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Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)

Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)

Titel: Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Addison
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wiederholt Hannelore verwundert. »Worin liegt der Sinn, Muffins aus Stoff zu haben?«, fragt sie und starrt mich mit durchdringendem Blick an.
    »Keine Kalorien«, ruft Joyce. »Und man muss kein Verfallsdatum im Blick behalten«, fügt sie mit einem Augenzwinkern hinzu. Ich mag Joyce immer mehr.
    »Mir gefallen diese Entwürfe hier sehr gut«, fahre ich fort und zeige Hannelore Annikas skandinavische Rosenmuster.
    »Rosen sind schon immer mein Lieblingsmuster«, erklärt Hannelore, während sie die fülligen stilisierten Blumen auf dem Ausschnitt betrachtet. »Wussten Sie schon, dass man auf den meisten Textilien verschiedene Rosenarten finden kann?«
    Ich nicke und hoffe, dabei das Gesicht zu wahren. Denn ich habe natürlich nicht gewusst, dass auf den meisten Stoffen Rosen zu finden sind. Dabei müsste gerade ich als Lehrerin für Kunst und Textil so etwas wissen!
    »Na ja, zumindest in Mitteleuropa und Asien«, fährt Hannelore wissend fort. »Wussten Sie, dass man in Skandinavien, Mitteleuropa, Indien, China, in der Mongolei, in Tibet und Usbekistan beinahe identische Rosen finden kann? Die Rosenmuster in China sind nahezu perfekt. Hier in Europa sind die Rosen von eher naiver Form.«
    »Aber sie sehen dennoch sehr hübsch aus, oder?« Mir ist immer schon Kunst lieber gewesen, die nicht ganz so perfekt ist.
    Hannelore seufzt. »Sie sehen natürlich hübsch aus, aber man muss die Geschichte dahinter kennen, das Motiv, das Material und die verschiedenen Funktionen, sonst wird das Ergebnis verwässert.«
    Ich nicke und werde das Gefühl nicht los, statt in einem Nähkurs eher in einem Magisterseminar zu sitzen. Außerdem genieße ich es zunehmend, nicht die Lehrerin zu sein und selbst noch etwas dazuzulernen.
    »Was halten Sie hiervon?«, fragt mich Hannelore und deutet auf die Wirbelmuster.
    »Ich denke, man sollte dort Inspiration schöpfen, wo man sie findet«, antworte ich zögerlich.
    Hannelores Miene sieht Angst einflößend aus, weshalb ich schnell fortfahre. »Aber ich weiß, was Sie mit dem Grundwissen meinen. Man muss zuerst lernen, wie man einen Farbkreis herstellt, bevor man ein Landschaftsgemälde in Angriff nimmt.«
    »Oder wie man geht, bevor man zu laufen beginnt«, wirft Joyce ein, die sich danach sofort wieder ihrer Arbeit widmet.
    »Wie wäre es, wenn Sie erst einmal vorne anfangen?«, fragt mich Hannelore.
    Ich verziehe das Gesicht. »Aber ich habe doch so viele Ideen! So viele Projekte, die ich nähen will!«
    »Das Problem ist, dass Sie ein verlorenes Mädchen sind.«
    »Ein verlorenes was ?« Was habe ich verloren? »Eigentlich will ich all diese Stoffe nutzen, um Dinge herzustellen«, erkläre ich und frage mich, ob sie verstanden hat, was ich meine.
    Sie ignoriert meine Bemerkung und fährt mit ihren eigenen Ansichten fort.
    »Als verlorene Mädchen bezeichne ich all die Frauen, die nicht nähen können. Die haben definitiv etwas verpasst. Lassen Sie mich raten: Sie haben eine dieser akademischen Schulen besucht, wo man der Meinung ist, dass man Mädchen Nähen und Kochen nicht mehr beibringen muss?«
    Ich protestiere. »In der Grundschule habe ich einen Rock genäht.« Damals haben alle Mädchen in meiner Klasse einen Rock genäht. Und wir haben allesamt so lange unseren Müttern in den Ohren gelegen, bis sie uns Stoff von Laura Ashley gekauft haben. An die winzig kleinen Blumenmuster auf dem blau, grün und braunen Hintergrund kann ich mich noch gut erinnern. Nur meine Mutter, Stammkundin in diversen Stoffläden, hatte sich etwas anderes in den Kopf gesetzt. Mein Stoff war nicht wie der der anderen Mädchen. Mein Stoff war ein Farbstrudel aus Orange und Purpurrot. ›Damit wirst du sie schon aus einer Meile Entfernung kommen sehen‹, hatte mein Dad mit einem breiten Grinsen erklärt.
    »Früher mussten Mädchen die Kunst beherrschen, von Hand sticken zu können, um Kleidung und Textilien für sich selbst und die ganze Familie herstellen zu können. Nach der Erfindung der Nähmaschine musste man nur noch zum Flicken und Stopfen nähen können«, erklärt Hannelore.
    »Ich weiß noch, wie Mum früher meine Socken gestopft hat. Das hat sich immer sehr unbequem angefühlt, weil die gestopften Stellen gegen meine Schulschuhe gedrückt haben.«
    »Sie haben gar nicht Ihre eigenen Socken gestopft?«, entfährt es Hannelore mit vorgespielter Entrüstung.
    Belämmert schüttele ich den Kopf. Bitte frag mich jetzt nicht, was ich mit löchrigen Socken anstelle. Ich würde nur höchst ungern

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