier festhielt. Außerdem hatte er schon immer Instinkt besessen,
lebensrettenden Instinkt.
Würde sich Wienerfeld
irgendwelcher Helfer bedienen? Gedungene Schläger, die Martin einen Denkzettel
als Warnung verpassen sollten?
Nach etwa zehn Minuten wurde
das Tor geöffnet und Wienerfeld fuhr auf die Straße in seinem dunklen Mercedes.
Martin duckte sich
unwillkürlich, obwohl er nicht gesehen werden konnte.
Wienerfeld schloss das Tor
sorgfältig ab, stieg ein und fuhr stadteinwärts.
Mehr passierte nicht. Für eine
Verfolgung war Martin zu müde. Endgültig fuhr er jetzt nach Hause.
4. Wie ein sibirischer Wolf
Es war Liebe auf den ersten
Blick, bzw. aufs erste Beschnuppern. Luna stellte sich sofort auf die
Hinterbeine, legte Gaby die Vorderpfoten auf die Schultern und bemühte sich —
mit Erfolg — ihr das Gesicht abzuschlecken.
Lachend sahen die Jungs zu.
Volker hatte Luna aus dem Haus seiner Eltern geholt, wo sie überall herumrennen
durfte und sich benahm wie daheim, zwar folgsam, aber auch mit raffiniertem
Charme auf der Jagd nach Leckereien, noch mehr Streicheleinheiten und wohligen
Plätzen.
„Sie mag mich“, kicherte Gaby.
„Offenbar rieche ich nach Oskar.“
„Ich mag dich auch“, sagte Tim
grinsend. „Aber ich würde mich deshalb nicht trauen, dir so das Gesicht zu waschen.
Außerdem duftest du immer wie Gabriele Glockner, also wie ein Rosenstrauch im
Sommerwind.“
„Jedenfalls hat Luna eine
unglaublich gute Fährtennase“, meinte Volker.
Die Hündin sah aus wie ein
sibirischer Wolf, war schlank und ungewöhnlich groß — das Fell weiß mit einem
zarten Messington an den Spitzen der Ohren. Täglich mindestens 20 Minuten
Kämmen und Bürsten war unverzichtbar, denn sonst wäre das sogenannte
Stocklanghaar-Kleid verfilzt. Aus den braunen Augen leuchteten Temperament und
Klugheit.
Gaby ergriff Luna an den
Vorderläufen, worauf sich die Hündin auf alle Viere stellte. Aber sofort kam
Tim an die Reihe mit Zärtlichkeitsbezeugungen, was er über
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