Ein Cowboy zum Verlieben: In einer zärtlichen Winternacht (German Edition)
ihre Schläfe. Sie schloss die Augen, versuchte, nicht an die Zukunft zu denken, und wartete darauf, endlich, endlich einzuschlafen.
Es war knackig kalt.
Lincoln hatte noch vor der Abenddämmerung einen Arm voller Holz hereingetragen und in den großen Kamin direkt gegenüber seinem viel zu großen, viel zu leeren Bett gelegt, so wie er es im Winter immer tat. Auch in Gracies Zimmer hatte er ein knisterndes Feuer gemacht, damit sie und Theresa es schön warm hatten. Er wusste, dass Kinder bei dieser Kälte schnell krank wurden. Doch heute Nacht machte er sich nicht die Mühe, seinen Kamin anzuzünden.
Er riss sich die Kleider herunter, selbst die lange Winterunterwäsche, und glitt nackt unter die Bettdecke. Als das eiskalte Leinen seine Haut berührte, fluchte er leise. Nachts vermisste er Beth am meisten, wenn er an ihr leises Lachen und die Wärme ihres Körpers dachte, wie sie sich an ihn geschmiegt und wie sie sich zärtlich geliebt hatten.
Heute war es anders.
Heute konnte er nicht aufhören, über Juliana nachzudenken. Ihr kupferrotes Haar, die Augen so blau wie feuchte Tinte auf dem weißesten Papier und die Art, wie sie sich auf der Heimfahrt unter seinem Mantel an ihn gelehnt hatte.
Wahrscheinlich hatte er darum kein Feuer gemacht. Er bestrafte sich selbst für den Betrug an Beth, der viel tiefer ging als die kurze Erleichterung, die er sich bei den Dance-Hall-Mädchen in anderen Städten verschaffte. Allmächtiger Gott, er hatte vorhin sogar das kleine bronzegerahmte Foto seiner verstorbenen Frau auf Gracies Nachttisch studieren müssen, um sich an ihr Gesicht zu erinnern. Die Erinnerungen an ihre Augen, ihre Nase und die Form ihres Munds hatten sich wie trockene Blätter im Wind zerstreut, kaum dass er im Gemischtwarenladen den ersten Blick auf Juliana geworfen hatte.
Beth hätte die Sache mit den losen Frauen bestimmt verstanden.
Und selbst eine per Katalog bestellte Ehefrau.
Doch genau hier, auf diesem Bett, ihre Hände umklammernd, hatte er ihr geschworen, sie für immer und ewig zu lieben, bis er neben ihr zu Grabe getragen wurde.
Lincolns Augen schmerzten, als er daran dachte, wie tapfer sie gewesen war. Wie sie bei seinem feierlichen Schwur gelächelt hatte, trotz ihrer schweren Krankheit, und ihn gebeten hatte, sein Herz nicht zu verschließen. Um Gracies und um seiner selbst willen.
Aber das hatte sie natürlich nicht so gemeint. Sie hatte immer Romane über Liebe, Mut und vornehme Opferbereitschaft gelesen, das war alles. Als Frau mit vergleichsweise wenig Schwächen war Beth jedoch manchmal äußerst besitzergreifend gewesen. Ihre Eifersucht war bereits aufgelodert, wenn er vor einer Frau, die jünger als sechzig war, den Hut gezogen oder ihr Lächeln erwidert hatte.
Er war völlig vernarrt in seine Frau und ihr immer treu gewesen. Doch Beth’ reicher Vater hatte eine Geliebte gehabt, woraufhin ihre Mutter sich vollkommen von der Welt abgekapselt hatte und krank geworden war. Obwohl es ohnehin kaum eine Gelegenheit dazu gegeben hatte, war Beth ein oder zwei Mal in Tränen ausgebrochen, davon überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis Lincoln ihrer überdrüssig würde und etwas Abwechslung von seinem Ehealltag wünschte.
Natürlich hatte er sie getröstet, ihre Tränen weggeküsst, sie geliebt und ihr aus Städten wie New York und San Francisco und Boston kleine, aber teure Geschenke kommen lassen, die er sich eigentlich gar nicht leisten konnte. Schließlich fielen die Preise für Rinder immer weiter in den Keller. Dazu kamen eine Mutter, die das Geld noch immer ausgab, als ob sie nach wie vor reich wären, und sein Bruder Wes, der die Ranch fast in den Ruin getrieben hätte, nachdem Lincoln zum Studieren nach Boston gegangen war.
Nein, dachte er kopfschüttelnd, und ein grimmiger Zug legte sich um seinen Mund. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt und steif wie ein Stock, wartete er darauf, dass die Leintücher sich aufwärmten. Beth hatte das, was sie nur Stunden vor ihrem Tod gesagt hatte, nicht so gemeint, sondern nur eine Szene aus ihren Liebesromanen nachgespielt, die sie schluchzend gelesen hatte, bis ihre Augen ganz geschwollen und ihre Nase rot gewesen war. Sie war so jung gewesen und hatte geglaubt, dass eine echte Dame eben auf diese Art und Weise starb.
Ohne den scharfen Schmerz in seiner Brust und das Brennen in den Augen hätte Lincoln vielleicht bei der Erinnerung an die Anfangszeit seiner Ehe gelächelt. Oft genug war er abends aus dem Stall oder
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